Emil Sänze (AfD-Abgeordneter für den Wahlkreis Rottweil) hat sein Amt als Vize-Vorsitzender aufgegeben. Foto: dpa

Abgeordnete wollen Vorstand demontieren. Im weitesten Sinne geht es um Umgang mit Mitstreitern vom rechten Rand.

Rottweil/Stuttgart - In der AfD-Landtagsfraktion gibt es abermals erhebliche interne Verwerfungen. Mehrere Abgeordnete fordern den Rücktritt des Vorstandes. Bei der Fraktionsklausur wurde bereits am Montag ein Misstrauensantrag gegen die Spitze gestellt. Zwölf Abgeordnete unterstützten ihn, acht Abgeordnete stimmten dagegen. Damit gab es für den Antrag zwar eine Mehrheit, aber keine Zweidrittelmehrheit, die für eine Abwahl nötig gewesen wäre.

AfD-Fraktionschef Bernd Gögel bestätigte am Mittwoch Berichte des SWR sowie der "Stuttgarter Zeitung" und der "Stuttgarter Nachrichten". Als Konsequenz aus dem Abstimmungsergebnis gaben Vize-Fraktionschefs Rainer Podeswa und Emil Sänze (AfD-Abgeordneter für den Wahlkreis Rottweil) ihre Ämter auf. Somit sorgt die größte Oppositionsfraktion im Parlament mit Interna weiter für Schlagzeilen, obwohl sie sich zuletzt um Geschlossenheit bemühte.

Im weitesten Sinne geht es immer wieder um den Umgang mit Mitstreitern vom rechten Rand. Insbesondere Fraktionschef Gögel wird von einigen Abgeordneten vorgeworfen, die von der Partei verfolgten Ausschlussverfahren gegen die beiden baden-württembergischen AfD-Politiker Stefan Räpple und Wolfgang Gedeon zu unterstützen. Gedeon gehört dem Landtag als fraktionsloser Abgeordneter an. Er sieht sich immer wieder Antisemitismusvorwürfen ausgesetzt, wird aber von einigen AfD-Abgeordneten mehr oder minder offen unterstützt.

Gedeon und Räpple sorgten zuletzt im Dezember für erheblichen Wirbel. Sie wurden von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) von mehreren Parlamentssitzungen ausgeschlossen. Räpple war zuvor durch mehrere Zwischenrufe aufgefallen - Gedeon mit einem umstrittenen Redebeitrag, in dem er Aras' Sitzungsleitung anging. Der AfD-Bundesvorstand hatte sich für ein Parteiausschlussverfahren Gedeons ausgesprochen. Ein Ausschlussverfahren auch gegen Räpple wurde zumindest angekündigt.

Sänze fordert Neuwahl

Der bisherige AfD-Fraktionsvize Sänze sagte, er sei am Mittwoch von seinem Amt zurückgetreten und habe die übrigen Vorstandsmitglieder aufgefordert, sich einer Neuwahl zu stellen. Er begründete dies damit, dass sich bei der Abstimmung über den Misstrauensantrag eine Mehrheit der Abgeordneten gegen den Vorstand gestellt habe. Zwar habe er selbst in einer folgenden Einzelabstimmung zwölf Stimmen und damit einen deutlichen Vertrauensbeweis erhalten. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Rest-Vorstand sei aber nicht mehr gegeben.

Auch der bisherige Fraktionsvize Rainer Podeswa sagte der Deutschen Presse-Agentur, er habe sein Amt niedergelegt. Der Vorstand habe nach dem Abstimmungsergebnis keine Legitimation mehr. Die Fraktion hatte bislang vier stellvertretende Vorsitzende - zwei sind noch im Amt.

Die AfD war bei der Landtagswahl 2016 auf 15,1 Prozent gekommen. Das entsprach 23 Mandaten - mittlerweile hat sie aber nur noch 20 Mandate. Die AfD-Abgeordnete Claudia Martin trat zur CDU über - zwei weitere Abgeordnete, Gedeon und Heinrich Fiechtner, sind nach internen Streitereien fraktionslos. In der Auseinandersetzung um den Umgang mit Gedeon hatte sich die Landtagsfraktion zeitweise in zwei Gruppen aufgespalten, die dann aber wieder zueinander fanden.

Gögel hatte den Fraktionsvorsitz von Jörg Meuthen übernommen, der vor rund einem Jahr ins Europaparlament wechselte. Gögel beteuerte am Mittwoch, er habe nicht vor, das Handtuch zu werfen. "Die Arbeit war bis heute nicht leicht und wird auch in der kommenden Zeit nicht leichter." Seine Vorstellung der politischen Arbeit deckten sich mit der Linie des Bundesvorstandes - die wolle er umsetzen. "Dass das auf Widerstände stößt, ist klar. Aber da muss man konsequent bleiben." Gögel war im Oktober als Fraktionschef bestätigt worden. Die nächste reguläre Vorstandswahl steht nach Angaben eines Sprechers 2021 an.

FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte: "Ein weiterer Akt im Schmierentheater der AfD spielt sich ab." Die AfD-Fraktion sei auf dem Weg nach Rechtsaußen und stelle sich auf die Seite der Antisemiten und Demokratieverächter in den eigenen Reihen. CDU-Generalsekretär Manuel Hagel sagte der "Heilbronner Stimme" und dem "Mannheimer Morgen" (Donnerstag), in der AfD-Fraktion gebe es Irrungen, Verwirrungen, tiefe Feindschaften und einen Kampf jeder gegen jeden. "Die AfD bietet viel, was eine miese Soap ausmacht - und alles auf Kosten der Steuerzahler." Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Landtag, Uli Sckerl, sagte: "Die AfD zerlegt sich in alle Einzelteile - eine Rückkehr des zwei-Fraktionen-Chaos durch eine erneute Spaltung ist nicht ausgeschlossen." Die Meuterei der "rechten Flanke" trete in der AfD-Fraktion offen zu Tage.