Ein gut aufgelegter OB Neher sorgte beim freitäglichen Festakt zur Wiedereröffnung des Rathauses für etliche Lacher. Foto: Ranft

Nach einem Jahr Sanierung wieder nutzbar. Kosten deutlich über der Planung.

Rottenburg-Ergenzingen - Nach einjähriger Sanierung wurden am Freitagnachmittag die nunmehr nach dem neuesten Stand der Technik ausgestatteten und durchweg hellen Räume des jetzt barrierefreien Rathauses offiziell wieder ihrer Bestimmung übergeben und kirchlich geweiht.

Damit hat die einjährige Episode der Verwaltungsstelle im ehemaligen Notariat ein Ende, und der Ortschaftsrat kann seine letzte Sitzung in dieser Legislaturperiode an gewohnter Stelle abhalten.

Ortsvorsteher Reinhold Baur und Oberbürgermeister Stephan Neher nahmen vorab schon mal den neuen Aufzug in Betrieb, bevor sie den Sitzungssaal betraten, in dem die Mamas und Papas des örtlichen Harmonikaclubs die Gäste musikalisch willkommen hießen.

Zu Letzteren gehörten neben den Rottenburger Bürgermeistern Thomas Weigel und Hendrik Bednarz, Vertreter der am Bau beteiligten Firmen, Vertretern der Fach- und Ingenieurbüros, Architekt Bernhard Lohmiller nebst seinem Vorgänger und Ursprungsplaner Wolfgang Schmidt – der aus gesundheitlichen Gründen die Planung nicht mehr verwirklichen konnte – aber auch Gemeinde- und Ortschaftsräte nebst den Vertretern der beiden Kirchengemeinden, Pfarrerin Annette Säuberlich und Pater Donatus.

Ortsvorsteher Reinhold Baur erinnerte noch einmal daran, dass man sich seitens des Ortschaftsrates schon länger Gedanken über die Barrierefreiheit des Rathauses gemacht habe. Eine Rampe oder einen Treppenlift habe man von vornherein abgelehnt, weil diese Maßnahmen das Rathausbild negativ beeinflusst hätten.

Die Lösung der Probleme schlichtweg habe der Seebronner Architekt Wolfgang Schmidt parat gehabt. Er sprach sich dafür aus, sich die Toiletten im Erd- und Obergeschoss zu sparen, diese im Kellergeschoss zu platzieren und den damit freien Platz für einen Aufzug zu benutzen, der von der Rückseite des Rathauses her zu begehen ist.

Erschrocken sei er, so Baur, dass die Kosten von ursprünglich 600 000 bis 800 000 Euro mittlerweile auf 1,3 Millionen (inklusive Fassade und Dach) gestiegen seien. Baur begründete dies mit nicht geringen Brandschutzauflagen, aber auch durch nicht vorgesehene Baumaßnahmen die Bodenplatte betreffend.

Dafür habe man aber Kosten dadurch gespart, dass die Verwaltung vorübergehend im ehemaligen Notariat auf der anderen Straßenseite untergebracht werden konnte. Diese Möglichkeit habe man genutzt, um die Rathaussanierung im städtischen Haushalt unterzubringen, so Baur.

Ein gut aufgelegter OB Stephan Neher sah das dann ein wenig anders. Er "unterstellte" Baur augenzwinkernd, nachdem dieser im Gemeinderat gehört habe, dass das alte Rottenburger Rathaus barrierefrei umgebaut werde und einen Anbau erhalten solle, dieses dann auch für Ergenzingen so gewollt zu haben. Aber, so Neher, "für Ergenzingen wollen die Rottenburger ja immer nur das Beste". Dabei erwies sich der OB als "Schnellrechner".

Das Projekt in Ergenzingen koste 1,3 Millionen Euro, das in der Kernstadt 5,4, das mache in der Kernstadt und in Ergenzingen dann pro Einwohner rund 250 Euro.

Ansonsten zeigte sich Neher insbesondere von der Innensanierung, aber auch vom Sitzungssaal angetan. Dieser sei schon etwas angestaubt gewesen, so Neher, der dann darauf verwies, dass das nicht für die Rätinnen und Räte gelte. Seinem Wunsch, die Ehrentribühne auf die andere Straßenseite zu verlegen, damit man bei den Fastnachtsumzügen nicht immer im Schatten stehe, sei man allerdings nicht nachgekommen.

Bernhard Lohmiller vom gleichnamigen Ingenieurbüro, welches Ende 2017 für den gesundheitlich angeschlagenen, ursprünglichen Architekten Wolfgang Schmidt einsprang, verwies auf diverse Schwierigkeiten, die es bei der Sanierung gegeben habe.

Aufgrund der guten Baukonjunktur habe bis Anfang 2018 auf die Ausschreibung keine Firma reagiert. Daher habe man die ortsansässige Firma Martin Baur zum Handeln "überredet". Diese habe dann ein Angebot im Kostenrahmen abgegeben, allerdings zur Bedingung gemacht, den Auftrag nur parallel zu anderen Bauvorhaben erledigen zu können.

Der Ortsvorsteher zollte am Schluss Dank der Rathausbelegschaft, der Stadtverwaltung und allen an der Sanierung Beteiligten und verwies auf den zweiten Bauabschnitt, der noch bewerkstelligt werden müsse und meinte damit die energetische Sanierung von Fassade und Dach.

In einer dritten Phase soll auch der Rathausgarten bürgerfreundlich gestaltet werden. Der letzte Akt blieb dann Pfarrerin Annette Säuberlich von der evangelischen Kirchengemeinde und Pater Donatus von den Katholiken vorbehalten. Säuberlich sagte bei ihrem geistlichen Impuls "es ist gut leben an einem Ort, an dem es Gemeinschaft gibt", während Donatus dem Rathaus den Segen verlieh. Die Feierstunde endete mit einem kleinen Imbiss, für den die dienstbaren Geister des Turn- und Sportvereins verantwortlich zeichneten.

Beim sonntäglichen "Tag der offenen Tür" nutzten dann viele Familien, Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit, das innen neue und nunmehr barrierefreie Rathaus in Augenschein zu nehmen.