Von der Rettungswache am alten Rottweiler Kreiskrankenhaus aus fahren die in Rottweil stationierten Rettungsdienstler ihre Einsätze. Foto: Scheidel

Betriebsrat im Dauerclinch mit Führungsspitze. Designierter neuer Präsident Ralf Broß wird auch als Mediator gefragt sein.

Kreis Rottweil - Dass ein aktiver und um Mitsprachen kämpfender Betriebsrat oft unbequem für die Chefetage ist, wird im Wirtschaftsleben an vielen "Fronten" sichtbar. Beim Kreisverband des Roten Kreuzes gärt dieser "Sauerteig" seit einigen Jahren. So gibt es ordentlich Stoff für Zoff.

Dass Rettungsdienstleiter Manuel Feilcke nach nur einem halben Jahr in dieser zentralen Führungsposition das Handtuch schmeißt, wird vom Betriebsrat mit seinem Vorsitzenden Michael Török als neuerlicher Beweis für große Defizite bei der Kreisverbandsgeschäftsführung ins Feld geführt. Im Gegenzug attestiert das DRK-Präsidium mit seinem Vorsitzenden Thomas Engeser der Geschäftsführerin Uta Swoboda "gute und mit viel Elan betriebene Arbeit". Dass sie dabei im Eifer des Gefechts auch schon mal übers Ziel hinausgeschossen sei, schmälere ihre Verdienste nicht, betont auch Vizepräsident Peter Schumacher, der auch ausdrücklich ihre guten Verhandlungen mit Kostenträgern wie der AOK lobt. Der Dunninger Bürgermeister ist im Ehrenamt gelegentlich noch selbst als Rettungssanitäter tätig. Nicht nur deswegen gilt er auch in Kreisen der hauptamtlichen Rettungsdienstler, von denen die Kritik an der Geschäftsführung hauptsächlich kommt, als Integrationsfigur, die einen guten Blick auf die Gesamtsituation hat. Und auch der langgediente Geschäftsführer-Vize Dieter Gaus scheint im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten nicht nur aus Loyalität zu betonen, dass das agile Schaffen Swobodas dem Kreisverband gut tue.

Aber woran liegt es dann, dass der fast ausschließlich aus den Reihen der Rettungsdienstler zusammengesetzte Betriebsrat Mängellisten vorlegt, die auf erhebliche Notstände hinweisen? Ein Kardinalproblem ist die Personalsituation. Da ist vieles auf Kante genäht. Der Betriebsrat verweist auf teilweise überbordende Überstundenkonten.

In Einzelfällen sollen über 800 zu Buche stehen. DRK-Schatzmeister Konstantin Tenberken indes weist für 2016 einen Jahresfehlbetrag von 313 000 Euro aus. Die Krux ist offensichtlich: Für die Besetzung aller ausgewiesenen Planstellen reicht das Geld nicht. Die Personalknappheit bringt viele Stressmomente. Der Kleinkrieg zwischen Rettungsdienstlern und Geschäftsführung hat sich bei vielen Punkten manifestiert: Wenn die Geschäftsführerin (im Übereifer?) bei der Installierung einer Schließanlage die Mitsprachenotwendigkeit des Betriebsrats "vergisst", endet dieser möglicherweise sachlich gut begründete und eigentlich von allen mittragbare Schritt – wie vor einigen Wochen geschehen – im Wiederausbau der Einrichtung. Da sind dann schnell mal Gelder im fünfstelligen Bereich "verbrannt". Beim Thema Waschen der Berufswäsche tragen beide Seiten ganz unterschiedliche Sichtweisen zu Markte. Der Betriebsrat reklamiert eine Übervorteilung. Die Geschäftsführerin verweist auf einen Leistungstopf, durch den zumindest indirekt auch das Selbstwaschen abgedeckt sei.

Soll das Gezerfe ewig so weiter gehen? Nein, sagt Uta Swoboda optimistisch. Sie verweist dabei auch auf das aktuelle Mühen von Geschäftsführung/Präsidium und Betriebsrat zur Verabschiedung einer neuen Betriebsvereinbarung insbesondere zu den Modalitäten im Bereich des Rettungsdienstes. Darin steckten Verbesserungen für alle Seiten. Nachdem es lange nicht nach einer Einigung ausgesehen habe, sehe man jetzt zuversichtlich einem Abschluss entgegen.

Török und seine Mitstreiter sind skeptischer. Das tun sie auch in einer längeren schriftlichen Erwiderung auf den Geschäftsbericht 2016 von Thomas Engeser kund, in der mit Kritik nicht gegeizt wird.

Präsident Engeser verabschiedet sich am Freitag, 21. Juli, in der Stadthalle Dornhan (ab 20 Uhr) nach zwölf Jahren vom Vorsitzendenamt. Der Verdruss über das dauernde Hick-Hack hat dem 68-Jährigen den Nerv geraubt, noch weiter für den Posten zur Verfügung zu stehen. Wenn der frühere Rottweiler OB "ohne Wenn und Aber" Flagge zeigt für das Wirken der Geschäftsführerin Swoboda, dann scheut er sich auch nicht, die Frage zu stellen, ob sein manchmal sehr temperamentvolles Auf- und Eintreten für die eigenen Standpunkte kontraproduktiv im Sinne der Verfolgung einer gemeinsamen Sache gewirkt haben könnte. Vielleicht gelinge es ja seinem designierten Nachfolger – dem Rottweiler Oberbürgermeister Ralf Broß – mit etwas diplomatischerem Agieren einen Weg für wieder mehr mentalen Gleichschritt zu beschreiten, sagt Engeser mit einem süffisanten Schmunzeln.

Seit Uta Swoboda vor drei Jahren die Kreisgeschäftsführung von Gerd Gienger übernommen hat, gibt es im Kreis Rottweil mit hauptamtlichen Rettungsdienstlern einen Dauerclinch. Diese Gruppe, von ihrer Funktion her das Herzstück des DRK, stellt aufgrund des Ausgangs der Betriebsratswahl fast umfänglich den Betriebsrat.

Der noch bis Freitag, 21. Juli, amtierende DRK-Präsident Thomas Engeser macht sich zu einer angeblich destruktiven Marschroute der Rettungsdienstler mit dem Betriebsratsvorsitzenden Michael Török mit kräftigen Seitenhieben auch in seinem Jahresbericht 2016 Luft. Durch die unselige Blockadehaltung zu allem und jedem werde der gesamte DRK-Kreisverband mit seinen vielen Ehrenamtlichen beschädigt, poltert Engeser und wird dazu auch in seiner Rede morgen zur Kreisversammlung nicht hinter dem Berg halten.

Dass der erst am 1. Januar 2017 mit viel Vorschusslorbeeren ins Amt gebrachte Rettungsdienstleiter Manuel Feilcke vor einigen Tagen den Job mit der Maßgabe gekündigt hat, demnächst wieder als normaler Rettungsdienstler agieren zu wollen, wird von beiden Seiten sehr bedauert. Präsidium, Geschäftsführung und Betriebsrat verweisen gleichermaßen auf eine Persönlichkeit, dessen Fähigkeiten und Kompetenz auch von Insidern außerhalb des Kreisverbands hoch geschätzt werde. Immerhin bleibe Feilcke als Ausbilder erhalten, sagt Geschäftsführerin Uta Swoboda. Dass sich Feilcke zerrieben fühlte vom Dauerstress in einer unterbesetzten Rettungsmannschaft, scheint ein naheliegender Grund zu sein. Feilcke selbst war für eine Stellungnahme in den vergangenen beiden Tagen nicht zu erreichen.

Der DRK-Kreisverband Rottweil und seine Ortsvereine leben nicht zuletzt vom Engagement vieler Ehrenamtlicher. Hauptamtlich sind im Kreisgebiet etwa 130 Kräfte im Einsatz. Davon laut Swoboda etwa 110 im Rettungsdienst. Die Ausbildungsplätze seien nach wie vor stark nachgefragt und voll besetzt. Durch das neue Berufsbild Notfallsanitäter sei eine Attraktivitätssteigerung erreicht worden. Zivildienstleistende seien früher auch im Rettungsdienst eine wichtige Personalreserve gewesen. Darauf könne man leider nicht mehr zurückgreifen.

Bei der Einsatzqualität bekommt der Rettungsdienst im Kreis Rottweil weiterhin gute Noten. Beim wichtigen Kriterium Einsatzschnelligkeit liegt man über dem Landesschnitt.

Zwistigkeiten bei einer Einrichtung wie dem Roten Kreuz machen schnell besonders öffentlichkeitswirksam die Runde. Zumal wenn sich Rettungsdienstler mit verbitterten Standpunkten zu miesen Zuständen im Kreisverband zu Wort melden. Ein Betriebsrat, der sich nichts gefallen lässt und um seine Rechte genau Bescheid weiß, trifft auf eine schaffige Geschäftsführerin mit großem Vorwärtsdrang. Und dann ist da noch eine Haushaltssituation, bei der es immens schwer fällt, den umfangreichen Aufgabenkatalog mit angemessener personeller und materieller Ausstattung abzuarbeiten. So gibt es immer wieder ordentlich Konfliktpotential. Gute Streiter für ein gedeihliches Miteinander wollen alle beteiligten Seiten sein. Kompetenz dafür scheint es genügend zu geben. In Sachen Teambuilding ist allerdings noch ziemlich viel Luft nach oben.