Gericht: Sieben Männer wegen Rauschgift-Handels angeklagt

Kreis Rottweil (sz). Annähernd 45 Minuten hat Staatsanwältin Annemarie Grimm benötigt, um das Sündenregisfer der Anheklagten vorzulesen: Seit Freitag müssen sich sieben Männer vor dem Landgericht Rottweil wegen Drogenhandels in großem Stil in Geisingen und Tuttlingen verantworten.

Es herrscht ungewohnte Enge im vorderen Bereich des großen Gerichtssaals. Jeder der sieben Angeklagten wird von einem Polizisten oder Justizbeamten bewacht. Hinzu kommen sieben (Pflicht)Verteidiger, drei Dolmetscher und zwei psychiatrische Gutachter. In beiden Anklageschriften sind 16 beziehungsweise 20 Tatvorwürfe aufgelistet, die schwer wiegen.

Demnach sollen die Männer im Alter zwischen 22 und 42 Jahren zwischen August 2017 und November in unterschiedlicher Besetzung bandenmäßigen Handel mit Rauschgift betrieben haben.

Es ging dabei um sehr viel Geld, insgesamt wohl mehrere hunderttausend Euro, zumal die festgestellten Höchstmengen beträchtlich sind: 30 beziehungsweise 40 Kilogramm Marihuana, ein Kilo Amphetamin, 300 Gramm Kokain sowie Ecstasy und LSD in unbestimmten Mengen.

Auf die Schliche kamen ihnen verdeckte Ermittler, mit denen sie mehrfach gedealt hatten. Die Festnahmen erfolgten überwiegend im November 2017. In zwei Fällen auch Anfang 2018.

Seither sitzen die Beschuldigten in Untersuchungshaft. Fünf der Angeklagten wohnten in Geisingen, zwei stammen aus dem Ort. Zentrum der Aktivitäten war offenbar die frühere Gaststätte Mond.

Fünf der sieben Angeklagten schildern am ersten Verhandlungstag bereitwillig ihre Lebensgeschichte. Alle sind drogenabhängig und so gut wie allen ist klar, dass sie ihre Sucht nur mit einer Therapie besiegen können.

Die Schicksale der Angeklagten

Ein 23-Jähriger aus Albanien wollte eigentlich nur nach Deutschland kommen, um sich ein Auto zu kaufen. Er war in seiner Heimat schon als 15-Jähriger mit Drogen in Kontakt gekommen, absolvierte trotzdem das Abitur.

Nach einem Jahr Ausbildung hatte er "keine Lust mehr", ließ sich von den Eltern aushalten, nahm Gelegenheitsjobs an, landete im September 2017 in Geisingen und rutschte schnell in die Drogen-Szene ab, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen.

Ein 42-Jähriger ist in der Heimat seiner Eltern, der Türkei, und der Schweiz aufgewachsen. Später ging er nach Ungarn, wo er seine Frau kennenlernte und schließlich nach Geisingen, wo er als Schweißer einen Job fand. Der Tod des Vaters mit 44 habe den damals 19-Jährigen völlig aus der Bahn geworfen, berichtet der Mann ruhig.

So geriet er – psychisch ohnehin labil – an Drogen. Davon kam er trotz "zweier wunderbarer Kinder" im Alter von acht und sechs Jahren nicht mehr los.

Ein 33-jähriger Belgier hat ein bewegtes Leben hinter sich. Das Elternhaus nach zwei Hochzeiten und zwei Scheidungen völlig zerrüttet, totale Abkehr vom Vater, frühe Drogen-Erfahrung, verschiedene Jobs, Krankheiten, immer wieder Drogen.

Ein 22-Jähriger Geisinger berichtet über seine ADHS-Krankheit, Konzentrationsmängel, über sein Scheitern im Beruf, die Scheidung der Eltern, die Abkehr vom Vater bis hin zum Wechsel des Nachnamens und zur Drogen-Abhängigkeit seit 2015.

Ein 23-jähriger Geisinger hatte zwar eine intakte Familie und eine abgeschlossene Berufsausbilung, trotzdem geriet er mit 18 mit Drogen in Kontakt, es wurde immer mehr. Da komme er nur mit einer Therapie wieder heraus, sagt er.

Der Prozess wird am 7. September fortgesetzt.