Wenn das Hochhaus fällt, soll ein Riegelbau (siehe nebenstehende Grafik des Büros Drees & Sommer) das maßgebliche räumliche Scharnier für den neuen Behördenstandort sein. Das neue Bauwerk könnte bei einem Grundriss von etwa 54 auf 15 Meter mit fünf Etagen und einer aufgelockerten Büro- und Aufenthaltslandschaft in die Welt gesetzt werden. Der bisherige "Riegel" zwischen Hochhaus und dem bisher von Kreissparkasse und der Spitze der Kreisverwaltung um Landrat Wolf-Rüdiger Michel genutzten Gebäude rechts (in der Grafik blauer Klotz rechts mit Halbstockwerk) kommt weg. Dabei auch der als architektonisch wertvoll geltende Rundbau (Bildmitte), in dem auch der Sitzungssaal untergebracht ist. Das Streben nach Funktionalität fordert eben auch hinsichtlich eines besonderen Gebäudes Tribut. Das in der Grafik in gelb stilisiert dargestellte Gebäude soll das ebenfalls auf dem Plan stehende Vorhaben Parkhaus symbolisieren. Foto: Scheidel/Grafik: Büro Drees & Sommer/Obergfell Foto: Schwarzwälder Bote

Landratsamt: Wenn alles nach Plan läuft, könnte es eine umfassend neu gestaltete Landkreisbehörde bereits Ende 2023 geben

Von Winfried Scheidel

Wie soll sie sich nun entwickeln, die Großbaustelle in der Rottweiler Mittelstadt, mit der das Landratsamt-Hochhaus verschwindet. Mit einem fünfstöckigen "Riegelbau" soll an diesem Hauptstandort der Kreisverwaltung für am Schluss vielleicht 50 Millionen Euro ein Raumprogramm geschaffen werden, das vielen modernen Ansprüchen gerecht wird.

Kreis Rottweil. Dass das Vorhaben unter Inkaufnahme einer deutlich höheren Verschuldung auch finanztechnisch sehr ambitioniert ist, sagt das Regierungspräsidium, das jährlich die Haushaltspläne prüft. Allerdings habe sich der Landkreis Rottweil seit vielen Jahren als Musterschüler in Sachen finanzieller Solidität hervorgetan, wird der Landkreisspitze um Landrat Wolf-Rüdiger Michel und Finanzdezernent Gerald Kramer unterstellt, dass die in den kommenden Jahren für die neben "Hausaufgaben" wie berufliche Schulen, Straßenbau, die weitere Breitbandentwicklung und Flüchtlingsaufgabe zu leistende besondere Investition ohne kritische Verwerfungen in der Kasse geschultert werden kann. Auch über höhere Kreisumlagen für Städte und Gemeinden wird da ein stattlicher Obolus zusammenkommen müssen.

Wie aber soll es mit der eigentlichen "Operation" Standort-Neugestaltung am Landratsamt-Zentrum im Bereich König-/Stadion-/Marienstraße vorangehen? Ein solch großer Plan erfordert eine größere Vorlaufzeit für die Entwicklung eines Baukonzepts, das nicht zuletzt hinsichtlich der Kostenverlässlichkeit eine hohe Wertigkeit haben soll. Dennoch könnte es bei ganz optimalem Verlauf bereits Ende 2023 das neue Landratsamt geben mit Modernisierungen, die Kundschaft und Beschäftigten gleichermaßen zugute kommen sollen. Im Zuge von Digitalisierung mit einem Raumprogramm, das für viele Eventualitäten tauglich ist. Sollte zum Beispiel Home-Office bei der Behörde ein größeres Thema werden, könnten Büroflächen auch vermietet werden. Online-Dienstleistungen sind ohnehin ein Aspekt, dem mit Neuerungen Rechnung getragen wird.

Um das Vorhaben mit einem zeitlichen Puffer angehen zu können, wird das Gebäude Marienstraße 2 (ehemaliges Telekom-Domizil; derzeit Ausweichquartier für die Kreissparkasse, die zum Jahresende 2019 in ihren ebenfalls mit Kosten im zweistelligen Millionenbereich – aber deutlich unter dem Finanzplan für das "neue Landratsamt" – aufwendig erneuerten Hauptstandort an der Königstraße umziehen will) von der Kreisbehörde ab Januar 2020 für fünf Jahre für einen monatlichen Obolus von 20 000 Euro von der Sparkasse angemietet. Danach dürfte das Gebäude wieder für andere Verwendungszwecke zur Verfügung stehen.

Mit welcher Strategie aber planen für den großen Plan? Das Büro Drees & Sommer gibt dazu viele Fingerzeige. "Planen und Bauen" möglichst kompakt in wenige Hände geben, so Generalunternehmer bezüglich der Kostenseite eindeutiger in die Pflicht nehmen können, ist eine Marschroute, die auch in den Kreistagsreihen viel Gefallen findet. Hermann Breucha (FWV) konstatiert dazu: Das erfordert auch viel Disziplin vom Auftraggeber (dem Landkreis, Kreistag). Anders als bei einer Strategie mit kleingliedrigen Einzelvergaben könne im Laufe der Bauausführung kein Wunschkonzert mehr veranstaltet werden. Die ursprüngliche Bauauschreibung sei dann der bestimmende Faktor. Kostenstabilisierende Wirkung habe "Planen und Bauen" aus einer Hand auch wegen der gegenüber einer Einzelvergabe-Praxis deutlich schnelleren Bauzeit. Das sei bares Geld.

Das unterstreicht auch Projektentwickler Dominik Straka vom Stuttgarter Büro Drees & Sommer mit dem Hinweis an Hermann Acker (FWV), der sich für einen Architektenwettbewerb ausspricht, "um möglichst viele Gestaltungsideen ins Spiel zu bringen". Dadurch würde – nicht zuletzt wegen eines besonders aufwendigen Ausschreibungsprozederes – die Zeitschiene erheblich verlängert, sagt Straka. Ob dann dabei ideell tatsächlich mehr herauskomme, sei fraglich, wird von Projektentwicklerseite mit dem Verweis, dass auch "Planen und Bauen" auf der Basis wettbewerblicher Entwürfe entwickelt werde, ebenfalls betont.

In dem auch stark Mitarbeitervorstellungen beachtenden künftigen Belegungskonzept (eine Steuerungsgruppe unter Federführung von Landratstellvertreter Hermann Kopp war dazu rege tätig) wurde auch der Stellenwert eines "Hybriden Bürokonzepts" mit offenen und geschlossenen Räumlichkeiten betont. Auch das Stichwort Cafeteria (Kopp: ohne Schnickschnack (keine Kantine), nicht zuletzt, um der Tupper-Fraktion in der Behörde etwas bessere Aufenthalts- und Verköstigungsmöglichkeiten zu ermöglichen) bezieht sich auf den neu geplanten Riegelbau. Dieser soll mit einem fünften Stockwerk geplant werden. Dafür könnte die vollständige Übernahme des Gebäudes Stadionstraße (untere Räume bisher von der Kreissparkasse genutzt) mit deutlich weniger aufwendigen Investitionen vonstatten gehen, der Ausbau der oberen Halbetage zu einem Vollstockwerk zum Beispiel würde sich vermutlich erst einmal erübrigen.

Die Raumkapazität wird bei Verwirklichung dieses Plans auf 373 Arbeitsplätze hochgerechnet, sodass mit Blick auf die 355 LRA-Mitarbeiter an diesem Hauptstandort ein guter Raumpuffer gegeben wäre, der sogar Phantasien ermöglicht für weitergehende Raumverwendungen.

Nach der weiteren Behandlung des Themas mit Mitgliedern zweier Ausschüsse (18. März) könnte der Kreistag am 1. April grünes Licht für den oben skizzierten Planungsweg zur Verwirklichung des Vorhabens geben, das sich nach der Mitte 2018 von Drees & Sommer auf 44 Millionen Euro taxierten "groben Kostenschätzung" wegen der inzwischen genauer gefassten Komponenten Sitzungssäle mit Cafeteria im obersten Geschoss (0,75 Mio.), Umsetzung eines Hybriden Bürokonzepts im neu zu erstellenden Riegelbau (eine Million) und der Ausschöpfung baulicher / funktionaler Potenziale in Untergeschossen (0,8 Mio.) mittlerweile bei 46,55 Millionen Euro liegt. – Eine Marge, die angesichts des von Kreisräten und Landkreisspitze bereits vielfach bekundeten Kostenbewusstseins den Ehrgeiz entfachen dürfte, eine Schlussabrechnung vorzulegen, die unter 50 Millionen Euro angesiedelt ist.

Bei einem geschmeidigen Planungsverlauf könnte nach einer Wettbewerbsphase der mit dem Rückbau des Hochhauses einzuleitende Baubetrieb im Herbst 2020 beginnen, die Phase der baulichen Neugestaltung dann Mitte 2021. Dies alles mit dem Ziel, Ende 2023 den Behördenstandort komplett ertüchtigt zu haben, wobei es im Moment auch zur Frage Stellplätze (baut Kreissparkasse ein Parkhaus?) noch viel Diskussionsbedarf gibt.

50 Millionen Euro könnten es am Ende sein, die benötigt werden, um den Landratsamtstandort in Rottweil modern zu machen. Mit dem in Aussicht gestellten Raumprogramm sollen Kunden und Mitarbeiter gleichermaßen mitgenommen werden in eine neue Ära der Behörde. Der Quantensprung vom dem Abriss geweihten Hochhaus, das vor nahezu 60 Jahren unter ganz anderen konzeptionellen Vorzeichen zum Wahrzeichen in Rottweils Mittelstadt emporgewachsen ist, zu einem Servicecenter, das für Kunden und Mitarbeiter gleichermaßen Strahlkraft haben soll, erfordert einen guten Plan. Mit Hilfe eines Projektentwicklers wird dafür schon länger getüftelt. Der sieht sich jetzt besonders zur Einhaltung einer früh in die Runde geworfenen Kostenschätzung in die Pflicht genommen. Der große Gebäude-Deal hat nämlich auch Einfluss auf die Kreisumlage. Und da verstehen Stadt- und Gemeindeobere wenig Spaß.