Foto: Schnekenburger

Sonniger Festivalauftakt für 30. Rottweiler Jazzfest. Bands spielen in Museum oder Kneipe.

Rottweil - Die Stadt hat sich ganz in Turmschale geworfen: Fahnen zeigen abstrahiert die nach oben strebenden Aushänge-Bauwerke. Es herrscht reger Betrieb am Sonntag in der Innenstadt. Damit erwischt das 30. Rottweiler Jazzfest einen Auftakt nach Maß.

Das Jahr der Türme hat viele Gesichter. Eines davon hat auch das Jazzfest geschminkt. Die große Auftakt-Sause beginnt am Hochturm. Da gibt sich das Festival quasi mit Reminiszenz an die "Turmbläser"-Tradition ganz dem Erbe verpflichtet. Und die Stadt lässt unterdessen mit Turm-Devotionalien das Jahresmotto zum ständigen Begleiter avancieren: Die kleinen Anhänger verlängern die Präsenz in diesem Fall des Hochturms auch für den Fall verdeckter Sicht bis zu Hals-, Arm- oder Fußkettchen und Uhrenarmband. Auch wenn der Verschluss Fragen ob der Halbwertszeit dieser Präsenz offen lässt – er lässt sich allzu leicht öffnen –, ein schönes Detail an einem Sonntag, an den ein plakatives Moment besonders prägt: sonniges Frühsommerwetter.

Das sind beste Voraussetzungen, um aus "Jazz in Town" 2017 wieder einmal eine unbeschwerte Party zu machen, eine, die die ganze Innenstadt in Bewegung bringt. Nicht etwa, weil "The Ballroom Shakers" mit Sängerin Donniele Graves in den Abendstunden vor dem Alten Rathaus überlaut gewesen wären, immerhin hielten sie zahlreiche Besucher lange vor Ort, und auch die anderen blieben auf ihren Erkundungstouren doch immer wieder am Rathaus hängen –, sondern weil das Wetter die Besucher nicht in einer Lokalität festhält.

Apropos Lokalität: Da ist wieder das ganze Programm geboten. Vom Museum bis zur Kneipe. Und obwohl Locations wie der Sonnensaal, wo erst "Blosmaschii" und dann "The Soulmachine" viele Besucher ziehen, oder auch die Etage 2, wo man wegen eines Bandscheibenvorfalls ziemlich kurzfristig umorganisieren musste und statt "Intakt" gewissermaßen deren Akustik-Duo-Mobilvariante "Man and Me" spielen ließ und später mit Figa und Schuss auch stimmungsmäßig auf der sicheren Seite war, viele Besucher binden, es bleibt voll in den Lokalen. Gleich gegenüber der Etage im neuen "Soluna", wo "Blue Mama & Friends" Bluesrock spielen, im "Rädle" bei Werner Nörenberg und Joo Aiple sowieso, im "Goldenen Apfel" sieht es auch so aus, und wer ins "Harp" will, braucht ein gewisses Maß an Ausdauer – außer man kommt zur Pause.

Doch noch ist es nicht so weit. Am Nachmittag und frühen Abend ist die Bühne vor dem Alten Rathaus Dreh- und Angelpunkt. Und auch Treffpunkt der Linien, die von Hoch- und Kapellenturm her zusammenlaufen, von wegen Jahr der Türme. Jedenfalls machen sich "The Louisiana Funky Butts" tapfer auf den Weg, um den Menschen den Jazz in die Stadt zu bringen. Kennen sie hier schon, wie wenig später die Jugendkapelle der Stadtkapelle zeigt. Und noch viel Musik sollte es an diesem Abend geben. Dieses Jahr übrigens wieder einmal vor beeindruckender Publikumskulisse, nachdem in den vergangenen Jahren die Menschen entweder gar nicht in die Stadt kamen, oder sich, wenn sie mitmachen wollten, schnurstracks in eine der Kneipen verzogen und dort vor Ablauf einiger Stunden nicht mehr heraus kamen.

Es passt alles, entsprechend entspannt bis begeistert wirken auch die Verantwortlichen. Jazzfestvereins-Vorsitzender Simon Busch begrüßt die Besucher und macht Lust nicht nur auf die Kneipennacht, sondern auch auf die kommenden Konzertabende in der Alten Stallhalle. Auch Oberbürgermeister Ralf Bross ergreift das Wort und verweist auf das kulturelle Angebot – und das Jahr der Türme.

Zwischenzeitlich machen sich die Eingangsteams auf den Weg zu ihren Dienststellen. Geschützt von in diesem Jahr vollkommen überflüssigen Wetterjacken, bepackt mit Eintrittsbändeln, gespannt auf den Abend.

Rechnet man die Helfer beim Rathaus dazu sind in dieser Nacht rund 120 Leute in Sachen Organisation und Abwicklung von Jazz in Town unterwegs. Und die sind auch dringend nötig, denn es kommen viele Besucher. So viele, dass mancherorts bereits kurz nach 21 Uhr die Eintrittsbändel ausgegangen sind. Insgesamt rund 3300 zahlende Besucher zählen die Veranstalter. Dazu kommen jene, die einfach nur in der Fußgängerzone mitgefeiert haben. "Was ein Start! Mehr als 600 Besucher mehr als 2016, so kann es weitergehen", sagt Simon Busch.