Beate Schmid vom Landesamt für Denkmalpflege (links) und Sybil Harding von der Firma ArcheoConnect aus Tübingen stellen die Funde am Ortseingang von Wurmlingen vor. Foto: Begemann

Archäologen stoßen am Ortsrand von Wurmlingen auf ungewöhnliche Funde. Verzögerung für Feuerwehrhaus.

Rottenburg-Wurmlingen - Überraschend sind archäologische Funde in Wurmlingen nach früheren Entdeckungen heute nicht mehr. Doch was Archäologen nun bei Grabungen auf dem Grundstück gefunden haben, wo das neue Feuerwehrhaus gebaut werden soll, gibt den Wissenschaftlern Rätsel auf.

Im Boden von Wurmlingen schlummern Zeugnisse vergangener Jahrhunderte oder gar Jahrtausende. Davon ging das Landesamt für Denkmalpflege schon aus, bevor überhaupt ein Spatenstich zum Bau des neuen Feuerwehrhauses am Ortseingang von Wurmlingen westlich der L 372 gesetzt wird. Denn nur wenige Meter von dem Standort im Baugebiet "Hinter den Gärten" entfernt, wurden in der Vergangenheit beispielsweise schon Alemannengräber aus dem sechsten oder siebten Jahrhundert entdeckt. Das Landesamt ordnete daher vor dem Baustart eine archäologische Untersuchung des Bauplatzes an.

Ende Juli begann das Tübinger Unternehmen ArchaeoConnect mit Grabungen auf der rund 5400 Quadratmeter großen Fläche. Mit Erfolg. Zahlreiche Funde präsentieren Beate Schmid vom Landesamt für Denkmalpflege und Sybil Harding von "ArchaeoConnect" nun bei einem Pressetermin. Sie berichten von Erdverfärbungen, die von den Pfosten ebenerdiger Holzgebäude und mehrerer Grubenhäuser stammen, die als Werkstätten und Vorratskeller genutzt wurden. Sie fanden auch Brunnen und Abfallgruben. Derartige Funde seien üblich für eine früh- bis hochmittelalterliche Siedlung. Doch die Archäologen stießen auch auf Überraschungen: Sie entdeckten ein wahrscheinlich frühmittelalterliches Kindergrab, das keine Grabbeigaben enthält. Das Ungewöhnliche daran: Es handelt sich um eine Hockerbestattung, die im Mittelalter eher unüblich gewesen sei. Eine Hockerbestattung liegt vor, wenn das Skelett mit angewinkelten Beinen in einer Art Schlafstellung gefunden wird. Wie alt der Fund wirklich ist, stehe noch nicht fest. Eine genaue Datierung sei erst mit Hilfe der Radiocarbonmethode möglich.

Kurios ist außerdem der Fund eines vollständigen Hirschskeletts. Tierbestattungen habe es immer wieder gegeben, beispielsweise schon bei den Kelten. Doch die Jagd von Hirschen sei dem Adel vorbehalten gewesen, sein Fleisch außerdem sehr kostbar. "Das ist einfach merkwürdig", sind sich Beate Schmid und Sybil Harding einig.

Zu den weiteren Funden auf dem Grundstück gehören sogenannte Schlachtabfälle wie beispielsweise Eberzähne, Geschirrkeramik, Webgewichte und auch eine seltene Hornnadel.

340.000 Euro im Haushalt

Die Archäologen von "ArchaeoConnect" möchten bis Ende des Monats mit den Grabungen auf dem zukünftigen Grundstück des Feuerwehrhauses fertig sein. In einem weiteren Projekt soll noch ein angrenzendes Gelände untersucht werden.

Die Kosten für die Grabungen muss die Stadt Rottenburg tragen, die in dem Bereich "Hinter den Gärten" günstiges Bauland schaffen möchte. Rottenburgs Finanzbürgermeister Hendrik Bednarz kritisiert, dass nicht etwa das Land die Kosten von Ausgrabungen übernimmt. In Rottenburg komme es immer wieder dazu, dass Archäologen im Zusammenhang mit Bauvorhaben beauftragt werden müssen. Die Kosten dafür müsse die Stadt letztendlich auf die späteren Käufer des Baulands umlegen. Im Fall der aktuellen Ausgrabungen stehen im Haushalt der Stadt 340.000 Euro.

Für das neue Wurmlinger Feuerwehrhaus bedeuten die Ausgrabungen lediglich eine kleine Verzögerung. Bednarz sagt: "Der Baubeschluss soll noch dieses Jahr gefasst werden." Der Spatenstich sei im Frühjahr denkbar.