Der Illustrator Michael Meier zeigt Mara Haueisen und Nathan Hilser, wie aus einer Bleistiftzeichnung ein gedruckter Comic wird.   Foto: Cools Foto: Schwarzwälder Bote

Wünsch dir was: Mara und Nathan schauen Illustrator Michael Meier über die Schulter

Wenn Mara Haueisen den Bleistift in die Hand nimmt, dann weiß sie ganz genau, was gleich entsteht. "Ich zeichne am liebsten Augen mit verschiedenen Spiegelungen und Ausdrücken", sagt die Dornhanerin. Die 14-Jährige zeichnet in jeder freien Minute. Das war nicht immer so. "So richtig intensiv angefangen hat es erst vor zwei Jahren", erinnert sie sich. Seitdem braucht es kaum mehr als einen Bleistift und ein paar leere Blatt Papier, um sie glücklich zu machen.

Kein Wunder, dass sie von einem ganz Großen lernen wollte: dem Oberndorfer Illustrator Michael Meier. "Wenn ich eine Figur zeichne, fange ich auch immer mit einem Auge an. Die sind das Wichtigste", weiß der Profi. Meier hat Grafikdesign studiert und macht unter anderem Illustrationen für Werbung und Zeitschriften. Außerdem designt er auch Sets und Konzeptillustrationen für Filme, beispielsweise für Roland Emmerichs Apokalypse-Meisterwerk "The Day After Tomorrow".

Kein Wunder, dass Mara ihm bei jedem Strich ganz genau über die Schulter schaut. Dabei ist sie selbst kein unbeschriebenes Blatt. So gab es schon zwei Ausstellungen mit ihren Bleistift-Werken. Dabei hat sie sich ihre Zeichentechnik selbst angeeignet, Bücher gewälzt, viel ausprobiert und dazugelernt. Doch die 14-Jährige weiß auch: Stillstand ist Rückschritt. Außerdem hat sie große Pläne: "Ich will eines Tages Produkte designen". Freie Künstlerin werden? Das ist der Dornhanerin viel zu risikobehaftet. "Da muss man Glück haben", stimmt Meier ihr zu.

Während Mara konkrete Fragen zur Technik hat, ist Nathan Hilser aus Schramberg einfach nur ein riesiger Comic-Fan und will wissen, wie die bunten Bücher entstehen. Asterix und Obelix oder Donald Duck und seine Freunde aus Entenhausen – der Zehnjährige kennt sie alle. Und auch wenn Meier einen Job bei Disney einst ausgeschlagen hat, weiß er doch ganz genau, wie Donald auszusehen hat. Mit wenigen Bleistiftstrichen entsteht die lustige Ente, die sich nur allzu oft als Pechvogel herausstellt. "Zwei Knöpfe und eine Fliege hat er", instruiert Nathan den Illustrator, während Donald immer mehr Form annimmt.

Mara und Nathan haben sich bei unserer Weihnachts-Aktion "Wünsch dir was" beworben. Unsere Zeitung lässt mit Unterstützung der Kreissparkasse Rottweil Kinderwünsche wahr werden. Wünsche, die es nirgends zu kaufen gibt.

Der Zehnjährige bekommt nun selbst den Stift in die Hand gedrückt – und zeigt prompt, dass er ebenfalls kein Anfänger ist. Ehe man sich versieht, tummeln sich viele Donalds und sogar Asterix mit seiner großen Nase auf dem Papier.

Mara versucht sich parallel an einer Ballerina, die ihre Arme in die Höhe reckt. "Die Hände sind immer das Schwierigste", meint Michael Meier. Manchmal erwische er sich selbst dabei, wie er seine Hände in einer gewissen Pose abfotografiere. Und obwohl Meier ein kritischer Lehrer ist, sieht er bei den Kindern sofort: "Da wird was draus".

Als Nächstes zeigt der Illustrator Mara und Nathan sein riesiges Grafiktablett. Wenn er eine Idee hat, zeichnet der Illustrator sie immer zuerst mit Bleistift auf und scannt sie ein. Am Grafiktablett kann er die Linien nachzeichnen, Schatten hinzufügen – "die geben jedem Bild Tiefe" – und dank des virtuellen Radiergummis mit Farben experimentieren. Auch wenn man als Grafikdesigner viel am Computer mache, müsse man gut zeichnen können.

"Ohne das geht es nicht", stellt der Oberndorfer klar. "Man muss in jeder freien Minute alles zeichnen, was man sieht", meint Meier und zeigt den Kindern seine Skizzenbücher. Weite Landschaften, die Alhambra in Spanien, die afrikanische Savanne mit Löwen -– "egal, wo ich bin, langweilig war mir noch nie", meint Meier lachend. Block und Stift sind sein ständiger Begleiter, auch im Urlaub.

Besonders groß werden Maras und Nathans Augen aber, als sie herausfinden, dass der Illustrator nicht nur Comics und Karikaturen macht, sondern auch "Concept Art", also Szenen und Sets für Filme entwirft und zeichnet. "Ich zeichne auf, wie es letztlich auszusehen hat", erklärt er.

Das erfordert vor allem eine Menge Recherche. So musste er für den 2019 erscheinenden Jugendfilm "Die Wolf-Gäng" etwa ein Rathaus entwerfen, in dem "das Böse" wohnen soll. Nach und nach zeichnete Meier Gebäude, Türme und Formationen, bis er zufrieden war. Dass dafür manche schöne Zeichnung letztlich in den Müll geworfen werden muss, weil es nicht zur Idee passt, kommt ziemlich oft vor, erklärt er. "Das Beste ist, wenn man sieht, wie der eigene Entwurf in die Tat umgesetzt und das Set nach deiner Zeichnung gebaut wird."

Dann sind die Kinder wieder gefragt. Es gilt, Meiers Franziskus-Comic zu kolorieren, die dünnen Bleistiftstriche auf dem Grafiktablett genau nachzuzeichnen und auf der freien Fläche kreativ zu werden. Und als Mara und Nathan schließlich den Heimweg antreten, stehen zumindest zwei Sachen fest: Dass gezeichnet wird, sobald sie zu Hause sind, und dass unter dem Weihnachtsbaum hoffentlich ein Grafiktablett liegt.