Foto: Schnabel

"Flying Theater" eröffnet. Kostspieligste Attraktion. 1400 Besucher sollen Film pro Stunde sehen.

Rust - Der Europa-Park hat am Donnerstag die kostspieligste Attraktion seiner Geschichte eingeweiht. Das "Voletarium" hat deutlich mehr als 30 Millionen Euro gekostet und soll ein völlig neues Fluggefühl vermitteln.

Dabei heben die Besucher gar nicht ab – sie haben aber das Gefühl, als ob. Die Illusion ist überzeugend, bei der Jungfernfahrt haben die Passagiere abwechselnd gelacht und den Atem angehalten – nämlich dann, als es vermeintlich in den Sturzflug ging. Deutschlands größter Freizeitpark nennt seine neue Attraktion eine "Weltsensation". Tatsächlich hat es etwas Vergleichbares in Europa bislang nicht gegeben, allenfalls bei Disneyworld in den USA. Einfach gesagt, hat der Park zwei Vorführsäle gebaut, vergleichbar mit Kinos, in denen die Besucher aber nicht hintereinander, sondern übereinander sitzen.

Beim Betreten des Saals ist die gigantische Leinwand von einem Vorhang verhüllt. Die Besucher nehmen Platz, verstauen ihre Mitbringsel in einem Netz unter dem Sitz und schnallen sich an wie in einem Flugzeug. Dann geht das Licht aus, der Vorhang fährt zur Seite, dafür fahren die Sitzreihen ungefähr drei Meter nach vorn, dicht an die kreisrunde Leinwand heran. Sie hat einen Durchmesser von 21 Metern und ist gewölbt wie eine Satellitenschüssel, damit ein intensives Seherlebnis entsteht. Als der Film startet, hat der Zuschauer dann nicht nur das Gefühl, mittendrin zu sein, sondern ist es auch, sind die bewegten Bilder doch über, unter und neben ihm zu sehen.

Flugangst sollte man nicht haben, hatte es mit gutem Grund in den Eröffnungsreden geheißen. Die Filmvorführung beginnt harmlos mit einem Blick aus dem Weltall auf die Erde. Dann setzt die Kamera zu einem schwindelerregenden Sturzflug durch die Wolkendecke auf Paris zu, weiter geht’s in einer engen Kurve am Eiffelturm hinunter. Die Menschen pressen sich in den Sitz und klammern sich an den Armlehnen fest – so überzeugend ist das Ganze. Der Sitz macht die Bewegungen der Kamera mit.

Möglich wird das durch eine komplizierte Hydraulik, unter der die Sitze hängen. Die Technik stammt von der Firma Brogent aus Taiwan, ein Unternehmen, das zunächst Flugsimulatoren für das Militär gebaut und sich danach auf die Konstruktion von Fahrgeschäften für Vergnügungsparks verlegt hat. Beim Europa-Park hört man es indes nicht gern, wenn die neue Großattraktion als Flugsimulator bezeichnet wird. Der Park selbst spricht von einem "Flying Theatre". Der darin gezeigte Film besteht aus Realaufnahmen von europäischen Sehenswürdigkeiten wie dem Matterhorn, den Drei Zinnen oder Straßburg, die mit animierten Aufnahmen etwa von Schloss Schönbrunn oder holländischen Tulpenfeldern kombiniert werden. Auch die Aufnahmen aus Paris sind am Computer entstanden – ohne dass es dem Zuschauer auffallen würde.

Rufe des Entzückens und des Erschreckens

Spätestens als es nach dem Sturzflug Richtung französische Hauptstadt in einer einzigen fließenden Kamerabewegung über den Aletschgletscher und an Schloss Neuschwanstein vorbei wieder wie im freien Fall nach unten geht, sind aus den Sitzreihen abwechselnd Rufe des Entzückens und des Erschreckens zu hören. Verstärkt wird der Eindruck, den der Film und die beweglichen Sitze vermitteln, noch durch Effekte wie Wind, Wasser und Düfte.

Der Park hat für seine neue Großattraktion einen gigantischen Aufwand betrieben. In neun Monaten Bauzeit sind in einem 63 mal  39 Meter großen Gebäude zwei Vorführsäle mit jeweils 70 Sitzplätzen entstanden. Pro Stunde sollen 1400 Besucher den Film sehen können, der mit zwei Kameras mit 8K-Auflösung in 18 Monaten Drehzeit aufgenommen wurde.

Die Dreharbeiten waren eine Herausforderung, sagte Regisseur Holger Tappe – allein deshalb, weil es kompliziert gewesen sei, alle Genehmigungen zu erhalten. Als erstes Filmteam nach den Machern des James-Bond-Streifens "Casino Royal" (2006) habe man den Markusplatz in Venedig überfliegen dürfen, berichtete er. Untermalt werden die Aufnahmen von eigens komponierter Musik, die ein 60-köpfiges Orchester eingespielt hat.

Für die Öffentlichkeit ist das "Voletarium" ab Samstag geöffnet. Der dort gezeigte Film dauert viereinhalb Minuten, die wie im Flug vergehen.