Von Rumballern kann eine Rede sein: Ehepaaar nimmt Beamte in Schutz.

Rottweil - Ja, es hat kräftig geknallt. Ja, die Schüsse mitten in der Innenstadt kamen aus einem G3. Und ja, besonders überlegt war die Aktion offensichtlich nicht. Das Paar Chris Blomen-Pfaff und Andreas Seger haben die Salutschüsse der Rottweiler Polizisten am Donnerstag vor dem Turmfest unmittelbar miterlebt. "Von Rumballern", wie in anderen Medien zu lesen war, könne aber keine Rede sein.

Sie wohnen in Bad Ems, sind in Rottweil zu Besuch, und sitzen am besagten Freitag vor einem Café in der Fußgängerzone. Es regnet, sie sind die einzigen Gäste im Außenbereich. Zwei Polizeifahrzeuge fahren gegen 20 Uhr mit Blaulicht durchs Schwarze Tor, parken, vier uniformierte Beamte steigen aus. "Erst dachten wir: Was machen die denn da?" Die Polizisten lachen, die Stimmung ist gut. Schnell wird klar, dass es sich hier nicht um einen Einsatz handelt.

Beginn und Ende

"Einer der Polizisten holte vom Rücksitz eines Fahrzeuges ein Teil, welches wie ein Schnellfeuergewehr aussah. Er rief uns aus einer Entfernung von etwa zehn Metern sinngemäß zu: ›Haltet euch mal die Ohren zu, es wird gleich laut!‹ Im nächsten Moment, zu schnell, um uns zu schützen, zerriss ein sehr lauter Schuss die abendliche Stille", schildert das Paar die Situation gegenüber unserer Zeitung. Es knallt noch mal gen Himmel. Dieses Mal sind die zwei gewarnt, sie halten sich die Ohren zu.

Für diese beiden Salutschüsse, die den Beginn und das Ende einer Dienstzeit symbolisieren sollen, stecken die Beamten in den kommenden Tagen viel Kritik ein – nicht nur aus den eigenen Reihen. Auch das Paar betitelt diesen Teil der Aktion als ein absolutes "No Go".

Was dann aber an jenem Abend folgt, zeigt noch eine andere Seite dieses Vorfalls. Unter den vier Beamten befindet sich ein Polizist, der vier Jahrzehnte lang im Streifendienst tätig gewesen ist. Dieser Tag ist sein letzter vor der Pensionierung. Obwohl er gesundheitlich angeschlagen ist, hat er sich in all den Jahren nie "weggeduckt", ist immer im Schichtdienst geblieben, schildern seine Kollegen. Er ist beliebt; wohl das, was man einen "guten" Polizisten nennt.

Ein letztes Mal fahren seine Kollegen an diesem Tag mit ihm Streife durch "sein Revier". Über Funk wünschen ihm Kollegen des Polizeipräsidiums Tuttlingen alles Gute für den Ruhestand. Im dortigen Führungs- und Lagezentrum weiß man von der "Ehrenrunde", man hat sie angekündigt. Die Fahrt geht am Bahnhof vorbei, ein paar Mal durch die Innenstadt, schließlich zum Schwarzen Tor. Immer mit Blaulicht, ohne Signal. Der Fast-Pensionär ist eng mit der Rottweiler Fasnet verbunden. Was liegt da näher, als ihn am Schwarzen Tor einen gebührenden Abschied zu bereiten?

Letztes Mal in Uniform

Der Schichtführer findet vor Ort die passenden Worte. Die Situation geht Beobachtern ans Herz. Handys werden gezückt, Fotos geschossen. Ein letztes Mal in Uniform, mit den Kollegen, alle zusammen vorm Rottweiler Wahrzeichen. Zehn, 15 Minuten dauert die "Verabschiedung". Zwischen den Beamten und dem Ehepaar kommt es zu einem netten Wortwechsel. Man wünscht sich einen schönen Feierabend. "Dann steigen die Polizisten in die beiden Autos und fahren nach unten durch die Hauptstraße davon."

Von den Schüssen abgesehen, hat das Ehepaar für die Aktion und für die Beamten "viel Verständnis". Deshalb melden sie sich einen Tag später auch im Rottweiler Revier und schildern ihre Sicht der Dinge. "Rumgeballert wurde definitiv nicht."

Die Verabschiedung im Herzen von Rottweil sei als nette Idee gedacht gewesen, erläutert einer der beteiligten Beamten gegenüber unserer Zeitung. "Wir wollten niemanden erschrecken, sondern dem Kollegen eine Freude bereiten." Mit etwas Abstand gibt er aber auch unumwunden zu: "Die Salutschüsse waren eine spontane Idee. Und sicher nicht die cleverste."