Mit mehr als 20 Kilogramm Ausrüstung ist der Weg noch beschwerlicher, wie Simon Rebmann und Markus Meier merken. Foto: Cools

Rottweiler Feuerwehrmänner üben in voller Montur für Premiere am 16. September.

Rottweil - Montagabend, 31 Grad an der neuen Feuerwache in Rottweil, als sich Markus Meier und Simon Rebmann ihre Jacken anziehen. Ein letzter prüfender Blick zum Feuerwehrturm hoch, dann setzen sie die Atemschutzmaske auf und schnallen sich die Druckluftflasche auf den Rücken.

22 Mal müssen sie den Turm hoch und hinunter, um einmal Testturm-Höhe zu haben. "Aber beim Training geht man nie auf die ganze Strecke", sagt Feuerwehrkamerad Ewald Alf. Den passionierten Radfahrer, der täglich nach Balingen radelt, kann so schnell nichts erschrecken.

Es ist Trainingstag bei der Feuerwehr in Rottweil. Doch diesmal gilt es nicht, Personen zu retten oder ein brennendes Objekt zu löschen, sondern so viele Stufen in so kurzer Zeit wie möglich zu erklimmen. Der Towerrun im Thyssenkrupp-Testturm steht an. 1390 Stufen, 232 Höhenmeter und nur eine begrenzte Menge Luft. So starten fast alle Teams der Rottweiler Wehr mit voller Ausrüstung, Atemschutz und Druckluftflasche.

Wenn der Atemluftvorrat vor dem Ziel aufgebraucht ist, werden die Teams in die Wertung ohne Atemschutz verschoben und bei der Siegerehrung nicht berücksichtigt. "Das ist wirklich nur etwas für ganz fitte Feuerwehrmänner", meint Mathias Woywod, ein Pressesprecher der Rottweiler Abteilung.

"Neben dem eigenen Körpergewicht müssen sie auch noch mehr als 20 Kilo Ausrüstung hochschleppen", sagt er. Sechs Zweier-Teams treten für die Rottweiler Wehr an: Tobias Kopf und Mario Maute als Team "Mauldascha", Markus Meier und Simon Rebmann als "Löschzwerge Rottweil", Michael Spreter und Benny Sigrist als "Sch-Nauf", André Stumpp und Ewald Alf als "Gestiefelte Kater", Christopher Wiest und Philipp Rebmann starten als "Aufsteiger" und das Team Michael Harteker und Martin Prinz von der Abteilung Göllsdorf als "Rottweiler Firehawks".

Letztere sind bislang noch ohne Atemschutz gemeldet. "Wir wollten es mal langsam angehen lassen, weil es so schon hart wird", sagt Prinz. Doch vermutlich werde man sich doch noch ummelden. "In so einer Flasche sind rund 1900 Liter Luft. Das reicht bei einem Gefahrenguteinsatz beispielsweise etwa für 20 Minuten Einsatz und zehn Minuten Rückzug", sagt Woywod. Die jüngsten Teilnehmer der Rottweiler Truppe sind Christopher Wiest und Philipp Rebmann mit 19 Jahren, Ältester Ewald Alf mit 63 Jahren.

Wie und wo die Teams trainieren, bestimmen sie selber. Heute ist Trainingstag für die "Löschzwerge". Einen Geheimtipp gibt es laut Meier nicht. "Der Tipp ist Training", sagt er schulterzuckend. Dann geht es los. Feuerwehrkamerad Philipp Rebmann nimmt die Zeit. Langsam, aber stetig erklimmen Meier und Rebmann unter Beobachtung ihrer Mitstreiter die Stufen.

Manche Kameraden sind noch im Urlaub, einer in Peru. "Der hat dann Vorteile, wenn er Höhentraining macht", meint ein Rottweiler, doch Alf erwidert, dass die roten Blutkörperchen, die in der Höhe verstärkt produziert werden, nach gut einer Woche wieder weg seien. Etwa zwei- bis dreimal die Woche trainieren die Teams am 63 Stufen hohen Feuerwehrturm. Manche ziehen das Fitnessstudio vor. Die Göllsdorfer steigen das Dissenhorn hinauf.

Hitzestau als Problem

Eine Gruppe hat sich mit ihrer Teilnahme am "Red Bull 400" schon auf den Wettkampf eingestellt. Als "Löschzwerge" traten Pascal Blust, Simon Rebmann, Christian Müller und Markus Meier beim laut Ankündigung "härtesten 400-Meter-Lauf der Welt" an der Hochfirstschanze mit mehr als 140 Höhenmetern und einer Steigung von bis zu 35 Grad an. Sie kamen unter die Top 10.

Doch Treppensteigen ist ein anderes Kaliber, wissen die Feuerwehrmänner. Jeder habe seine eigene Strategie. "Der Weg ist das Ziel", sagt Alf. Man müsse gemächlich laufen und das Tempo halten. "Rennen ist out. Von uns aus Rottweil wird mit Sicherheit niemand rennen", stellt er klar. Blöd sei eben, dass man nicht direkt im Testturm trainieren könne. Und auch der Ausblick lässt zu wünschen übrig, meint Woywod. "Das Treppenhaus im Testturm sieht von oben bis unten gleich aus – sehr monoton."

Dass die Feuerwehrmänner aus Rottweil am Towerrun teilnehmen, ist Ehrensache. "Dass fremde Feuerwehrleute unseren Turm hochlaufen und wir nicht, das ginge gar nicht", stellt Prinz klar. "Ich freue mich vor allem wegen der Kameradschaft und des Spaßes drauf", sagt Meier. "Wenn das Spaß macht, trainiert ihr nicht richtig", kontert einer seiner Kameraden. Alf bringt es auf den Punkt: "Wenn so etwas das erste Mal stattfindet, dann muss man einfach mitmachen."

Das Ziel sei ankommen, auch wenn die Rottweiler keinesfalls Letzte werden wollen. Doch die Konkurrenz ist hart. Manche Feuerwehren hätten eigene professionelle Wettkampf-Truppen, die extra für so etwas trainierten. Gegen rund 130 Konkurrenten von Hamburg über Konstanz bis ins Allgäu müssen sich die Rottweiler durchsetzen.

Meier und Rebmann haben mittlerweile die fünfte Runde am Feuerwehrturm geschafft. Für Meier ist das Training beendet, er ist angeschlagen. Rebmann schafft es noch einige Runden länger, bricht dann aber auch ab. Nach zehn Runden und gut zwölf Minuten sind rund zwei Drittel der Luft verbraucht. "Aber hier müssen sie ja auch wieder runter gehen", gibt Mathias Woywod zu bedenken. "Das ist beinahe schlimmer", sagt Simon Rebmann kurzatmig.

Das gehe nicht nur in die Knie, man spüre auch sein Körpergewicht und die in Schwung geratene Flasche auf dem Rücken stärker. Das Schlimmste sei der Hitzestau durch die Schutzkleidung, "vor allem im Handschuh", meint Rebmann. "Das ist eine ganz andere Hitze als bei einem Feuer. Die kommt von innen und bleibt", weiß Alf.

Sorgen machen sich die Männer vor allem aufgrund der begrenzten Luft. "Wenn man die Hälfte geschafft hat, sollte noch mehr als die Hälfte in der Flasche sein, sonst wird es eng", meint Michael Harteker. Die Druckluftflasche kündige mit einem Piepsen an, wenn nur noch 50 bar von 300 vorhanden sind. "Wenn’s piepst, kommt der Endspurt", meinen die Männer. Dann wird noch einmal alles gegeben.

Am 16. September ist es soweit. Dann findet erstmals der Towerrun im Testturm von Thyssen-Krupp Elevator in Rottweil statt. Es handelt sich dabei um den höchsten Treppenhauslauf Westeuropas. 1390 Stufen und mehr als 230 Höhenmeter müssen in verschiedenen Disziplinen bezwungen werden.