Bauleistungen werden derzeit in großem Umfang nachgefragt. Foto: pixabay

Angebot um 600.000 Euro teurer. Bürgermeister sieht Gemeinde in Kostenfalle. Neuausschreibung nicht vorgesehen.

Kreis Rottweil - Eine Gemeinde plant Großes. Die schweren Baufahrzeuge sind fast schon in Sicht. Da kommt die Nachricht von einer Kostenexplosion wie ein Blitz: Plötzlich muss für die Erschließung weit über eine halbe Million Euro mehr auf den Tisch. Da fällt nicht nur dem Kämmerer die Kinnlade runter.

Die Konjunktur brummt, die Kapazitäten für Bauleistungen sind nahezu ausgereizt. Für Anbieter hervorragende Rahmenbedingungen: Man kann sich reichlich aussuchen, was ins eigene Auftrags-Portfolio passen könnte. Die Preise sind bei einer solchen Marktkonstellation ohnehin auf Höhenflug.

Da scheint es ins Bild zu passen, was der Gemeinde Deißlingen jetzt widerfahren ist. In einem großen Millionenvorhaben soll die Ortsmitte zu einem Zentrum für viele Gelegenheiten mit Einkaufen, Dienstleistungen, Wohnen und Arbeiten gestaltet werden. Doch nach einer mehrjährigen gründlichen Planungsphase sprühen gleich schon zum Einstieg ins bauliche Geschehen die Funken. Die für die Erschließung auserkorene Baufirma hat zu ihrem vor geraumer Zeit abgegebenen Angebot den Schwanz eingezogen. Gut 600.000 Euro – statt 2,51 sind nun die 3,14 Millionen Euro des zweitgünstigsten Bieters an der Reihe – stehen so für die Gemeinde im Feuer. Da hat nicht nur der Kämmerer kräftig zu schlucken. Das trifft selbst in Zeiten, in denen die Gewerbesteuer außergewöhnlich sprudelt, hart. Da fällt dem gesamten Gemeindeparlament die Kinnlade runter. Und es darf gerätselt und spekuliert werden, weshalb das im Rahmen einer Ausschreibung abgegebene Angebot urplötzlich nichts mehr wert sein soll.

Rainer Christ, der für die Villinger BIT Ingenieure AG die Deißlinger Projektentwicklung managt, hat auf Nachfrage vom Baubetrieb die Antwort bekommen, dass der Unternehmer "mit den Preisen nicht mehr klarkommt", wie er im Deißlinger Gemeinderat betont. Dies auch mit der Bemerkung garniert, dass das zurückgezogene Angebot sich im Rahmen der eigenen Kalkulation bewege. Mehr könne er dazu auch nicht sagen, erklärt der Ingenieur.

Müsse da nicht eine Neuausschreibung her, kommt die Rückfrage vom Ratstisch. Da macht auch das Mienenspiel des Bürgermeisters schnell klar, dass man – realistisch betrachtet – in einer Kostenfalle sitzt. Bei so etwas zu klagen, kann unter dem Strich teuer werden. Eine Neuausschreibung bei einer weiter nach oben weisenden Spirale für Baupreise ebenfalls. Und dann ist da noch der Druck, hinsichtlich der baulichen Erschließung endlich in die Pötte zu kommen und zeitnah den Spatenstich zu setzen.

So beißt man in Deißlingen in diesen sauren Apfel. Immerhin noch in der Hoffnung, dass sich hinsichtlich einer größeren Altlastenentsorgung günstigere Lösungsideen ergeben, mit denen sich der Preis noch etwas nach unten zonen lässt. Sonst muss der Kämmerer die in einem Fond untergebrachte eiserne Finanzreserve der Gemeinde angreifen.

Der Aufreger ist bei weitem nicht alltäglich. Irgendwie aber doch bezeichnend dafür, dass für diejenigen, die – wie derzeit die Nachfrager von Bauleistungen – am kürzeren Hebel sitzen, der Fahrtwind schnell rauer werden kann.