Beatrix Beck (von links) und Ingrid Baumstark begleiten den lebendigen Vortrag von Klaus und Jonas Andreae musikalisch. Foto: Ziechaus Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Klaus und Jonas Andreae geben eine Lesung zu Lehengericht / Mandoline und Akkordeon ergänzen

Kunst in Buchstaben und Noten gesetzt sind im Museum am Markt in Schiltach zu hören und zu erleben gewesen.

Schiltach. Zu einer weiteren Variante von "Lehengericht im Bilde der Kunst" begrüßte Stadtarchivar Andreas Morgenstern die Zuhörer in der Ausstellung im Museum. Aus den sieben Kapiteln des "Lehengerichter Lesebuch" trugen Klaus und Jonas Andreae besonders charakteristische Passagen vor, die Hans Harter "liebevoll und kenntnisreich" ausgewählt hatte.

Mit eigenen Arrangements traditioneller "Striichmusik" versetzten Beatrix Beck mit Mandolinen und Ingrid Baumstark am Akkordeon in Zeiten und Stimmung der beschriebenen Höfe und Wirtschaften. Als "eines der schönsten und fruchtbarsten Täler" wird 1786 das Schiltacher Lehengericht beschrieben, in dem Waldbauern verstanden, mit dem Handel von "Holz und Reiß ein artiges Stück Geld zu lösen".

Zu "Lumpelieder" sammelte um 1817 "d’ Lumpema nach Dicke und Länge" Lumpen zur Aufarbeitung, wie die "Andreae Brothers" rappten. Um 1840 drängte der "Fabrikteufel" den reichen "Bur Simon aus Holdersbach", sein Geld in einer mechanischen Spinnerei am Hohenstein anzulegen. Nachdem gut 40 Jahre später die bäuerliche Habe verpulvert war, konnten Wilhelm Schultheiß und Gustav Karlin alles für ein "Nasewasser" übernehmen. Damit entwickelte sich auch an der Kinzig "organisierter Hass" zwischen Besitzlosen und Besitzenden.

Besänftigend wirkten die Musikerinnen mit dem Walzer 16, der auch in unruhigen Zeiten in der Wirtschaft Kanone in Haslach gespielt wurde. Raue Wellen erfassten auch die riesigen Flöße auf der Kinzig, deren gewaltige Schussfahrt die Flößer mit ihren Sperrbalken abbremsen mussten. Laut wurde es wohl, wenn die Lehengerichter Bauern beim Schoppen nach dem Kirchgang, von scharfem Kirschwasser angeheizt, ihre Trümpfe bei Cego oder 66 triumphierend auf die Tischplatte knallten.

Beschreibungen von echten Originalen

Etwas gesetzter ging es zu im "Gasthaus Pflug an der Landstraße", wenn die Wirtin Regina Heinzelmann mit "behaglicher Stimme die trefflichen Darbietungen von Küche und Keller" den Städtern beim Sonntagsausflug anpries.

Von Otto Hoedt sind die Personenbeschreibungen der Menschen in Vorderlehengericht um 1890 erhalten, die Handwerker und Originale mit ihren Eigenheiten: der Matheis vom Eulersbach, der Maulwurffänger Mauser oder der Bienen-Vater Blumenstein, der das "Wunder des Pienenstaats" mit hartem P beschrieb. Da hauste der Einsiedler in einer Höhle über dem Ramsel, später auch in der Moosmannshöhle bei Lauterbach, der seinen kärglichen Unterhalt mit Zeichnungen von Bauernkindern und Höfen verdiente.

"Eine Nacht voll lieblicher Stimmung" feierte der Musikverein Vorderlehengericht 1926 mit einer "Italienischen Nacht" auf dem Schrofenfelsen, wie aus dem ebenso lieblich formulierten Zeitungsartikel zu Gehör gebracht wurde. Da wollte das Publikum auch im Museum zu "Santa Lucia" dankbar mitsummen.

Schon 1912 hatte eine Bauersfrau beim Besuch der Großherzogin ihr Geschenk gepriesen: "So nemmt’s Geschenk in Gnade a, s’isch Dankbarkeit und Liebi dra".