Wo sind wir denn hier gelandet? Turmfalken haben sich am Donnerstag auf die Besucherplattform des Aufzugstestturms verirrt. Das Bild wurde durch die innere Glasscheibe des Aufenthaltsbereichs fotografiert. Foto: Naturschutzbehörde

Vögel sitzen auf Plattform in der Falle und finden nicht mehr selbst heraus. Glasfassade ist unüberwindbar.

Rottweil - Sie waren bei den ersten Besuchern der Aussichtsplattform – allerdings unfreiwillig: Drei Turmfalken wurden am Donnerstagmorgen ganz oben auf dem Thyssen-Krupp-Testturm vom Wachdienst entdeckt. Sie saßen hinter der vier Meter hohen Glasfassade des Besucherbereichs in der Falle. Mitarbeiter der Naturschutzbehörde im Landratsamt retteten die Tiere aus ihrer misslichen Lage.

Zuvor hatte der Wachdienst wohl vergeblich versucht, die Vögel nach oben zu scheuchen und ihnen so den Weg in die Freiheit zu zeigen. Denn die Besucherplattform ist nach oben offen. Allerdings ist das für die Tiere nicht ersichtlich. "Die Vögel können nicht erkennen, dass über ihnen der Weg frei ist, sie wollen horizontal wegfliegen", erklärt Joachim Gommel, Vogelspezialist bei der Rottweiler Naturschutzbehörde, der gemeinsam mit einem Kollegen zum Turm geeilt war. Er vermutet, dass sich zunächst ein Turmfalke auf die Plattform verirrt und dann laut gerufen hat – woraufhin ihm zwei weitere folgten. Ein Männchen und zwei Weibchen saßen daraufhin verdutzt hinter der Glasfassade. Turmfalken auf dem Turm – aber eben nicht so, wie man sich das vorstellt.

Joachim Gommel hält es für unwahrscheinlich, dass sich die Tiere am Thyssen-Krupp-Turm ansiedeln wollten. Sie seien wohl in dieser Flughöhe – immerhin 232 Meter – unterwegs gewesen, was nicht ungewöhnlich sei. Einen konzentrierten Vogelzug gebe es im Bereich des Aufzugstestturms aber nicht, betont der Fachmann. Die Glasfassade, die rings um die Plattform führt, könnte sich seiner Ansicht nach aber durchaus als Problem erweisen, weil Vögel, wenn sie erst mal hinter dem Glas gelandet sind, nicht mehr selbst herausfinden.

Bislang sei das allerdings der erste Fall oben auf dem Turm gewesen, sei ihm vor Ort versichert worden. Gegen das viele Glas am Fuß des Turms seien allerdings schon mehrfach Vögel geflogen, weiß Gommel. Auch hier müsse man die Entwicklung weiter beobachten. Er habe für weitere Vogel-Notfälle seine Kontaktdaten dagelassen. Der Wachdienst sei dankbar über die Anlaufstelle und werde sich gegebenenfalls bei ihm melden. "Ich gehe eher davon aus, dass das ein Einzelfall war", sagt Joachim Gommel. Wenn es weitere verirrte Vögel gibt, müsse man aber über eine Lösung nachdenken – beispielsweise ein Netz über der Plattform.

Für die drei verirrten Turmfalken gab es übrigens ein Happy End: Die Männer der Naturschutzbehörde fingen die Tiere vorsichtig einzeln mit Tüchern und einem Karton ein und entließen sie ein Stockwerk höher – im kleinen Bau des Technik-Bereichs, der sich neben der Besucherplattform erhebt – in die Freiheit.

Der Turmfalke ist ein Greifvogel, der hoch gelegene Brutplätze bevorzugt. Er hat sich auch Städte als Lebensraum erobert und ist oft beim Rüttelflug zu beobachten. In Baden-Württemberg gibt es rund 6000 Brutpaare. Insgesamt nimmt der Bestand des Turmfalken jedoch ab, weshalb er auf einer Vorwarnliste für bedrohte Tiere steht.