Volle Konzentration ist gefragt: Erwin Wolber (links) und Thomas Kipp an den Rudern des Schiltacher Drau-Floßes Foto: Harter Foto: Schwarzwälder Bote

Brauchtum: Schiltacher beim Flößertreffen in Österreich dabei / Besondere Ehrung für Thomas Kipp

Eine starke Gruppe Schiltacher Flößer hat neulich an der Drau in Kärnten verweilt – das hatte gleich einen doppelten Grund.

Schiltach. Schon seit Jahren beteiligen sie sich mit einem eigenen Floß an den traditionellen Oberdrautaler Flößertagen, die dieses Mal mit den internationalen Flößertagen zusammenfielen. Zu ihnen trifft sich, jährlich wechselnd, die internationale Flößerei-Vereinigung – heuer also in Österreich. Dort gaben sich 25 Vereine aus zehn europäischen Ländern, von Finnland bis Slowenien, von Polen bis Spanien, ein Stelldichein.

Unter ihnen waren die Schiltacher besonders gefordert: Schon im vergangenen Herbst hatten sie vor Ort das Holz "gerüstet", das jetzt am Ufer lagerte, um in einem Arbeitstag in ein Drau-Floß verwandelt zu werden. Seine Bauart ist ganz anders als das vielgliedrige Kinzigtäler Gestör-Floß mit Frontruder und Sperren. Der 3,5 Meter tiefen, schnellen Drau angepasst, besteht es aus drei durch Wieden und Krampen verbundenen "Stoß", jeder vier Meter breit und lang.

Mit zwei Ruderpaaren vorne und hinten wird das Gefährt durch Stömungen und Brückenjoche gesteuert, was für die vierköpfige Rudermannschaft Schwerstarbeit bedeutet. Die Flößerei begann dort im 17. Jahrhundert. Sie ließ den viertlängsten Nebenfluss der Donau zur "Kärntner Holzstraße" werden, die Sägewerke und Zellulosefabriken von Villach bis Klagenfurt und Maribor mit alpenländischem Holz versorgte.

Dass dies bis 1951 andauerte, zeigt die Bedeutung des Holztransports auf dem Wasser. So lebt die Flößerei dort bis heute, wo am Oberlauf der Drau mehrere Vereine das Flößerhandwerk und seine Tradition erhalten. Zu ihren fünf Flößen stieß das der Schiltacher hinzu. Sie bewältigten die 60 Flusskilometer bis Spittal etappenweise in drei Tagen, mit Landungen in den Flößerorten, die jeweils Volksfestcharakter annahmen. Zu den Passagieren aus den teilnehmenden Nationen entwickelten sich hilfreiche Kontakte – ein kollegiales Verständnis und Miteinander, das Sprachbarrieren, etwa mit Letten, Bosniaken, Italienern und Franzosen, vergessen ließ.

Trotz des scheinbar friedlich fließenden Flusses konnte sich die Mannschaft um Floßmeister Thomas Kipp keine Unaufmerksamkeit leisten: Immerfort war die günstigste Fahrrinne zu suchen und die Wasseroberfläche im Blick zu behalten – ihr Kräuseln zeigte Steine, Kies- oder Sandbänke an, denen ausgewichen werden musste. Einmal doch festgesessen, mussten die Männer in den Fluss, um das Floß mit Eisenstangen flott zu machen.

Schwierig waren auch die Anlandungen: Ohne Bremsmöglichkeit durch "Sperren" wurde im Wasser stehenden "Abfangern" ein Seil zugeworfen, die das Floß mit Leibeskräften zum Halten brachten.

Zum Flößertreffen gehört auch die Generalversammlung unter Präsident Jaroslav Camplík (Prag), die ein besonderes Projekt beriet: Nachdem die Flößerei bereits in mehreren Ländern als nationales immaterielles Kulturerbe gilt, wird nun ihre Anerkennung als "Kulturerbe der Menschheit" durch die Unesco angestrebt. In das Projekt ist auch Thomas Kipp eingebunden, so mit einem Auftritt in dem verlangten Image-Video, wofür ein Team aus Tschechien an der Drau filmte.

Das unermüdliche Engagement des Schiltacher Floßmeisters für das Kulturgut Flößerei würdigte die internationale Flößerei-Vereinigung anlässlich ihres 30-jährigen Bestehens mit einer Medaille. Sie ergänzte eine andere, liebenswürdige Geste der Kärntener Gastgeber: Von den Brücken warfen Frauen Blumen herab – als Zierden für die dahingleitenden Flöße und Sträußle für die Hüte der auf ihnen agierenden Männer.