Das Sonnendach der Liege auf Arno Pfrienders Terrasse hat es in Fetzen gerissen. Viele Pflanzen sind dahin. Und sein erst zwei Jahre alter Mercedes hat ordentlichen Hagelschaden. Foto: Otto

Kaputte Autos, zerstörte Gärten: Bis zu vier Zentimeter große Körner prasseln vom Himmel herunter.

Rottweil - Am Tag nach dem großen Hagel folgt das große Aufräumen: Säckeweise Laub wegkarren, die Reste des Gartens sortieren und die Dellen am Auto zählen. Das Unwetter am Freitagabend hat Rottweil voll erwischt. Bis zu vier Zentimeter große Körner schossen vom Himmel herunter.

Als Arno Pfriender nach den ersten Minuten des Unwetters die Haustür aufmachen wollte, stand der Hagel schon zentimeterhoch. "Ich musste erst mal eine Schaufel holen", erzählt der Rottweiler, der in der Fritz-Osterburg-Straße wohnt – mitten in dem Unwetterstreifen, der sich am Freitag kurz vor 18 Uhr über den nordwestlichen Bereich Rottweils und Zimmern erstreckte.

Während in der Innenstadt nur ein paar Körnchen herunterprasselten, türmte sich der Hagel ein paar hundert Meter weiter innerhalb von Minuten zu einer undurchdringlichen weißen Masse auf. In der Fritz-Osterburg- und der Schwarzwaldstraße kamen Schneeschaufeln und sogar ein Radlader des Bauhofs zum Einsatz. Manche Straßen, wie jene in Richtung Neckartal, verwandelten sich in weiße Sturzbäche.

"Ruckzuck waren die Straßengullys verstopft und das Wasser lief die Straße hoch", erzählt Arno Pfriender. Alle drei Autos der Familie wurden beschädigt, die Sonnenliege ist zerfetzt, die Pflanzen demoliert, das Gewächshaus ist mit Rissen in den Scheiben davongekommen, das Glasdach der Werkstatt dagegen hat einige Einschusslöcher.

"Wenigstens ist das Dachflächenfenster ganz geblieben", sagt ein Nachbar in der Straße, während Enkel Louis betrachtet, was vom Garten übrig geblieben ist. Wo üppige Blumenrabatten standen, ragen nur noch kurze, grüne Stummel in die Höhe. "Das war mal eine Hortensie", erklärt die Oma.

Auch ein paar Häuser weiter hat der Hagel ganze Arbeit geleistet. "Jetzt ist geerntet", scherzt der Besitzer. In den vergangenen Jahren sei man in Rottweil immer davongekommen. "Jetzt hat’s uns erwischt – aber es hätte auch schlimmer kommen können. Die Ziegel sind alle noch ganz." Er und viele andere Nachbarn der Rottweiler Siedlung haben am Samstag jede Menge Laub und Äste zusammengetragen und weggefahren, kaputte Laternen entfernt, aufgeräumt.

Meteorologen sprechen von einem der schlimmsten Hagelunwetter der letzten Jahre. Mehrere Fernsehsender berichteten aus Rottweil. Die Feuerwehr rückte am Freitag und Samstag insgesamt 15-mal aus, 60 Kräfte waren im Einsatz. Äste blockierten die Straße, es gab etliche vollgelaufene Keller und einen Einsatz im Industriebetrieb Dieterle im Gebiet Hinterprediger. Verstopfte Abflüsse hatten laut Rottweils Stadtbrandmeister Frank Müller dafür gesorgt, dass Wasser in den Maschinenbereich eindrang. Ein Gemisch aus Wasser- und Bohremulsion, das den Boden bedeckte und nach außen zu dringen drohte, musste von der Feuerwehr aufgefangen werden. Das Wasserwirtschaftsamt war vor Ort.

Auch in Zimmern hielt das Unwetter Bürger und alle Abteilungen der Feuerwehr auf Trab. Ab 19 Uhr gab es laut Kommandant Volker Schwab kompletten Stromausfall. Von den Niederschlägen besonders betroffen war Stetten, in der Straße am Bach hat es laut Schwab Schächte angehoben, Wasser drang in Gebäude ein. Zwischen Flözlingen und Horgen sowie zwischen Horgen und Zimmern blockierten Bäume die Straße und mussten weggeräumt werden. Am Samstag entfernte die Wehr außerdem ein größeres Blechteil an der Kirche.

Insgesamt, so Rottweils Stadtbrandmeister Frank Müller, sei man angesichts der Hagelmassen noch mit einem blauen Auge davongekommen. In der Fritz-Osterburg-Straße sieht es am Sonntag jedenfalls auf den ersten Blick schon wieder aus, als wäre nichts gewesen. Reden wird man aber in Rottweil noch lange davon, vom Schneeschaufeleinsatz im Juli.