Marlene Schwöbel-Hug empfindet in der Kirchengemeinde "eine große Offenheit, Weite und Lebendigkeit". Foto: Fritsche Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Pfarrerin schätzt die vielfältige seelsorgerliche Arbeit in der evangelischen Gemeinde

Schiltach/Schenkenzell. Ab dem 8. Oktober 2018 hat Pfarrerin Marlene Schwöbel-Hug, davor Dekanin in Heidelberg, die Vakanzvertretung der evangelischen Kirchengemeinde Schiltach/Schenkenzell übernommen. Zu ihren Aufgaben zählen neben den Amtsgeschäften auch Gottesdienste und Kasualien (Taufen, Mitgestaltung der Konfirmation, Trauungen und Beerdigungen). Außerdem gehört die Vakanzvertretung der Amtsgeschäfte der Kirchengemeinden Gutach und Hausach zu ihren Tätigkeiten. Wir haben ihr zu den ersten Monaten im Kinzigtal einige Fragen gestellt.

Frau Schwöbel-Hug, ist der Unterschied zwischen der seelsorgerischen Arbeit in Heidelberg und Schiltach/Schenkenzell groß?

Es ist anders, nicht besser oder schlechter. Und ich finde es schön, immer wieder Neues zu erleben, und bin dankbar dafür. In Heidelberg hatte ich als Dekanin längst nicht so viele Amtshandlungen wie jetzt. Die seelsorgerliche Arbeit ist hier deshalb vielfältiger. Genau da schlägt mein Herz als Pfarrerin.

Was ist anders?

In vielem ist es hier ein wenig ruhiger. Der Taktschlag ist nicht so schnell wie in Heidelberg. Auch besuchten dort viele "Fremde", Touristen aus aller Welt, die Gottesdienste. Hier kenne ich inzwischen viele Gesichter, wenn auch noch nicht alle mit Namen.

Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?

Ich wollte vor dem Ruhestand noch einmal vor allem als Pfarrerin arbeiten. Mit Rückblick auf die Entscheidung, von Heidelberg nach Schiltach zu gehen, ist es tatsächlich im Großen und Ganzen so, wie ich es mir erhofft habe. Auch für meinen Mann – der übrigens aus Lauterbach stammt – und mich ist es schön, jetzt ein gemeinsames Zuhause zu haben. Gleichzeitig ist der Kontakt mit Heidelberg nicht abgerissen. Freundschaftliche Kontakte halten sich durch.

Wie erleben Sie die Kirchengemeinde Schiltach/Schenkenzell?

Hier empfinde ich eine große Offenheit, Weite und Lebendigkeit. Zum Beispiel bei der Kirchenmusik wird diese Weite deutlich. Es gibt eine Band, in der junge, hochbegabte Jugendliche mitmachen, die mehrere Instrumente spielen, einen Jugendchor mit tollen Gesangsstimmen. Dazu gibt es einen auf hohem Niveau spielenden Posaunenchor und die Orgelmusik kommt auch nicht zu kurz. Wie ich es sehe, wird für jede Altersgruppe von der Kirchengemeinde viel angeboten. Ich erlebe eine Gemeinde, die aus sehr aufmerksamen Predigthörern besteht und die mir im persönlichen Gespräch Rückmeldungen geben. Mir wird mit großer Offenheit begegnet. Die Gottesdienste in Schiltach und Schenkenzell sind, so sehe ich es, sehr gut besucht. Dafür bin ich dankbar. Auch die Zusammenarbeit mit dem Kirchengemeinderat ist sehr vertrauensvoll. Die Mitglieder engagieren sich sehr. Dabei ist mir wichtig zu erwähnen, dass ich verwaltungsmäßig auch für Gutach und Hausach zuständig bin. Ich versuche, auch dort gelegentlich Gottesdienste zu halten. Die ganze Gegend ist ja jetzt mein Zuhause.

Wie sehen Sie die Rolle der Kirche in Schiltach und Schenkenzell?

Die Kirche hat einen respektierten Platz im Ort. Sie wird wahrgenommen als Organisation, die über Werte spricht, die sonst in der Gesellschaft nicht so in den Vordergrund gestellt werden. Die Würde jedes Menschen ist unantastbar, egal welcher Herkunft die Menschen sind, ob sie alt oder jung sind, stark oder schwach. Es wird immer wieder neu dafür geworben, dass Menschen in einer Gemeinschaft gut zusammenleben können. Oder wie man in einer von Krieg und Konflikten bedrohten Welt trotz allem noch hoffnungsvoll leben und handeln kann. Das alles spielt in solchen Orten wie Schiltach oder Schenkenzell noch eine Rolle: Die Verantwortung für den friedlichen Umgang zwischen den Menschen und den Kampf für die Umwelt, deren Schutz uns aufgetragen ist. Das geht alle Generationen an.

Wie ist das Verhältnis zur katholischen Kirchengemeinde?

Wir sind dabei, noch viel mehr davon zu entdecken, was uns verbindet. Wir werden etliche Gottesdienste zusammen mit Monsignore Adam Borek oder Diakon Oswald Armbruster anbieten.

Wie entwickeln sich die Planungen zum neuen Gemeindehaus?

Der Architekturwettbewerb geht noch bis zum Sommer. Am 14. Juli wird der Siegerentwurf der Kirchengemeinde vorgestellt. Für den Bau sind allerdings noch weitere Spenden nötig. Das ist ja ein Projekt, das für das ganze Städtle wichtig ist.

Haben Sie sich an die Fahrt vom Wohnort Oberndorf zum Dienst im Kinzigtal gewöhnt?

Die Entfernung ist kein Problem. Schön ist, dass ich beim Autofahren die Zeit ganz für mich habe. Oft genieße ich Hörbücher während der Fahrt, für die ich zum Lesen sonst keine Zeit habe. Auch die Fahrt nach Gutach oder Hausach über den Fohrenbühl ist jedes Mal sehr schön. Die Landschaft ist einfach bezaubernd. Im Winter habe ich allerdings Respekt vor der Strecke. u  Die Fragen stellte Johannes Fritsche.