Die Tochter wurde im Januar erstochen. (Symbolfoto) Foto: Dold

56-Jährige soll Tochter besucht und bei Abschied niedergestochen haben. Frau soll an Schizophrenie leiden.

Rottweil/Hardt - Es bleibt die große Frage nach dem Warum: Am Donnerstag hat der Prozess am Landgericht Rottweil gegen eine 56-Jährige aus Hardt begonnen. In diesem Verfahren gehe es, so Richter Karlheinz Münzer, um den Mord an ihrer 22-jährigen Tochter sowie um den versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung an ihrem 25-jährigen Sohn. Es handle sich um ein Sicherungsverfahren.

Immer wieder ist aus dem Umfeld der Beteiligten zu hören, dass die Mutter ihre Kinder durch diese Taten habe "schützen" wollen. Sie habe gefürchtet, der Ex-Mann der Mutter wolle die Kinder ins Ausland verschleppen. Rational ist diese Erklärung aber nicht, sondern vielmehr der sehr angegriffenen psychischen Verfassung der 56-Jährigen geschuldet. 

Nach dem Mord noch Kaffee getrunken

Staatsanwältin Bettina Körber-Renz trug die Anklageschrift vor. Am 27. Januar habe die 56-Jährige zwischen 14.40 und 15.54 Uhr ihre Tochter im Ulrichsweg besucht. Als die Mutter im Begriff zu gehen war, habe sie sich im Flur umgewandt und ein Haushaltsmesser mit einer zehn Zentimeter langen Klinge gezückt. Sie habe ihrer völlig wehrlosen Tochter zwei Mal in die Brust und ein Mal in den Hals gestochen und das Haus verlassen. Die Tochter sei gegen 17 Uhr gestorben, so die Staatsanwältin.

Anschließend sei die Mutter in die Tennenbronner Mozartstraße zu ihrem Sohn gefahren. Dort habe sie mit ihm und dessen Lebensgefährtin Kaffee getrunken. Um 16.55 war die Mutter im Begriff zu gehen und habe sich vor der Tür nochmals langsam umgedreht. Der Sohn habe gedacht, die Mutter wolle ihn umarmen. Stattdessen zückte sie erneut das Messer und stieß mit voller Wucht zu. Sie habe billigend in Kauf genommen, den Sohn zu töten, so die Staatsanwältin.

Die zehn Zentimeter tiefe Stichwunde sei aber nicht tödlich gewesen. Die Fähigkeit, das Unrecht zu erkennen, sei aber durch die paranoide, halluzinoide Schizophrenie aufgehoben.

Die Mutter habe die Tochter heimtückisch getötet, was als Mord zu werten sei. Zudem habe sie versucht, den Sohn zu töten und habe ihn lebensgefährlich verletzt, was versuchter Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sei. Da weitere rechtswidrige Taten zu erwarten seien, sei eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anzuordnen, so die Staatsanwältin in ihrer Anklageverlesung.

Prozess wird nichtöffentlich fortgesetzt

Der Verteidiger Rüdiger Mack beantragte aufgrund der psychischen Verfassung der 56-Jährigen eine nichtöffentliche Fortsetzung der Verhandlung. Der psychiatrische Sachverständige Charalabos Salabasidis ging auf den sehr labilen Zustand der 56-Jährigen ein. Sie leide an einem lange fest zementiertem Wahn und könne leicht außer Kontrolle geraten. In den vergangenen Wochen sei in der Psychiatrie auf der Insel Reichenau keine erfolgreiche Stabilisierung gelungen.

Richter Münzer gab wenig später den Beschluss bekannt, dass die weitere Hauptverhandlung nichtöffentlich sei. Erst die Urteilsverkündung, die voraussichtlich am Freitag, 2. August, erfolgt, sei wieder öffentlich. Dann würden auch die Grundlagen der Entscheidung mitgeteilt. In diesem Sicherungsverfahren gehe es hauptsächlich um die Schuldfähigkeit. Da es im Laufe der Verhandlungen um Beziehungen im engsten Familienkreis gehe und eine psychische Dekompensation drohe, werde das Ganze nichtöffentlich verhandelt.