Bis zum Ende der Woche soll auch das letzte Membran-Feld montiert und die Außenhülle des Testturms damit komplett sein. Foto: Nädele

Erkenntnisse aus den ersten Besucherzahlen. Finden Touristen wirklich Weg in Innenstadt?

Rottweil - Die Testphase läuft seit der Eröffnung der Aussichtsplattform des Thyssen-Krupp-Turms. Und die Besucherzahlen sind bislang beeindruckend. Nun stellt sich die Frage: Welche Erkenntnisse und Lehren zieht die Stadt aus diesen Daten.

18 .000 Besucher auf der höchsten Aussichtsplattform Deutschlands, mehr als 26.000 im gleichen Zeitraum am Testturm, erfasst von den Sensoren am sogenannten Feldherrenhügel – die Zahlen, die der städtische Wirtschaftsförderer André Lomsky am Mittwochabend in der Sitzung des Gemeinderats erläutert, werfen bei den Stadträten Fragen auf. Waren also in den ersten Wochen seit dem Turmfest 44.000 Menschen am Testturm oder waren neben den 18 000, die mit dem Aufzug in 232 Meter Höhe gefahren sind, eben noch weitere 8000 an der Baustelle? Oder: Wie viele der Touristen am Turm finden dann auch noch den Weg in die Stadt?

Lomskys Ausführungen zu den Aktivitäten der Stadt in Sachen Testturm – von der Präsenz der Tourist-Information auf der Aussichtsplattform über die Öffentlichkeitsarbeit und Stadtführungen bis hin zur Beschilderung – erntete bei den Stadträten viel Lob. Nach zweieinhalb Jahren Baustellen-Marketing geht es nun um das Go-Live-Marketing. Augmented-Reality-App, Imagefilm, Ideen für einen Rundweg am Turm und ein Leitsystem im Berner Feld spricht der Wirtschaftsförderer an. Beobachtungen und Rückschlüsse aus den bisherigen Besucherzahlen legt Lomsky am Mittwochabend ebenso dar.

Die Stadträte sind begeistert an Bord, steuern ihre Anregungen bei und spiegeln dafür Ideen aus der Diskussion um die Bewerbung um eine Landesgartenschau. Hermann Breucha (FWV) etwa stößt mit dem Vorschlag, eine Shuttle-Verbindung zwischen Innenstadt und Berner Feld mit autonom fahrenden Busse mit Elektroantrieb als Feldversuch anzubieten, auf breite Zustimmung im Rund.

Günter Posselt (CDU) zieht aus den Zahlen der noch jungen Testphase bereits eine wichtige Erkenntnis: Auch wenn für ihn klar ist, dass das große Besucherinteresse mit dem Turmfest und der anfänglichen Neugierde zu tun hat – Zweifel am Erfolg des Testturms mit seiner Aussichtsplattform quälen ihn nicht. "Ich bin mir sicher, dass der Turm ein Selbstläufer wird", richtet er den Fokus auf das Drumherum auf dem Berner Feld und vor allem auf die Innenstadt.

In "einem vernünftigen zeitlichen Rahmen" müssten deshalb nun die privaten Initiativen im Gewerbegebiet die Möglichkeit erhalten, wahr zu werden. Und er appelliert, die bisherigen, "sehr guten Bemühungen", die Leute vom Berner Feld in die Stadt zu locken, weiter auszubauen. Posselt richtet seine Worte dabei gestern weniger an Lomsky, als vielmehr an welche, die an diesem Abend nicht anwesend sind: "Wir müssen es auch schaffen, dass die Dienstleister in der Innenstadt die Chancen erkennen und mitmachen". Herbert Sauter (CDU) hatte es zuvor bereits angesprochen, dass an Allerheiligen zwar viele den Weg vom Turm in die Innenstadt gefunden hätten, hier dann aber vor verschlossenen Türen der Gastronomen gestanden seien. So etwas galt im Vorfeld in Zusammenhang mit der Debatte um die Hängebrücke als Horrorszenario, das die positiven Effekte zunichte machen könnte.

Indes: Trotz Lomskys Erfahrung aus Gesprächen mit eben solchen Dienstleistern, dass mit Antworten gerechnet werden muss, die er eigentlich nicht für möglich gehalten hätte, legt er keine Resignation an den Tag: "Ich kann keinen Unternehmer zwingen, nur versuchen, ihn zu überzeugen". Er kann auf die erfolgreichen Bemühungen des Gewerbe- und Handelsvereins verweisen, die Samstagsöffnungszeiten zu vereinheitlichen, die Initiative zum Abendeinkauf oder dass der Rottweiler Taler im Testturm zu bekommen sein wird. Überhaupt versucht er auch den Gremiumsmitgliedern zu vermitteln: Die Veränderungen mit Gefängnisneubau, Testturm und Hängebrücke seien ein Marathonlauf. "Wir sind jetzt vielleicht bei Kilometer 1,5, müssen also noch einige Zeit durchhalten", gibt der Wirtschaftsförderer den Stadträten mit auf den Weg.

Ansporn für den langen Atem könnten detaillierte Auswertungsmöglichkeiten der Besucherströme sein. In diesem Zusammenhang kündigte André Lomsky schon einmal an, dass das alte Thema freies Wlan – in der Innenstadt wie am Testturm auf dem Berner Feld – eine Rolle spielen könnte.