Vor dem Winter drängt die Zeit. Die Schattenseiten – laut Gewerkschaft wächst das Unfallrisiko auf den Baustellen.   Foto: Vennenbernd

Gewerkschaft: Arbeitsschutz fällt Termindruck zum Opfer. Unfallzahlen in Branche viel zu hoch.

Kreis Rottweil - Die Bauarbeiter aus dem Kreis Rottweil haben alle Hände voll zu tun: Die Branche brummt. Allerdings steigt gerade vor dem Winter das Unfallrisiko auf den Baustellen.

Im vergangenen Jahr entstanden 409 Wohnungen – das entspricht einem Plus von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dies teilt die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt mit. Die IG BAU beruft sich hierbei auf Zahlen des Statistischen Bundesamts.

Aber das hohe Bau-Tempo bedeutet auch eine Zunahme des Unfallrisikos. Nach Beobachtung der Gewerkschaft steigt mit der Zahl der Aufträge häufig auch die Unfallgefahr. "Gerade jetzt zum Winteranfang müssen viele Projekte fertig werden. Auch das nasskalte Wetter erhöht das Unfallrisiko. Viele Stellen werden rutschig und Stürze sind die Folge. Dieses ›Turbo-Bauen‹ führt zu enormem Stress für die Beschäftigten. Dabei sind Stress und Arbeitsdruck Hauptursachen für Unfälle auf der Baustelle", berichtet Lukas Oßwald, Vorsitzender der IG BAU Südbaden.

Arbeitsschutz fällt Termindruck zum Opfer

Allzu oft drohe der Arbeitsschutz dem Termindruck zum Opfer zu fallen. Die IG BAU Südbaden fordert die heimischen Bauunternehmen auf, die Arbeitssicherheit nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. "Wer in einer Höhe von fünf Metern oder mehr auf einer Leiter arbeitet, der riskiert eine Menge. Besser ist da ein Gerüst – auch wenn es den Chef mehr kostet", macht Oßwald deutlich.

Die Unfallzahlen in der Branche seien nach wie vor zu hoch, sagt der IG BAU-Bezirksvorsitzende: Rund 16 700 meldepflichtige Arbeitsunfälle auf baden-württembergischen Baustellen registrierte die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung im vergangenen Jahr.

Ein weiteres Problem: Auf vielen Baustellen fehlt es nach IG BAU-Angaben an Fachkräften, die sich um den Arbeitsschutz kümmern – obwohl dies die Baustellenverordnung vorschreibt. Gerade bei Subunternehmern, die Bauarbeiter aus dem Ausland beschäftigen, suche man in der Regel vergebens nach qualifiziertem Personal.

Dass ein besserer Arbeitsschutz die Baukosten in die Höhe treibt, hält Lukas Oßwald für ein "fadenscheiniges Argument". Die deutsche Bauwirtschaft verzeichne seit Jahren steigende Umsätze – allein im ersten Halbjahr 2017 lag das Plus laut Bundes-Statistik bei über sechs Prozent. "Wer volle Auftragsbücher hat, bei dem muss die Gesundheit seiner Beschäftigten ganz oben auf der Liste stehen", sagt der Gewerkschafter.

Regelmäßige Fortbildungen für Mitarbeiter in Sachen Unfallverhütung seien nötig. Arbeitsschutz könne man lernen: "Die Chefs müssen den Arbeitsschutz vorleben", so Oßwald weiter.