So könnte die Hängebrücke in Rottweil aussehen. Am Kommunikationsverhalten von OB Broß üben Stadträte nun Kritik. Foto: kts innovations

Absage an parallele Verhandlungen. Tenor: "So geht man mit seinem Investor nicht um". Mit Kommentar und Stellungnahmen

Rottweil - Die Stadträte sehen mit großer Sorge, wie sich das Hängebrückenbau-Projekt entwickelt. Zum einen wird die dürftige Informationspolitik der Stadtverwaltung gegenüber dem Gemeinderat scharf kritisiert, zum anderen wird der Umgang mit Investor Günter Eberhardt gerügt.

Hinter den Kulissen ist in den vergangenen Tagen und Wochen viel gesprochen worden, seitdem ein zweiter Investor, Joachim Glatthaar, die Bühne betreten hat (wir berichteten). Glatthaar, der bereits durch Mitarbeiter des Fachbereichs 4 (Bauen und Stadtentwicklung) und von Oberbürgermeister Ralf Broß zu Gesprächen empfangen worden war, wurde vom OB als möglichen zweiten, wenn nicht sogar als alleinigen Investor, in  das Projekt eingeführt. Sehr zum Missfallen des bisherigen Investors Brückenbauers, Günter Eberhardt. Im Folgenden lassen wir die Fraktionen und Stadträte zu Wort kommen.

CDU:

Günter Posselt, Sprecher der CDU-Fraktion im Gemeinderat, äußert gegenüber dem Schwarzwälder Bote, "die CDU-Fraktion will den Willen der Bürger im Bürgerentscheid so bald wie möglich rechtssicher umsetzen und den Bau der Hängebrücke realisieren. Die Stadt ist derzeit dabei, zusammen mit dem Investor Eberhardt die Voraussetzungen für die Aufstellung eines Bebauungsplans für die Hängebrücke zu schaffen. Dabei ist es wichtig, dass die Gespräche zwischen dem Investor, der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat offen, verlässlich und vertrauensvoll stattfinden.

Dieses Vertrauen wäre bei parallel laufenden Verhandlungen mit einem anderen Investor nicht unerheblich gestört. Wir hätten für derartige Verhandlungen - ohne Notwendigkeit und vorherige Abstimmung im Gemeinderat - wenig Verständnis. Insoweit sind wir über die entstandenen Irritationen nicht glücklich. Dem Gemeinderat liegen derzeit keine Informationen vor, die eine Kurskorrektur notwendig machen würde. Dementsprechend wollen wir das Ziel zur schnellstmöglichen Umsetzung des Bürgerentscheides weiter verfolgen."

SPD:

SPD-Sprecher Arvid Sassnick sagt: "Nachdem sich eine deutliche Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt für die Hängebrücke entschieden hatte, sollte diese dann auch verwirklicht werden, vorzugsweise mit einem Andockpunkt möglichst weit oben in der Nähe des Dominikanermuseums, so meinen wir. Wenn Herr Eberhardt zu seinem Projekt steht, dann ist dies zu begrüßen, denn wofür hat Rottweil sonst die Mühe eines  Bürgerentscheids auf sich genommen.

In die jetzige,  unseres Erachtens viel zu hoch gekochte Diskussion sollte wieder etwas Abkühlung gebracht werden. Also weg mit dem Kaffeesatzlesen, fort mit der Mienenbeobachtung ("irgendeiner hat so komisch geschaut") und der Begutachtung von Begrüßungszeremoniell ("herzliche Umarmung ist unterblieben") incl. daraus herausgedrechselten Spekulationen über das baldigen Ende der Brückenpläne. Wenn Herr Glatthaar in der Brückensache mitwirken möchte, dann sollte er sich mit Herrn Eberhardt und OB Bross zusammensetzen und ausloten, welcher Weg zum Brückenbau gangbar und vernünftig ist, also auch, ob es  beim bisherigen Brückenplaner allein bleibt oder ein Zusammenwirken mit einem neuen Mitwirkenden überhaupt gewollt ist.

Natürlich ist es wünschenswert, über solche neue Entwicklungen in dieser Sache unterrichtet zu werden, woran auch die Fraktion ein klares Interesse hat! Wir gehen weiterhin davon aus, dass OB Bross den nötigen Handlungsspielraum für die Verwaltung nutzt, um nicht jedes klitzekleine Detail im Tagesrythmus weiterzuleiten, wohl aber wichtige Entwicklungen zeitnah den Fraktionen zur Kenntnis bringt. Im Fall des Interesses von Herrn Glatthaar an der Hängebrücke von Herrn Eberhardt hätte die Fraktion sich eine frühere Unterrichtung allerdings gewünscht."

Grüne:

Hubert Nowack, Sprecher der Grünen-Fraktion teilt mit: "Wir Stadträte sind auf die Zuschauerränge verbannt und können nur den Kopf schütteln, weil ratlos ob der verworrenen Situation." Es gelte nun seitens der Verwaltung, schnellstmöglich Klarheit zu schaffen und die vorhandenen Informationen an den Gemeinderat weiter zu geben. "Herr Eberhardt als williger und offener Partner auch in anderen Fragen, zum Beispiel E-Bike-Stationen, braucht als Unternehmer Klarheit für seine Entscheidungen, wir als Gemeinderäte aber auch! Nicht nur die Brücke braucht ein gutes Fundament."

FFR:

Die Sprecherin von FFR, Elke Reichenbach, schreibt: "Die aktuellen Entwicklungen zum Thema Hängebrücke verärgerten die Mitglieder von FFR in ihrer jüngsten Sitzung am Montagabend. Sie fordern von OB Ralf Broß vehement, mehr Transparenz gegenüber Bürgern und Gremien zu zeigen." "Seit Monaten verhandelt die Verwaltung mit einem zweiten Investor, und der Gemeinderat weiß nichts davon", kritisiert FFR-Stadträtin Heide Friederichs. FFR habe für die momentane Sachlage kein Verständnis: "So kann man doch nicht mit seinem Investor umgehen", wird FFR-Stadtrat Reiner Hils zitiert. "Für FFR ist dies erneut ein Zeichen dafür, dass der OB allzu häufig in Alleinherrschermanier hinter verschlossenen Türen kungelt und keine transparente Verwaltung pflegt", heißt es abschließend.

FDP:

Michael Gerlich schreibt uns: "Wir von der FDP sind sehr daran interessiert, dass die Brücke möglichst bald gebaut wird und zwar in voller Länge. Über die laufenden Verhandlungen hat man uns bisher nicht ausreichend informiert, das meiste wissen wir aus der Presse, zum Beispiel den Namen eines zusätzlichen Investors. Bisher gehen wir davon aus, dass die Firma Eberhardt das Ergebnis des Volksentscheids umsetzt." Stadtrat Jens Jäger war bereits zuvor mit der Forderung an die Öffentlichkeit gegangen, eine Dialoggruppe zu gründen und einzuberufen, da er dieses Projekt gefährdet sehe.

Freie Wähler:

Die Fraktion der Freien Wähler wollte sich am Dienstagabend treffen. Das Thema Hängebrücke stand dabei auf der Tagesordnung, wie Fraktionssprecher Martin Hielscher auf Anfrage äußerte.

Kommentar: Schluss damit

Von Armin Schulz

Der Umgang mit Brückenbauer und Investor Günter Eberhardt und die Informationspolitik der Stadtverwaltung gegenüber Gemeinderat und Öffentlichkeit sind lausig. Zu Recht tadeln die Stadträte taktisches Gebaren und Krisenmanagement der Verwaltung. Es geht schlicht nicht, einem Investor, der seit zwei Jahren redlich bemüht ist, ein mehrere Millionen schweres Projekt in der Stadt zu realisieren, einen weiteren Geldgeber ans Bein zu binden. Das ist unfair und unanständig. Ebenso inakzeptabel ist es, die Stadträte im Unklaren zu lassen. Interessant ist, wer auf die Idee, einen zweiten Investor ins Boot zu nehmen, gekommen ist. Oberbürgermeister Ralf Broß selbst? Oder haben leitende Mitarbeiter in der Stadtverwaltung ihm diesen Unsinn ins Ohr geflüstert? Eine Hängebrücke, zwei Investoren – das kann nicht gut gehen. Schluss damit.