Der Blick auf das Neckar-Center von der Nägelesgrabenstraße aus. Um ein Stockwerk überragt der Bau das benachbarte Spital (rechts im Bild). Foto: Grafiken: Schaudt Architekten

Nägelesgraben: Planung für Neubau biegt auf die Zielgerade. Freie Wähler bleiben mit Kritik alleine.

Rottweil - Der Mietvertrag ist unterschrieben. Der Drogeriemarkt Müller wird vom Friedrichsplatz ins Neckar-Center am Nägelesgraben umziehen. In der Sitzung des Umwelt-, Bau- und Verkehrsausschusses gab es am Mittwoch jedenfalls grünes Licht.

Das Neckar-Center: Seit 2012 hat die Activ-Group als Investor dafür den Auftrag des Gemeinderats, doch von einem Spatenstich ist das Projekt noch mindestens neun Monate entfernt. "Wir haben uns die Zeit genommen", meinte Oberbürgermeister Ralf Broß und verwies wie zuvor bereits Frank Dörflinger, Geschäftsführer der Activ-Group, auf die gemeinsamen Anstrengungen, bei einem "Textiler" das Interesse für 1500 Quadratmeter Verkaufsfläche zu wecken. "Mit ernüchternder Bilanz", wie Broß sagte.

Erfolglose Suche nach einem Textiler

Von der ursprünglichen Absicht, im Erd- und ersten Obergeschoss zwei Geschäfte unterzubringen, mussten sich die Stadträte deshalb gestern endgültig verabschieden. Auch der nochmalige Versuch, mit Hinweis auf den Testturm und die Hängebrücke einen Bekleidungshändler zu aktivieren, blieb erfolglos, wie Dörflinger gestern erklärte. Keine Rede mehr war davon, dass es noch 2015 geheißen hatte, der Drogeriekette sei es wichtig, einen starken zweiten Mieter im Gebäude zu haben.

Im Neckar-Center wird nun der Drogeriemarkt Müller alleine einziehen – mit 1500 Quadratmetern im Erdgeschoss für Drogerieartikel, Haushalts-, Schreib- und Spielwaren, Medien und Parfümerie-Abteilung. "Es ist das große Müller-Sortiment", zieht Dörflinger den Vergleich zur Filiale in Villingen. Darüber sind drei Obergeschosse geplant mit insgesamt 29 Wohnungen, darunter eine Tiefgarage mit 95 Stellplätzen. Und: Der Geschäftsführer verwies gleich noch auf eine Kooperation mit dem benachbarten Pflegeheim über ein Betreuungsangebot für die künftigen Bewohner im Neckar-Center.

Für Karl-Heinz Weiss (FWV) und seine beiden Fraktionskollegen im Ausschuss, Hermann Breucha und Peter Schellenberg, hat diese Planung noch wenig bis gar nichts gemein mit der ursprünglichen Intention des Wettbewerbs. "Wir wollten ein Geschäftshaus mit zusätzlicher Wohnnutzung", kritisierte er, "und bekommen jetzt ein Wohngebäude mit einen Geschäft im Erdgeschoss." Aus zwei Einzelhandelsetagen mit einem Geschoss Wohnungen seien eines mit Handel und drei mit Wohnungen geworden, machte auch Schellenberg deutlich, dass er mit der Entwicklung in den vier Jahren nicht zufrieden ist. Die Freien Wähler hatten deshalb vor, der Activ-Group das Projekt per Antrag wieder zu entziehen.

Allerdings: Die drei Stadträte blieben mit dieser Kritik gestern Abend aber weitgehend alleine. Einzig Jürgen Mehl (SPD) bekannte, "nur mit Baugrimmen zuzustimmen". Ihn treibt dabei aber weniger die Hoffnung auf ein Bekleidungsgeschäft um, als die Tatsache, dass er Entwurf vor knapp zwei Jahren um ein weiteres Geschoss für Wohnungen aufgestockt worden ist – der Rentabilität wegen. Indes kam gestern im Gremium niemand auf die Idee, angesichts des Wegfalls eines Geschosses für ein Ladengeschäft könnte doch auch wieder auf die Etage mit den obersten Wohnungen verzichtet werden.

Derweil begrüßt Hubert Nowack (Grüne) den zusätzlichen Wohnraum in der Innenstadt ausdrücklich.

Für Günter Posselt (CDU) spiegelt der Entwurf das wider, was im Wettbewerbsbeitrag zu sehen gewesen sei. Er lobte die "sorgfältige Planung". Seine Trauer über den fehlenden Textiler hielt er im Zaum und machte darin gar einen potenziellen Vorteil für das Projekt in der Hauptstraße aus. Wichtig ist dem Sprecher der CDU-Fraktion, dass es nun schnellstmöglich voran geht. "Die Bevölkerung soll sehen: Jetzt geht was."

Das spielte auch für Reiner Hils (FFR) in seiner Abwägung eine Rolle. Das Projekt nochmals komplett neu zu überdenken, wie es die Freien Wähler vorgeschlagen haben, hält er jedenfalls für utopisch: "Dann brauchen wir nicht mehr über schnelles Planen und Durchführen reden."

Spatenstich noch Ende 2017?

Den weiteren Zeitplan stellte Dörflinger den Stadträten vor. Gibt nach dem Ausschuss auch der Gemeinderat nächste Woche sein Einverständnis für das Aufstellen des vorhabenbezogenen Bebauungsplans, könnte im Oktober der Satzungsbeschluss fallen. Die Zeit bis dahin will die Activ-Group nutzen, die Pläne bauantragsreif zu machen. "Witterungsabhängig kann der Bau dann Ende 2017, Anfang 2018 beginnen", rechnete Dörflinger vor. Bei 18 Monaten Bauzeit fiele die Fertigstellung dann ins dritte Quartal 2019.