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Diskussion um neue Konzepte für erwartete Touristenströme wegen Test-Turm und Hängebrücke.

Rottweil - Nach dem Automobilclub Deutschland (ACD) werfen die Grünen einen kritischen Blick auf den künftigen Verkehr in Rottweil. Aber nicht nur sie setzen sich mit den Erwartungen durch Testturm und Hängebrücke auseinander.

In einer gemeinsamen Sitzung machten der Grünen-Ortsvorstand und Gemeinderäte deutlich: Moderne Verkehrspolitik ist für sie weit mehr als bloße Autopolitik. Die vielen Stellschrauben städtischer Verkehre neu zu justieren, sei zwingende Aufgabe einer Stadt, die sich mit Gefängnisneubau, Testturm und möglicher Hängebrücke nun auch touristisch neu präsentiere. Jetzt gehe es darum, wachsende Besucherströme so zu kanalisieren, dass sie Menschen, Stadtbild und Luftqualität nicht belasteten.

Indirekt Schützenhilfe bekommen die Rottweiler Grünen dabei aus dem Nachbarland Schweiz. Dort setzt sich Theo Lauber mit den Plänen für den Testturm und den Besucherpark auf dem Berner Feld auseinander. Mit seiner Firma Swissrope hat er 2012 für die Stadt Schömberg die Hängebrücke Oberhohenberg gebaut. Was das Stellplatzangebot und die Zufahrtsmöglichkeiten auf dem Berner Feld betrifft, äußert er "große Zweifel" und schlägt deshalb vor, nördlich des Turms entlang der B 27 einen Parkplatz anzulegen, der wiederum mit einer Hängebrücke angebunden werden könnte.

Auch die Grünen machen sich Gedanken über möglichst umweltschonende Verbindungen – was den Testturm und die Hängebrücke betrifft, aber auch mit Blick auf das Gefängnis. Dabei bringen sie in ihrer Pressemitteilung nochmals die Vision einer Seilbahn zwischen Bahnhof und Innenstadt auf. Kostengünstig und schnell errichtet ermögliche sie unabhängig von Fahrplänen einen direkten Zugang hoch in die Stadt und umgekehrt Richtung Bahnhof und Nacherholungsgebiet von Neckar und grünem Hinterland.

Zugleich stärke eine Seilbahn als touristische Attraktion den Appetit, hier mit der Bahn anzukommen. Wohlgefällig registrieren die Grünen dabei, dass man bundesweit Seilbahnen als öffentliches Verkehrsmittel ernster nimmt.

Handfeste Lösungen statt Zukunftsmusik

Doch jenseits solcher Zukunftsmusik gehe es jetzt um handfeste Lösungen, wie der Autotourismus künftig in der Innenstadt zu bändigen sein könnte – aus Rücksicht auf die Gesundheit der Anwohner, die historischen Gebäude und das Klima.

Den weithin sichtbaren Testturm machen die Grünen für Autofahrer als das verführerischste Objekt touristischer Begierden aus. "Deshalb müssen die von der Autobahn und Bundesstraßen kommenden Fahrzeuge vorrangig dort parken", forderte Hubert Nowack, Sprecher der Grünen im Stadtrat. Und klar war der Grünen-Runde auch, dass Elektromobilisten dann auf dem Berner Feld unbedingt eine Ladestation brauchen.

Als weiteren Parkraum nehmen die Ortsgrünen den Bereich Stadthalle in den Blick und schlagen einen Shuttle-Bus zur Verknüpfung mit der Innenstadt vor. Da Verkehr ein vernetztes System von Fußgängern, Radlern, Bussen, Bahn und Autos ist, lag es für Grünen-Sprecher Jörg Hügel auf der Hand, dass es noch viel professionellen Hirnschmalz braucht, um der künftigen Stadtentwicklung ein maßgeschneidertes ökologisches Verkehrskonzept zu verpassen. Auch im Radverkehr schlummere noch viel Potenzial.

Im Zusammenhang mit diesen Überlegungen nehmen die Rottweiler Grünen aber auch das Herabstufen der Gäubahn aus dem vordringlichen Bedarf im aktuellen Planungsstand der Bundesverkehrswege ins Visier. "Gerade unsere zukunftsorientierte Stadt muss höchstes Interesse an einem topmodernen Schienennetz zwischen Stuttgart und Mailand anmelden", betonte Frank Sucker: "Es geht nicht um ein Provinzbähnle, sondern um eine Strecke von europäischem Rang." Deshalb sei es aberwitzig, die Gleisdemontage der Nachkriegszeit weiter bis 2030 zu konserviere n. Das sei gegenüber den Bahninnovationen der Schweiz eine Blamage. Je komfortabler man per Zug reise, argumentieren die Grünen, desto mehr wählten dann auch dieses Verkehrsmittel, um Rottweil zu erleben.