Sucht: Teilnehmer eines Nichtraucherkurses macht für jede Zigarette einen Strich – bis heute.

Rottweil - Jahrzehntelang rauchen und von heute auf morgen aufhören? Das geht, sagt Doris Mehren-Greuter, die einen Nichtraucherkurs anbietet. Wir haben einen Kandidaten ein Stück weit begleitet – mit offenem Ergebnis.

Die Vorbereitungen für den Tag, an dem er ganz aufhören möchte, laufen. Der heutige Dienstag soll es sein. Alle Aschenbecher und Zigaretten werden am Vorabend aus der Wohnung verbannt. Robert Maier (Name von der Redaktion geändert) hat sich einen Tag herausgesucht, an dem er nicht als Taxi-Fahrer unterwegs ist. Daheim falle es ihm leichter, auf das Rauchen zu verzichten, sagt er. Er hofft, dass er es schafft. "Aber nicht mit aller Gewalt", betont er.

"Aufhören ist möglich" – das ist auch die Botschaft von Doris Mehren-Greuter, die sie den Interessierten bei einem offenen Informationsabend für einen Nichtraucherkurs am 18. Januar nahe bringt. Viele von ihnen haben schon einiges unternommen, um vom Rauchen wegzukommen: Nikotinpflaster, Hypnose, Selbstversuche – allerdings ohne dauerhaften Erfolg. Oft sind es Schicksalsschläge, die zum Rückfall führen – so auch bei Robert Maier, dessen Geschichte wir erzählen.

"Den festen Willen habe ich schon", sagt Maier bei einem ersten Treffen in einem Café in Rottweil eine Woche nach dem Informationsabend. Er trinkt währenddessen zwei Tassen Kaffee, isst einen Kuchen. Rauchen wird er während des Gesprächs nicht, auch danach nicht. "Fünf bis sechs Zigaretten am Tag reichen mir momentan", sagt er. Unruhig oder nervös wird er nicht, wenn er nicht raucht. Früher hat er deutlich mehr geraucht, bis zu 30 Zigaretten am Tag. Für sechs Jahre hat er es zwischendurch geschafft, ganz aufzuhören.

Nikotinpflaster hat nichts gebracht

Doch vor gut drei Jahren hat er wieder angefangen. Nicht ohne Grund: In seinem Bekanntenkreis habe es einen Todesfall gegeben, schildert er. Junge Leute, die er schon lang kenne, seien vergiftet worden. Das hat ihn so mitgenommen, dass er wieder mit dem Rauchen anfing. Schnell ist es wieder zur Gewohnheit geworden, so als habe er nie aufgehört. Jetzt will er aber endgültig die Finger von den Zigaretten lassen. "Es kostet zwei Stunden am Tag, in denen ich unnütz herumstehe." Was ihn aber vor allem umtreibt, ist die Frage, ob das Rauchen eine Charakterschwäche ist. Und dass er als Raucher, vor allem für die Jugend, kein Vorbild ist. Ums Geld gehe es ihm nicht. Für ihn steht außerdem fest: "Schuld am Rauchen ist man selbst."

Der 64-Jährige, der seit seiner Jugend, bis auf die sechsjährige Pause, raucht, hat es schon mit Nikotinpflastern versucht, die höchstens eine Placebo-Wirkung gehabt hätten. Auf der Suche nach wissenschaftlich fundierten Vorhaben sei er bei einer zweistündigen Hypnose in einer Klinik gelandet. "Es hat funktioniert", sagt er. Die folgende Zeit ohne Zigaretten habe für den Rentner, der aus Oberfranken kommt und noch nebenher als Fahrer arbeitet, mehr Lebensqualität bedeutet. Er habe sich stärker seinen Hobbys wie Fotografie und Wanderungen zugewandt.

Jetzt also der nächste Start in ein rauchfreies Leben. Doch wie? Er hat bei der Krankenkasse angefragt, doch dort hieß es, er müsse sich selbst darum kümmern. Er blieb hartnäckig und bekam das Programm des Nichtraucherkurses zugeschickt, an dem er seit Anfang Februar teilnimmt. "Jetzt liegt es nur noch an mir", sagt er.

Beim Gespräch im Rottweiler Café sagt er, ihm reiche derzeit eine kleine Schachtel (17 Zigaretten) für drei Tage. Seine Strategie: langsam auf null runterfahren, nicht von heute auf morgen. Um sich das Positive am Aufhören selbst "einzubläuen", wie er sagt, arbeitet er mit Zetteln, die er in seiner Wohnung aufhängt.

Es gibt bestimmte Situationen, in denen er bevorzugt raucht. "Wenn es hektisch wird und eine Fahrt nach der anderen ansteht und ich ein paar Minuten Zeit habe, dann rauche ich", sagt Maier. Wenn er aufsteht, ist aber der Griff zur Zigarette nicht das Erste, was ihm einfällt. Aufgrund seiner Willensstärke ist er optimistisch, aufhören zu können. Als krankhaft bezeichnet er seine Nikotinsucht nicht. Vor einem körperlichen Entzug fürchtet er sich auch nicht. "Aber im Kopf muss etwas passieren", ist er überzeugt.

Begleitend zum Nichtraucherkurs hat sich Robert Maier von seinem Arzt das Medikament "Champix" (Wirkstoff Vareniclin) verschreiben lassen. Es soll Entzugserscheinungen hemmen. Auch an der Akupunktur, die vor den Gruppensitzungen stattfinden, nimmt er teil. Ob diese hilft, kann er noch nicht einschätzen.

Nach der ersten Sitzung berichtet er, dass er das Rauchen noch weiter runtergefahren hat. "Drei bis vier Zigaretten am Tag reichen mir", sagt er. In der Sitzung sei es viel um Theorie gegangen. Er bekam eine Infomappe über das Rauchen. "Ich habe einen guten Eindruck von dem Kurs. Ich will ja etwas tun", sagt er.

Dazu gehört eine Strichliste. Für jede Zigarette, die er raucht, macht er einen Strich und notiert Uhrzeit und Anlass. Von jetzt an sollen keine Striche mehr hinzukommen. Ob es klappt, wird sich zeigen.

Info: Diagnose Tabakabhängigkeit

Wenn drei der folgenden Kriterien innerhalb von zwölf Monaten gleichzeitig in Erscheinung getreten sind, spricht man laut AOK von Tabakabhängigkeit: starker Wunsch, Tabak zu konsumieren; Schwierigkeiten, den Konsum zu kontrollieren; anhaltender Substanzgebrauch trotz schädlicher Folgen; Konsum hat Vorrang vor anderen Aktivitäten und Verpflichtungen; eine Toleranzerhöhung wird entwickelt; es tritt bei Verringerung oder Beendigung des Konsums ein körperliches Entzugssyndrom auf