Quelle: Unbekannt

Zimmertheater zeigt Collage aus Stücken Heiner Müllers

Mit "Germania Schlaf Traum Schrei" nimmt sich das Zimmertheater in der ersten Produktion der neuen Spielzeit den Texten Heiner Müllers an. Am Freitagabend war Premiere.

Rottweil. Zugegeben: Dem Namen läuft der Ruf voraus, allenfalls für Theaterspezialisten oder Literaturwissenschaftler Spannung zu versprechen. Außerdem scheinen Elemente insbesondere mit Bezug zur Sowjet- und DDR-Geschichte teilweise bis hin zur Terminologie heute aus der Zeit gefallen.

Die Befürchtung, "Germania Schlaf Traum Schrei" könnte deshalb zu einer spröden, verkopften Geschichte werden, in der Spiel und möglicherweise sogar Inhalt hinter avantgardistischen Textgestalten verschwinden, ist unbegründet. Die Textcollage hat vielmehr eine Wirkung als Ziel, in der sich alle – die Figuren auf der Bühne, die Spieler, die diese Figuren verkörpern oder erzählen, und die Zuschauer – selbst wahrnehmen können. Die Szenen stammen aus "Germania Tod in Berlin", "Germania 3 Gespenster am toten Mann", "Leben Gundlings Friedrich von Preußen Lessings Schlaf Traum Schrei", "Die Schlacht" und "Verkommenes Ufer Medeamaterial Landschaft mit Argonauten" – hier bricht die Spannung freilich etwas ab, allerdings rundet der Zirkelschlag zur Eingangsfrage das Stück. Sie definieren im Nebeneinander von bizarren Überhöhungen, die die Dramatik brechen, und poetischen Bildern einen Raum, in dem handelnde Personen, das sind gewissermaßen auch die Zuschauer, Position beziehen können.

Das geschieht nicht mit erhobenem Zeigefinger, auch wenn das Bild mit "Klassenzimmer" spielt, Stühlerücken bis hin zum Chaos allerdings nicht ausschließt. Vielmehr lässt Peter Staatsmann in seiner Inszenierung die Spieler die Gestalter von Geschichte in all ihrer Kleinheit agieren. Da ist der greise Fritz, der genau so an der Realität vorbei lebt, wie Hitler, der nur noch sich selbst führt – und zwar in die Ewigkeit. Die angemaßte Größe wird bei ihnen genau so zum obszönen Popanz wie beim Professor, der mit papierner Stimme seine medizinische Heilslehre diktiert. Gegen alle Vernunft, versteht sich. Von den Nibelungen und ihrem Wahrheitschaos ganz zu schweigen.

Die Szenen, die Heiner Müller vorgibt, liefern Möglichkeiten genug, vielschichtig zu agieren, was die Inszenierung durch verschiedene Elemente mit Erfolg betont. Marlies Bestehorn, Steffen Happel, Mariam Jinchardze und Andreas Ricci spielen diese Vorgaben mal reduziert und fast abstrakt, gerne aber auch lustvoll aus. So ergibt sich Gelegenheit genug, ohne Müller-Intimus zu sein, einen Abend zu erleben, bei dem man auch laut hinauslachen kann – und gerne darf.  Die nächsten Aufführungen sind Freitag/Samstag, 26. Oktober, 3./9./10./16./17. November. Beginn jeweils um 20 Uhr. Vor den Freitagsvorstellungen gibt es jeweils ab 19 Uhr eine Einführung.

Weitere Informationen: www.zimmertheater-rottweil.de, Telefon 0741/89 90