Begeistert von der Location: Gregor Meyle beim Gespräch vor dem Turmkonzert Foto: Schnekenburger Foto: Schwarzwälder-Bote

Turmkonzert: Gregor Meyle spricht lieber Menschen statt Massen an / Musiker fühlt sich in Rottweil wohl

"Wir sind die ersten!"– Das klingt gut, und spätestens, wenn man sich den Tonfall in Erinnerung ruft, ist klar, dass Gregor Meyle keinen Zweifel an seiner Begeisterung für das Konzert am Donnerstag auf dem Testturm lässt.

Rottweil. Eine halbe Stunde zuvor war der Singer/Songwriter zum ersten Mal auf dem Turm. Dass die Aussicht wegen des nebligen Wetters bescheiden ist, trübt seine Stimmung nicht. Denn die Fahrt mit dem Aufzug auf 232 Meter Höhe, der Bühnenaufbau dort oben und schließlich das Wissen, dass ihn am Abend 100 Besucher, die Karten für das "höchste Turmkonzert" gewonnen haben, empfangen werden, verheißt beste Aussichten. Und überhaupt: Meyle ist nicht nur vom Turmkonzert begeistert, sondern auch vom Turm selbst. Beziehungsweise der Aufzugstechnologie, die hier mit entwickelt wird. Denn als Musiker, so erzählt er, ist man viel unterwegs, ist oft in Fahrstühlen. So oft, dass er inzwischen als absoluter Laie sagen kann, von wem der Aufzug ist, in dem er sich gerade in der Vertikalen bewegt.

Irgendwie schleicht sich das New Yorker "Rockefeller Center" in das Gespräch. Wegen der Aufzüge. Es klingt nach Metropole. Das fasziniert Meyle genau so wie Rottweil. Klar kannte er als gebürtiger Backnanger, der im Jagst- und Kochertal aufgewachsen ist, dieses Rottweil. Eine Frage der schwäbischen Sozialisation. Als Hundebesitzer kennt er Rottweil natürlich auch. Wegen der Rottweiler. Auch wenn er keinen hat, sondern eine Promenadenmischung. Mit Rottweiler und viel unterwegs – das wäre auch nicht so das ideale Ding. Aus seinem Leben als Tontechniker kennt er vor allem noch die Stadionhalle. Fasziniert ist er allerdings wegen der "Altstadt", der historischen Innenstadt. Und wegen der Lage. "Wo andere Urlaub machen", sagt Meyle, spricht vom "Tor zum Schwarzwald" und sinniert, dass die Stadt wohl so ein Ort sei, von dem man als junger Mensch gerne schnell weg möchte, der aber für Familien "ein Knaller" sei.

Überhaupt: groß oder klein, urban oder beschaulich – das ist ein bisschen wie die Frage nach Stadion-Open Air oder Turmkonzert. So eine Riesenveranstaltung mit Zigtausend Besuchern ist für eine Musik wie die von Gregor Meyle ein eher ungeeignetes Setting. Klein haben sie angefangen, und es sei schon schön gewesen, vor 5000 Besuchern zu spielen, allerdings tritt man dort ganz anders auf. Mehr Show ist dann gefragt. Es wird deutlich: So, wie Meyle mit einem Team unterwegs ist, in dem sich alle gut kennen, miteinander feiern und leiden, so mag er auch seine Konzerte. Am besten auf Du und Du mit den Besuchern. Musik machen, Geschichten erzählen. Das wird er auch am Abend machen. Und natürlich macht auch die Location etwas mit einem Konzert.

Damit sind wir beim Ausgangspunkt. "Ein Knaller" ist auch die auf wohl lange Zeit höchstgelegene Konzertbühne Rottweils. Meyle freut sich. Nicht nur, weil er der erste ist, – nebenbei: Turmmanagerin Beate Höhnle freut sich genauso über das erste Turmkonzert –, sondern auch wegen der ganzen Atmosphäre. Und dass ihm die Organisatoren nicht nur ein Klavier, sondern einen echten Flügel dort hinauf schaffen, rührt ihn auch am Abend noch.

Christian Ruoss vom Freudenstädter Pianohaus Rudert ist im Vorfeld extra angereist und hat mit einem Lasermessgerät die Innendimensionen der Aufzugskabine überprüft – und dabei eine winzige, angesichts der Gebäudedimensionen wirklich mickrige Fehlplanung entdeckt: Wenn die Besucherplattform tatsächlich als exponierte alternative Konzertbühne dienen sollte, hätte man das Ding um schlappe zwei Zentimeter tiefer bauen müssen. Dann wären nämlich auch kleine Konzertflügel mit den üblichen Transportmitteln in ein paar Sekunden von null auf 232 Meter zu schaffen. So ist der "schnellste Flügel Deutschlands", wie Ruoss lachend meint, am Donnerstag ein kleiner Salonflügel, aber einer mit respektabel vollem und differenziertem Klang. Der ist für das Konzert in intimem Rahmen ideal. Zu einem reisenden Musiker passt ja auch kein Rottweiler. Und das "Rockefeller" wäre in Rottweil schlicht deplatziert.