Julia Schneider: 20-Jährige ist im Dressurviereck Rottweils bester Exportschlager

Sie sind jung und weit über die Region hinaus erfolgreich, und doch bekennen sie sich zu ihren Wurzeln. In unserer Serie stellen wir "Junge Wilde" vor, befragen sie zu ihrem Erfolg und wollen erfahren, was sie an ihre Heimat bindet. Wer noch jemanden weiß, der in die Serie passen könnte, der kann sich mit einer Mail unter redaktionrottweil@schwarzwaelder-bote.de melden.

Sie sind jung und weit über die Region hinaus erfolgreich, und doch bekennen sie sich zu ihren Wurzeln. In unserer Serie stellen wir "Junge Wilde" vor, befragen sie zu ihrem Erfolg und wollen erfahren, was sie an ihre Heimat bindet. Wer noch jemanden weiß, der in die Serie passen könnte, der kann sich mit einer Mail unter redaktionrottweil@schwarzwaelder-bote.de melden.

Rottweil. Er ist nah dran am Zeitgeschehen, er sieht, was andere nicht sehen, entlarvt fotografisch, was Politiker in diesem Augenblick wirklich denken, trifft Promis und hält die spannendsten Augenblicke der Bundesliga fest. Silas Stein aus Rottweil-Göllsdorf ist selbstständiger Fotograf.

Jetzt sitzt Silas Stein entspannt und leicht lächelnd in der Redaktion. Ja, gibt er zu, sein Leben sei schon aufregend geworden, aber auch hektisch. Das Nachrichtengeschäft ist schnelllebig. Heute Bundesliga, morgen roter Teppich, übermorgen Parteitag. Er ist da angekommen, wo andere gern wären. Aber es zieht ihn immer noch zurück in die Heimat. Deshalb kehrt der 24-Jährige gern und oft in seine Heimatstadt Rottweil zurück, zu seinen Kumpels und zu Omas Maultaschen.

Silas Stein ist in Göllsdorf und Zepfenhan aufgewachsen, besuchte Grund- und Hauptschule und schloss die Fachschule Wirtschaft an der Nell-Breuning-Schule ab. Er war immer schon ein leidenschaftlicher Fotograf, und so begann er eine Ausbildung bei dem Rottweiler Fotografen Ralf Graner. Hier lernte Silas Stein die "Basics" eines professionellen Fotografen, eben, wie er sagt, das handwerkliche Rüstzeug. Und das mit dem täglichen Brot eines Fotografen. So musste er "nicht nur eine Braut ins rechte Licht rücken". Graner brachte ihm den "anderen Blick" bei, der Fotografen, besonders gute Fotografen, von den Normalsterblichen unterscheidet. Auch andere erkannten seine Qualitäten, so dass er sogar zum Kammersieger der Handwerkskammer Konstanz gekürt wurde.

Graner hätte ihn gern in sein Geschäft übernommen, aber Stein wollte "hinaus in die weite Welt", andere Städte sehen, international arbeiten. Er bewarb sich bei dpa. Nun, da wollen viele hin, und um eine Stelle als Fotovolontär zu bekommen, musste er sich starker Konkurrenz stellen. Er bekam das Volontariat und sein bis dahin eher beschauliches Leben änderte sich schlagartig.

Gut in die Selbstständigkeit gestartet

Von da an bewegte sich Silas Stein in der Welt der Pressekonferenzen, erlebt Sport, Entertainment, große Politik und die Manager der Wirtschaft. Als das Volontariat endete, gab es keine Vollzeitstelle bei dpa. Er wagte den Sprung in die Selbstständigkeit – und war gleich im Geschäft. "Es ist echt gut angelaufen, besser als ich dachte", berichtet er. Gerade der Anfang sei oft problematisch. Heute arbeitet er für mehrere Agenturen, begleitet zum Beispiel die Frankfurter Eintracht in der Bundes- und Europaliga, da er in Rüsselsheim lebt. Auch seine Feature-Fotos zu bestimmten Themenbereichen sind gefragt. Silas Stein will als freier Fotograf auf jeden Fall erst mal weitermachen.

Der rote Teppich sei das Schwierigste, findet Stein. Es herrsche Hektik, alle paar Sekunden tauche ein neuer Promi auf und sei im nächsten Moment schon wieder weg. Sie alle gut zu erwischen, sei gar nicht so einfach. Und immer ein bisschen Vorsicht mit der sündhaft teuren Fotoausrüstung.

Auf Pressekonferenzen bereite er sich mitunter gewissenhaft vor. Was ist das Thema? Wer sind die handelnden, wichtigen Personen? Was soll das Bild zeigen? "Am besten ist es natürlich, wenn das Foto schon die Geschichte erzählt", so Stein. Die Kanzlerin mit resignierter Miene, wenn sie eine Abstimmung verloren hat – beispielsweise, die Widersacher Merkel und Seehofer auf einem Bild, ein Abgang mit dem Parteilogo im Hintergrund, so etwas wollen die Nachrichtenblätter oder das Fernsehen. Besonders freut es ihn, wenn beispielsweise die Tagesschau eines seiner Fotos als Hintergrundbild einer Top-Nachricht zeigt.

Im Bundesliga-Stadion geht es ebenfalls hektisch zu. Er sendet bereits Bilder von der Begegnung von seinem Laptop, bevor der Schlusspfiff die Partie beendet. "Man ist so beschäftigt, dass ich manchmal gar nicht mitbekomme, wie’s ausgegangen ist", beschreibt Stein lachend seine Arbeit hinter der Werbebande. Aber das sei für alle Fotografen im Stadion Routine. Und er macht im Gespräch durchaus den Eindruck, dass ihm Hektik fernliegt.

Und die Nähe zu den Stars? "Die Leute kommen live anders rüber als im Fernsehen", das habe er immer wieder festgestellt. Welches Erlebnis habe ihn besonders beeindruckt? Er sei bei einer Balkan-Rundreise mit dem damaligen Außenminister Sigmar Gabriel dabei gewesen. Der entspannte Minister im Flugzeug oder die gepanzerte Auto-Kolonne, die durch menschenleere abgesperrte Straßen rast, das sei schon sehr unwirklich gewesen.

Sehr viel Spaß machen ihm auch die sogenannten Feature-Fotos, um bestimmte Themen zu illustrieren. So habe er sich schon als vermeintlicher Einbrecher per Selbstauslöser fotografiert. Auch ein Foto zum Darknet sei recht erfolgreich gewesen.

Aber neben dem Kanzleramt steht für Silas Stein auch immer noch das Schwarze Tor als Symbol seiner Heimatstadt. "In Rottweil bin ich aufgewachsen." Vielleicht wisse man diese Dinge in der Hektik des Berufes sogar besonders zu schätzen. "Hier ist es ruhig und – hier wohnt meine Verwandtschaft." Und noch etwas Positives: "Hier kann ich rumlaufen, wie ich will." Kein Dresscode, ein Leben ohne Anzug und Krawatte.

Sehnsucht nach Omas Maultaschen

Was macht für ihn Heimat aus? Es klingt wie ein Klischee, aber Omas Maultaschen und Fleischküchle spielen eine nicht unwesentliche Rolle. "Die sind ein Muss", lacht Silas Stein. Deshalb ist ein Besuch bei der Oma Pflicht und, das betont er mit Nachdruck: "Das gehört sich auch so." Auch die Gelegenheit, wieder zu sprechen, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, nutzt er gern. Dialekt ist für ihn etwas Lebendiges. "Das Traditionelle liegt noch auf der Zunge", so drückt es Stein aus. Er könne sich richtig "in Rottweil reinkuscheln".

Seine Tage in der Heimat sind gut ausgeplant, Besuche und Treffen bei den Kumpels gehören zum Standardprogramm. Alte Freundschaften wollen gepflegt sein. "Wenn ich hier bin, will ich mich nicht verkriechen." Er nehme noch großen Anteil am Leben in der Stadt. "Und so ist es mir am liebsten." Die Freunde hätten ihn durchaus noch im Auge: "Ich muss viel erzählen, wenn ich hier bin."

Die Heimat fehlt ihm. "Zur Fasnet war ich zu einem Lehrgang in Berlin. Als ich im Fernsehen den Narrensprung sah, hab ich gedacht, verdammt, warum bin ich nicht in Rottweil." Zum Ferienzauber habe er dann Urlaub genommen. Damit er nicht auf "Entzug" komme, sei er auch beim Weihnachtsmarkt gewesen.

Heimat, das bedeute, dass "man weiß, warum man dazu gehört", so seine einfache Definition. Und man werde es auch nicht los. Aber das will er auch gar nicht.