Polter-Abend: Zu politischen Befindlichkeiten wird im "Hirsch" kein Blatt vor den Mund genommen

Nahezu voll besetzt war der Hirsch in Flözlingen: Der Kreisverband hatte in FDP-Landeschef Michael Theurer einen Politiker zu Gast, der bei den Jamaika-Verhandlungen zum engsten Kreis gehörte.

Kreis Rottweil. Doch zunächst reflektierte der Rottweiler FDP-Landtagsabgeordnete Gerhard Aden zu den inzwischen abgeschlossenen Hausberatungen des Landes. Beim Zwei-Jahres-Etat von nahezu hundert Milliarden Euro komme die Schuldentilgung zu kurz. Nicht einmal ein Prozent sei als Tilgung vorgesehen, trotz der extrem hohen Einnahmen des Landes, poltert der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion.

Aden ging auch auf die Kreispolitik ein. Der Landkreis habe einen ersten Schritt beim schnellen Internet getan. "Jetzt muss es weitergehen, da muss auch der Bund die Länder unterstützen." Beim ÖPNV lange der Kreis mit 4,3 Millionen kräftig in die Schatulle. So kostet allein die Verbindung Rottweil -Schiltach 800 000 Euro, die Hälfte trage das Land, 50 Prozent der Kreis, an Einnahmen würden 130 000 Euro zu Buche schlagen.

Theurer zeigte sich verwundert über die Vorschläge der Bundesregierung zu kostenlosen Nahverkehren in Herrenberg, Reutlingen und Mannheim, um Grenzwerte der Luftverschmutzung einzuhalten. "13 Milliarden Einnahmen im ÖPNV – ich werde den Verdacht nicht los, dass die GroKo Versprechungen macht, die nachher die Kommunen und Länder bezahlen müssen", ärgert sich der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag.

Zu den sang- und klanglos begrabenen Jamaika-Verhandlungen konstatiert Theurer: "Bei neun von zehn Punkten hat Merkel den Grünen recht gegeben. So waren wir von unserem Ziel, Deutschland zu erneuern, weit entfernt. Früher hat man der FDP vorgeworfen, sie opfert Inhalte für Dienstwagen – heute wirft man uns vor, wir opfern Dienstwagen für Inhalte", lässt der FDP-Obere süffisant wissen.

Und er erläutert: Bei den Freien Demokraten komme Erwirtschaften vor dem Verteilen. Deswegen habe es die klare Forderung gegeben, die kalte Progression und den Soli abzuschaffen. Wenn jetzt – bei den höchsten Einnahmen, die die Republik je hatte – es von der Union als Erfolg verkündet werde, dass es keine Steuererhöhung gebe, komme das einer Verhöhnung der Steuerzahler gleich.

Und weiter sagt Theurer: Zur Forderung der FDP nach einem Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild könne auch aus der Opposition heraus sinnvolle Politik gemacht werden. Eine solche sei den Liberalen zuletzt mit dem Vorschlag gelungen, die Arbeitslosenversicherung abzusenken, denn dieses FDP-Anliegen finde sich im GroKo-Papier wieder.

In der anschließenden Diskussion ging es um die zu hohe Zahl von Abgeordneten in Berlin, um die Frage, brauchen wir Sommer- und Winterzeit sowie um die Flüchtlingspolitik, bei der, so Theurer, "die Bundesregierung europäisches Recht ausgehebelt hat".