Der Rottweiler Axel Fleck ist Biersommelier. Foto: Alt

Rottweiler mit feiner Zunge im Interview über Biertrends. "Verkosten ist harte Arbeit."

Rottweil - Wer an Bier denkt, hat meist eine schäumende Maß vor seinem inneren Auge, wie sie derzeit bei den großen und kleinen Oktoberfesten über den Tresen geht. Doch Bier ist viel mehr, sagt der Rottweiler Biersommelier Axel Fleck. Mit seiner Vielfalt an Aromen sei der goldene Saft deshalb durchaus etwas für feine Zungen.

Herr Fleck, welches Bier findet man denn in Ihrem Kühlschrank?

Viele verschiedene. Wenn ich Besuch habe, schenke ich gerne mal ein Helles aus. Aber ich stelle Freunden auch gerne mal zur Verkostung etwas Exotisches hin. Auf der anderen Seite bringen mir Freunde auch immer wieder aus dem Urlaub Biere mit. Es ist einfach ein tolles Produkt. Wer kein Degustierglas hat, kann Bier in ein Weinglas füllen, um die Aromenvielfalt besser erfassen zu können. Wenn man zum Beispiel ein Pils aus einer Pils-Tulpe trinkt, dann schürzt man die Lippen und nimmt die Aromen im vorderen Bereich des Mundes wahr, während sich die Bitterstoffe eher im Rachenbereich ausbreiten. Ein Bierkrug kann dann das Richtige sein, wenn’s schnell, kalt und viel sein soll.

Da spricht schon ganz der Bierexperte aus Ihnen. Biersommelier ist ja eher ein exotischer Beruf. Wie kommt man darauf, diesen Weg einzuschlagen?

Den Weinsommelier kennt man ja, der ist akzeptiert. Wir Biersommeliers müssen noch um diese Anerkennung kämpfen. Man wird das durch permanente Fortbildung. Ich habe ursprünglich eine Ausbildung im Weinfachhandel gemacht. Als ich in Rottweil Marktleiter wurde, hat mich mein Chef zu einer Fortbildung in eine bayerische Brauerei geschickt. Da hat es mich gewickelt. Vorher war Bier für mich eher ein Alltagsgetränk, jetzt kämpfe ich darum, Kunden für die Vielseitigkeit des Bier-Charakters zu öffnen. Bier ist durchaus gourmettauglich und hat sogar eine größere Bandbreite an Aromen als Wein.

Und wie entwickelt sich ihre Biermission?

Sehr gut. Ich stelle fest, dass großes Interesse vorhanden ist. Der Verbraucher wendet sich weg vom Industriebier, hin zu kleinen mittelständischen Brauereien und Gasthausbrauereien. Und auch die Hobbybrauszene mit handgemachten Bieren wie man sie vor 600 oder 800 Jahren gebraut hat, nimmt zu. Rottweil selbst hat in diesem Bereich ja eine wunderbare Geschichte. In der Innenstadt gab es unzählige kleine Brauerein. Da gibt es ein tolles Buch von Karl Lambrecht.

Braucht man als Biersommelier einen besonders sensiblen Gaumen?

Es hilft, wenn man ein Interesse an Aromen hat. Ja. Alles andere kann man lernen. Und da gehört auch das Verkosten dazu. Das ist übrigens harte Arbeit, weil man das Bier nicht – wie bei einer Weinverkostung – ausspuckt, sondern herunterschluckt. Das hängt mit den Bitterstoffen zusammen, die sich erst im Rachen entfalten.

Können Sie sich noch an Ihr erstes Bier erinnern?

Da war ich etwas über 21. Das war ein Standard-Bier. Mir hat das damals nicht geschmeckt, was meiner Ausbildung geschuldet war.

Wo werden denn die besten Biere gebraut?

Das kann man so nicht sagen. Jedes Land hat eine eigene Bierkultur entwickelt. Die Belgier zum Beispiel haben eine unglaubliche Vielfalt an Sauerbieren und Fruchtbieren. So etwas durfte man in Deutschland wegen des Deutschen Biergesetzes lange nicht brauen. Das beste Bier ist das, was einem persönlich am besten schmeckt. Da lohnt es sich übrigens, wenn man links und rechts der Straßen, nach kleinen Brauereien Ausschau hält. Unsere Region hat da einiges zu bieten. Aber ich gehe grundsätzlich davon aus, dass jeder, der sich morgens an seinen Braukessel stellt, den Anspruch hat, sein bestes Bier zu machen.

Ein großer Trend ist das Craft Beer. Sie haben erst kürzlich dazu einen Vortrag gehalten. Was hat es damit auf sich?

Eine genaue Definition gibt es nicht. Da muss man sich zuerst den Begriff anschauen. Craft kommt von Handwerk. Für mich bedeutet Craft Beer, dass mit verschiedenen Sorten Hopfen, Malz und Gerste, aber auch mit Gewürzen, Kräutern und Früchten gebraut wird. Das sind meist ausländische Biere abseits von Pils, Weizen und Export. Bei uns muss Bier noch immer dem Biergesetz entsprechen, doch es gibt Ausnahmeregelungen. Ein historischer Bierstil ist zum Beispiel Broyhan, das auf dem Gutshof Rethmar bei Hannover gebraut wird. Das wahrscheinlich kurioseste Bier kommt aus Island und wurde mit geräucherten Walhoden aromatisiert.

Zeichnet sich schon ein neuer Trend ab?

Der Craft-Beer-Trend kommt gerade erst so richtig an.

Gibt es eigentlich ein typisches Frauenbier?

Es gibt sicherlich Biere, für die Frauen empfänglicher sind. Ein typisches Frauenbier gibt es aber nicht. Fruchtbiere – bitte nicht mit Biermischgetränken verwechseln – oder malzsüße Biere gehören sicher dazu. Aber Frauen greifen durchaus auch zu bitteren Bieren, zum Beispiel mit Aromahopfen gemacht.

Eine Maß zur Schlachtplatte, passt das, oder welches Bier würden Sie empfehlen?

Ich könnte mir ein schönes Export vorstellen. Die Süße des Exports harmoniert mit der Säure des Sauerkrauts. Oder ein unfiltriertes Kellerbier. Was ich gar nicht machen würde, wäre ein Pils dazu reichen. Das könnte zu metallisch schmecken. Wer mit Geschmack experimentieren will, der kann sich einen Blauschimmelkäse holen und diesen mit ein paar Schluck Kristallweizen genießen. Da erlebt man eine wahre Explosion im Mund.  

Info: Zur Person

Axel Fleck absolvierte seine Ausbildung zum Weinfachhändler in der ehemaligen Weinhandlung von Willi Klussmann. Heute leitet der gebürtige Rottweiler den Getränkemarkt Mebold in der Heerstraße. Sein Liebe zum Bier entdeckte der 42-Jährige bei einer Fortbildung in einer Brauerei. Er lies sich zum Biersommelier weiterbilden und ist seither als Botschafter des goldgelben Gerstensafts in seinem Getränkehandel, aber auch in der Region unterwegs. Als Biersommelier und Craft -Beer-Experte ist Fleck derzeit stark gefragt. In Vorträgen und bei Verkostungen verbindet er Biergenuss mit Wissen und lässt gerne auch Mal außergewöhnliche Sorten und Kombinationen probieren.