In mehreren Gruppen tauchen gestern die Besucher in die Geschichte des Kraftwerks im Neckartal ein. Foto: Schwarzwälder Bote

Ferienzauber: Inszenierte Führungen lassen die Besucher in die Geschichte des Bonatz-Baus eintauchen

Rottweil. Zumindest einmal im Jahr ist das Kraftwerk im Neckartal nicht nur Veranstaltungsort, sondern gewissermaßen selbst Hauptdarsteller: Wenn beim Ferienzauber die inszenierten Führungen anstehen, ist das für manche ein fester Termin, für andere endlich die Gelegenheit, das markante Gebäude und seine Geschichte kennenzulernen. Und so zieht es auch am Dienstag wieder Hunderte Besucher in den Bonatz-Bau.

Es ist eine ziemlich wechselhafte Geschichte, die da zu erzählen ist. Geführt von den beiden Inhabern des Kraftwerks, Mike Wutta und Thomas Wenger, erfahren die Teilnehmer, die in mehreren Gruppen unterwegs sind, nicht nur von der Hochzeit der Pulverproduktion im Neckartal und der Bedeutung Max von Duttenhofers für die deutsche Wirtschaftsgeschichte. Das von Duttenhofer entwickelte raucharme Schießpulver, war auch im Krieg erste Wahl und machte sprichwörtlich "Kohle", mit der der Kommerzienrat einen repräsentablen Lebensstil führte, vor allem aber in damalige Zukunftstechnologie investierte. Als Finanzier von Daimler, Maybach und Zeppelin sicherte er sich einigen Einfluss.

Die inszenierten Führungen beleuchten diese Geschichte. Robert Weippert spielt den durchaus selbstbewussten und in die höchsten Kreise bestens vernetzten Max von Duttenhofer. In diesem Jahr wird besonders die Beziehung zu Zeppelin akzentuiert. Klar, mit dem Thyssenkrupp-Testturm fast in Rufweite bietet sich das an. Denn das neue Bauwerk auf dem Berner Feld ließe sich prima als Landemast für Zeppelins "fliegende Zigarren" nutzen – hätte da nicht ein Unwetter das Luftschiff zwischen die beiden Schornsteine des Kraftwerks gedrückt.

Dieses stand zu Max Duttenhofers Zeiten zwar noch gar nicht, aber historische Genauigkeit ist auch nicht das Ziel der Inszenierung. Vielmehr bekommen die Besucher einen Eindruck von der funktionalen und ästhetischen Qualität des Baus, der Bedeutung der Fabrik – und dem Niedergang: Der Abriss war vor 20 Jahren nicht mehr fern. Aus einer eigentlich ruinösen Anlage ist seither, und das ist die neue Blüte, Stück um Stück ein vielfach ausgezeichnetes Veranstaltungsareal gewachsen, das international Beachtung findet. So hat sich das "Produkt" geändert, die Wirkung, die von diesem Ort ausgeht, allerdings bleibt.