Ist der Bockshof der falsche Ausgangspunkt für die Hängebrücke? Foto: Archiv/Nädele

Michael Grimm plädiert für Projekt mit Mehrwert: Einstieg sollte unterhalb von Kriegsdamm sein.    

Rottweil - Weinhändler Michael Grimm ist einer, der mit seinen Ideen so manches städtische Thema befeuert. Jetzt hat er sich über den großen Stolperstein des Hängebrückeneinstiegs Gedanken gemacht. Und kommt zu dem Schluss: Rottweil braucht eine große Lösung, weshalb der Einstieg am Bockshof keinen Sinn mache.

"Wir Rottweiler haben Ja gesagt zum Testturm. Steht schon. Und wir haben Ja gesagt zur Hängebrücke. Hängt noch. Das Land hat Ja gesagt zu Rottweil und der Landesgartenschau in unserer Stadt. Da geht was", beginnt Grimm sein Gedankenspiel.

Muss Hängebrücke größer gedacht werden?

Rottweil sei bisher in der Außenbetrachtung vor allem Hund und Fasnet. "Aber da geht nun plötzlich mehr. Wir sind es noch nicht gewohnt, in größeren Dimensionen und komplexer zu denken und zu planen. Es braucht unternehmerisches Engagement und entsprechende Flexibilität. Getroffene Entscheidungen müssen bei veränderten Rahmenbedingungen überdacht und eventuell auch korrigiert werden können. Auch im Gemeinderat und der Verwaltung." Muss also nach dem Zuschlag der Landesgartenschau das Projekt Hängebrücke größer gedacht werden? Grimm meint, ja.

"Wir haben damals Ja gesagt zur Hängebrücke und dem Anschluss an die Stadt am Bockshof. Aber ist diese Variante heute noch richtig? (...) Ich habe beim Bürgerentscheid klar für die Brücke gestimmt. Alles andere war für mich vage und offen. Wir brauchen eine attraktive Verbindung vom Areal Berner Feld zur Innenstadt. Ohne Frage. Ein optimaler Shuttle-Service als Option für die Besucher wäre bereits jetzt dringend erforderlich. Und wir brauchen etwas wie eine Hängebrücke."

Bockshof für Grimm nur zweitbeste Lösung

Für Grimm sei der Bockshof nur die zweitbeste Lösung. "Es sprechen für mich mehrere Gründe für eine alternative Variante. Zum einen geht es nun nicht mehr nur darum, den Turm durch eine Brücke mit der Stadt zu verbinden. Vielleicht hätte man früher schon umfangreicher denken sollen. Aber nun, durch die Landesgartenschau, braucht es eine große Lösung."

Für Grimm spielt die schwierige topografische Lage der Rottweiler Innenstadt eine enorme Rolle – sowohl was die Touristenströme als auch der demografische Wandel in Rottweil betrifft. "Wir liegen am Hang! Und bei Entscheidungen muss den Bedürfnissen auch der älteren Besucher Rechnung getragen werden. (...)"

"Wir müssen die Verweildauer der Besucher in unserer Stadt maximieren. Unsere Topografie macht es den Besuchern nicht einfach. Diese Tatsache müssen wir bei Entscheidungen berücksichtigen. Früher baute man Städte bewusst auf Anhöhen, um es den angreifenden Fremden schwer zu machen. Nun will man die Fremden haben. Und wenn die Bockshof-Aussteiger direkt am Tafelladen vorbei über den Friedrichsplatz laufen, gehen sie nicht gerade durch unsere romantischste Ecke. Und selbst wenn, stehen sie nur an der Hauptkreuzung und immer noch zu tief. Allein aus diesem Grund sollte der Ein- und Ausstieg auf Stadtseite so hoch wie möglich liegen."

Brücke als Bindeglied zwischen Turm und Stadt

Die Brücke solle – so Grimms Vision – keine zentrale Attraktion neben dem Turm sein, sondern Bindeglied zwischen Turm und Stadt. "Aber ein extrem wichtiges. Andere Hängebrücken beginnen im Wald und enden im Wald. Anders bei uns. Die Brücke ist quasi die Aorta zwischen ›Siedlung‹ Berner Feld und dem Herzen unserer Stadt."

Grimm sieht außerdem das Stadtmarketing gefragt: "Schon am Einstieg auf der Turm-Seite sollten Infos über Rottweil präsentiert werden, um die Besucher neugierig zu machen. Am Ausstieg Stadtseite sollten umfangreiche Informationen, Wegweiser und Richtungshinweise angebracht sein. Ein Info-Zentrum mit Aufenthaltsgelegenheit. (...)" Dass all dies am Bockshof umgesetzt werden könnte, bezweifelt Grimm zurecht. Er betont, dass es bei der Suche nach einem geeigneten Einstieg nicht allein ums "Andocken" gehen könne. Vielmehr brauche es eine Infrastruktur mit Mehrwert.

Der passende Einstiegspunkt zur Brücke sieht Grimm am Kriegsdamm: "Eine zusätzliche Stütze genügt, um parallel der Stadtmauer, am Bockshof entlang und unter der Straße Kriegsdamm hindurch am Areal (Anm. der Redaktion: bislang Parkplatz) vor dem Parkhaus anzukommen. Durch eine Treppe, Rolltreppe oder einen Aufzug kämen die Besucher auf Ebene 0 in ein luftiges Atrium (mit einem Café, Infos zur Stadt und so weiter) und mit großartigem Blick über das Tal am Bockshof vorbei. Der Shuttle könnte hier eine Haltestelle haben."

Mehrkosten kein Argument

Dass eine Verschwenkung der Einstiegstrasse vom Bockshof unterhalb des Kriegsdamms hin für zusätzliche Kosten bei Investor Günter Eberhardt sorgt, ist für Grimm kein Argument. "Wir sprechen von großer Stadtentwicklung, von Neckarstrand und Zukunft. Und wir sind nicht bereit, uns eine Stütze mehr zu leisten, sollte diese Lösung die bessere sein? Der Fußweg der Stadt könnte vom Parkplatz aus dann weiter in Richtung Nägelesgraben und am Gefängnis, Münster und Jambo (Anm. der Redaktion: Café Schädle) vorbei in die Innenstadt gehen. Fast ebenerdig. Die Besucher kämen am Christophorusbrunnen an. Mitten in der Stadt. Genau gegenüber des Stadtmuseums."

Bei der Stadt nachgefragt, was diese von der Grimm’schen Idee hält, antwortet Pressesprecher Tobias Hermann: "Es ist immer begrüßenswert, wenn sich Bürger mit Ideen zur Entwicklung unserer Stadt zu Wort melden und sich einbringen möchten." Hermann gibt allerdings zu bedenken, dass der Investor wiederholt öffentlich erklärt habe, dass er den Ein- beziehungswiese Ausstieg der Brücke im Bockshof verwirklichen möchte. Da liegt Hermann richtig, wie unsere Nachfrage bei Günter Eberhardt zeigt: Der betont, man wolle die Gäste im Bockshof, im Wohnzimmer der Stadt, eben an einem der schönsten Orte Rottweils empfangen – "auf der Erde, nicht unter der Erde und immer mit einer gewissen Bodenhaftung." Unterirdisch – das gefalle wohl vor allem den Maulwürfen am besten.