Aus seinem Dornröschenschlaf soll der Stadtgraben erweckt werden. Im Frühjahr beginnen Arbeiten – eine Ausgleichsmaßnahme für den Testturm. (Archivfoto) Foto: Otto

Grünprojekt: Ausgleichsmaßnahme im Stadtgraben beginnt im Frühjahr. Kostenfrage beschäftigt Rat.

Rottweil - Will sich Rottweil nun die Möglichkeit offen halten, eine Landesgartenschau oder ein Grünprojekt auszurichten? Bei aller Sympathie für die verheißungsvollen Aussichten – die Kosten lassen die Räte ins Grübeln kommen. Der Hang am Stadtgraben zwischen Neckar und Stadtmauer wird im Frühjahr aus seinem Dornröschenschlaf erweckt werden. Soviel ist jedenfalls schon mal klar, denn es ist als Ausgleichsmaßnahme für den Bau des Testturms durch ThyssenKrupp nicht nur bereits beschlossen, sondern auch durch das Unternehmen finanziert. Gemeinsam mit Stephanie Siegel aus der Abteilung Stadtplanung stellten Johann Senner und Christin Grob von Planstatt Senner den Mitgliedern des Umwelt-, Bau- und Verkehrsausschuss (UBV) die geplanten Maßnahmen vor.

Bürgerspaziergang

Bürger können sich am Samstag, 12. Dezember, bei einem Spaziergang entlang des Stadtgrabens informieren – über die Historie des Stadtgrabens ebenso wie über die künftige Entwicklung und die geplante Ausgleichsmaßnahme an der Stadtmauer unterhalb des Spitals. Treffpunkt mit Stephanie Siegel und Kurt Faupel von der Stadtverwaltung sowie Johann Senner und Mitarbeitern ist um 14 Uhr am Kapuziner in der Neutorstraße.

"Es geht darum, das aufzuwerten, was schon da ist." So knapp und pragmatisch leitete Fachbereichsleiter Lothar Huber in der Sitzung am Mittwochabend in die Diskussion über das grüne Potenzial Rottweils ein. Die große Überschrift liefert die Rahmenkonzeption "Grünentwicklung & Naherholung". Der Fokus lag dabei auf dem ersten von vier Schwerpunkten: dem Stadtgraben als Ort für die Naherholung.

Hoher Denkmalwert

Beeindruckt zeigten sich die Ausschussmitglieder von der historischen Grobanalyse, die das Büro Senner für den Stadtgraben erstellt hat. Abgesehen von den sehr detaillierten Erkenntnissen über das Gebiet, die Fauna und Flora sowie die Entwicklung im Lauf der Jahrhunderte brachte die Analyse die Gewissheit zutage: der Stadtgraben hat einen hohen Denkmalwert. Für die Pflege des Stadtgrabens oder etwa das Wiederherstellen von alten Wegen lassen sich also "sehr viele Fördertöpfe anzapfen", wie Christin Grob sagte.

Die ersten Ziele der Landschaftsarchitekten sind klar: Die Hänge an der Stadtmauer sollen ausgelichtet werden, denn im Moment ist der Wall vor lauter Bäumen nicht zu sehen. Grob betonte dabei, dass es nicht um einen Kahlschlag gehe, denn die Wurzeln machten zur Hangsicherung schließlich auch Sinn. Gleichwohl macht das Auslichten nicht nur Sinn, um immer wieder den Blick auf die Stadtmauer freizugeben. Es "erhöht auch die Artenvielfalt", erwartet Senner bis in zwei Jahren zwischen 20 und 30 neue Arten. Deutlich machten die Planer, dass es beileibe nicht nur um die Optik geht. "Es ist Gefahr im Verzug", sagte Senner. Schäden an der Stadtmauer oder auch ein hoher Anteil von alten Ästen machten ein Eingreifen aus Gründen der Sicherheit notwendig. Die Stadt müsste also auf jeden Fall tätig werden.

Die Ausgleichsmaßnahme für den Bau des Testturms sieht Christin Grob nun als Startschuss, dem dann weitere Bereiche des Stadtgrabens schrittweise folgen sollten. Auch Oberbürgermeister Ralf Broß sprach von einem "Teil der Gesamtmaßnahme". Reihum zeigten sich die Räte von der Arbeit und den Ideen der Planer beeindruckt. Jürgen Mehl (SPD) verfiel darüber in den "botanischen Konjunktiv". Das klingt dann so: "Ich wünsche mir das Grünprogramm, aber ich wünsche mir auch das Geld dafür."

Die Finanzierbarkeit war denn auch der zentrale Dreh- und Angelpunkt, um den sich die Diskussion im Ausschuss drehte. Günter Posselt (CDU) war es, der aus seiner Erfahrung als altgedienter Stadtrat Wasser in den Wein kippte. Dass der Stadtgraben heute so aussieht, wie er eben aussieht, sei schließlich das Ergebnis der notwendigen Sparmaßnahmen im städtischen Haushalt. Und dabei geht es ihm nicht nur um die primären Kosten für das Herrichten des Grüngürtels an sich.

Frage nach den Kosten

Zentrale Frage für Posselt ist, wie leistungsfähig Rottweil auf Dauer ist. Sprich: Kann sich die Stadt die Pflege auf lange Sicht leisten, oder würden die Hänge und der Stadtgraben schon bald wieder verwildert sein. Für den CDU-Fraktionschef muss deshalb die Finanzierbarkeit mit aufs Tablett. Seinem Antrag, die Entscheidung deshalb zu vertagen, folgte die große Mehrheit des Ausschusses.

"Haben Sie Mut", appellierte Senner und berichtete von seinen Erfahrungen in anderen Städten. "Sie werden erstaunt sein, wie engagiert Ihre Bürger das Thema angehen", wenn es gelingt, sie für das Projekt zu begeistern. Der Bürgerspaziergang am 12. Dezember soll der erste Schritt sein, genau die zu mobilisieren, deren Lebens- und Wohnqualität sich nachhaltig verbessern würde.

Zeigen, wie mutig sie sind und wie grün Rottweil werden darf, müssen die Stadträte nun in der Sitzung am 9. Dezember. Dann geht es um den Antrag der FDP-Fraktion und die Grundsatzentscheidung, ob eine Bewerbung für eine Gartenschau oder ein Grünprojekt in Frage kommen sollen.