Auch das Stadtmuseum, wo die Bündnistreue nicht zuletzt im Diorama von der Schlacht bei Murten fast greifbar wird, steht beim Deutsch-Schweizer Autorentreffen 2019 auf dem Besichtigungsplan bei der Stadtführung mit Thomas Haßler. Foto: Friederichs Foto: Schwarzwälder Bote

Autorentreffen: 18. Rottweiler Begegnung fällt in ein besonderes Jahr / Viel Denkanstoß für Literaten

Das 35. Deutsch-Schweizer Autorentreffen am Wochenende stand, wie könnte es anders sein, im Zeichen des Jubiläums des Ewigen Bundes. Tatsächlich wurde die 500-jährige Tradition auch thematisiert. Im Zentrum aber standen Begegnungen.

Rottweil. Das Thema Eisenbahn ist ein zentraler Punkt der kabarettistischen Auseinandersetzung mit der Schweiz am Samstagabend. Sie soll immerhin verbinden, und dann gibt es die sprichwörtliche – und nur noch solche – Zuverlässigkeit der "SBB" und das vielfach gelebte Warten auf "DB"-Abfahrten und Ankünfte. Thomas C. Breuer und Bänz Friedli bereiten das vielgängige Menü köstlich auf, pikant gewürzt auch durch die Musik des Duos "Schertenlaib & Jegerlehner". Übrigens: Die Verbindung steht trotz allem. Die Autoren sind angekommen und guter Dinge, ein bisschen gespannt auch, was das Treffen ergeben sollte.

Oberbürgermeister Ralf Bross empfing am Freitag die Autoren, den derzeitigen Stadtschreiber Alex Burkhard, den stellvertretenden Stadtamann aus Brugg Leo Geismann und die Mitglieder der Literaturkommission im Alten Ratssaal, in dem 1519 der "Ewige Bund" von den Schweizer Kantonen mit der Reichsstadt Rottweil beschlossen wurde – sinnbildlich an der Jahreszahl in der Täfelung zu erkennen. Kulturamtsleiter Marco Schaffert und Jane Frank stellten die Autoren vor, bevor sie zur Stadtführung unter dem Motto "Rütli-Schwur und Neckarschweizer" aufbrachen.

 Thomas Haßler setzte zu einem Führungs-Marathon durch zwei Jahrtausende an – die gemeinsame Geschichte hatte schon vor 500 Jahren eine große Vergangenheit –, um den Autoren die wechselvolle Stadtgeschichte Rottweils unter dem Aspekt zur Eidgenossenschaft nahe zu bringen. Seine exzellenten Ausführungen an Gebäuden, Plätzen und Tafeln umrissen die großen Umbrüche der Stadtgeschichte, beginnend mit der römischen Stadtgründung, der Fehde mit der Burg Oberhohenberg im Hochmittelalter und der Unterstützung durch Schaffhausen, der Schlacht von Murten 1537 mit Unterstützung der Rottweiler. Im Alten Ratssaal erinnert noch heute eine von den Schweizer Kantonen  geschenkte Wappenscheibe mit Wilhelm Tells Rütli-Schwur. Am Stadtbrunnen mit dem symbolischen Schweizer Fähnrich beschworen die Kantone und Rottweil am 23. September 1519 ihren Bund. 

Haßler beleuchtete anschaulich weitere Etappen der Stadtgeschichte. Rottweil lavierte immer geschickt zwischen den habsburgischen Einflüssen und der Eidgenossenschaft. In der neueren Geschichte um die zwei Weltkriege bekam die heutige Schweizer Partnerstadt Brugg Gewicht durch ihre soziale Unterstützung des am Boden liegenden Deutschlands. Die Weihnachtsbaumaktion als Dankeschön für die Brugger Unterstützung 1946/47 für die Kinder in Rottweil ist legendär.

Das beeindruckt auch die literarischen Gäste. Und es ist ihnen hochwillkommen, immerhin tragen sie die Aufgabe mit sich herum, am Sonntag, nach den Einzellesungen, die sich durch den Samstag ziehen, bei der Matinee im Kapuziner-Refektorium einen Text über Rottweil, gerne ihren Aufenthalt und in diesen Jahr natürlich das Schwerpunktthema "Jubiläum ›Ewiger Bund‹" vorzutragen. Vor allem die Schweizer Teilnehmer, könnte man meinen, ist das eine Steilvorlage. Und sie machen sich ihre Gedanken. Jens Nielsen blickt schon mal nach vorn und berichtet über das 1000-Jahr-Jubiläum, bei dem 2519 zahllose Neo-Menschen nach Rottweil pilgern, wo die Zukunft dank "Arborisierung" gerettet wurde. Dana Grigorcea, sie ist zum Zeitpunkt der Matinee bereits wieder in Zürich und dort auf dem Sprung zu einer Lesereise in Indien, lässt dagegen die Geschichte und die enge Verbindung zu Brugg nachwirken. Frédéric Zwicker findet das Feiern bei den nichtschweizer Eidgenossen im doch recht schweizerisch herausgeputzten Rottweil allemal angenehmer als das Beschwören des Ewigen Bundes im Anfang des 19. Jahrhunderts begründeten und zumindest formal unzweifelhaft neutralen Bundesstaat Schweiz.

Die Gäste aus dem Süden bekämen bei Bedarf ebenso Schützenhilfe von den Kabarettisten wie die Kollegen aus dem "gross Kanton". Tilman Rammstedt wählt allerdings lieber eine Personalisierung, skizziert Rottweil und Schweiz als Paar, das die Leidenschaft in seiner Fernbeziehung "Ewiger Bund" ganz famos hochhalten kann. Martin von Arndt, auf dem Weg zu einer Preisverleihung nach Köln, schickt die Erinnerung an die Begegnung mit einem Rottweiler Bahnkunden auf der Fahrt nach von Rottweil, dessen literarischer Stadtschreiber er seinerzeit war, nach Köln im Jahre 2003. Und Nele Pollatschek denkt statt "verfasst" "verpasst" und schreibt über Autorentreffen das Schreiben guter und Verpassen herausragenden Texten. Verfasst hat sie schließlich doch einen, einen ziemlich lebhaften.