Am Ziel: Rodel-Olympiasieger Tobias Wendl (li.), Tobias Arlt Foto: dpa

Sie haben in ihrer Karriere schon einige Rückschläge verkraften müssen. Umso mehr strahlten Tobias Wendl und Tobias Arlt über ihr Olympia-Gold bei den Doppelsitzern.

Sotschi - An der Bob- und Rodelbahn der Olympischen Winterspiele in Sotschi wurde schon abgebaut, als die Herren in den weißen Jacken und in einer Reihe stehend die Hände nach vorne streckten, allesamt ein langgezogenes „Ooohhh“ riefen und dann ruckartig die Arme nach oben rissen und in Jubelgeschrei ausbrachen. Es war der Moment, als Tobias Wendl und Tobias Arlt auf die Trainer und Betreuer der deutschen Rodelmannschaft zuliefen – und sich für ihren Olympiasieg feiern lassen durften. „Das ist unglaublich“, jubelte Arlt, „wir sind überglücklich.“ Norbert Loch war es auch.

Der Bundestrainer der deutschen Rodler war einst als Landestrainer in Bayern tätig und betreute nicht nur das Duo Wendl/Arlt bei deren Anfängen im Rodelsport, sondern auch Natalie Geisenberger und seinen Sohn Felix Loch. Nun sind alle vier dieses Quartett Olympiasieger – und Norbert Loch ging diese Abrundung des Erfolgs am Mittwochabend doch etwas nahe. „Ich bin sehr emotional“, sagte er, „ich kenne diese vier schon so lange, dass sie alle mal Olympiasieger werden, war damals nicht abzusehen.“ In Sotschi war es dann aber zumindest keine große Überraschung mehr.

Sowohl Loch und Geisenberger, als auch die Doppelsitzer, die alle nur „die Tobis“ nennen, hatten bereits die ganze Saison über im Weltcup dominiert. Auf der Olympiabahn bewies das Quartett dann Nervenstärke – und sorgte mit seinen Siegen in Serie sogar für etwas Langeweile in der internationalen Rodelszene. Was im deutschen Schlittenlager als Auszeichnung gilt. Sportdirektor Thomas Schwab jedenfalls sagte grinsend: „Langeweile muss man sich erarbeiten.“ Das Duo Wendl/Arlt weiß ziemlich genau, was Schwab damit gemeint hat.

Geradewegs und steil nach oben verlief der Weg der beiden 26-jährigen Rodler, die ein Duo bilden, seit Norbert Loch sie als Zwölfjährige in den Doppelsitzer setzte, ganz und gar nicht. „Er war lang und steinig“, sagte Arlt – und das Duo hatte keine Mühe, die Rückschläge aufzuzählen.

Die Qualifikation für die Winterspiele 2010 in Vancouver verpassten Wendl/Arlt, bei der WM im darauffolgenden Jahr fabrizierten sie einen kapitalen Sturz, und als sie dann 2012 bei der Heim-WM das Podium anpeilten, landeten sie in Altenberg lediglich auf Rang vier. Alles bittere Momente, im nachhinein aber Geschehnisse, die zusammenschweißten (Wendl ist Patenonkel von Arlts Tochter) und die Meilensteine waren auf dem Weg zum Dasein als Champion. So sah das am Mittwochabend zumindest Tobias Wendl, der sagte: „Nur durch Niederlagen lernt man das Siegen.“ Das will das deutsche Quartett, das in einer Trainingsgruppe in Berchtesgaden zusammenarbeitet, in der Teamstaffel an diesem Donnerstag (17.15 Uhr/ZDF) fortsetzen. Zweifel an einem weiteren Gold in der neuen olympischen Disziplin gibt es im Grunde keine – oder droht da etwa Überheblich- und Bequemlichkeit?

Die anscheinend mühelos errungenen Erfolge der deutschen Rodler könnten darauf hindeuten. Der Bundestrainer aber widersprach sogleich. Erstens seien alle vier „Athleten durch und durch“ und damit auch „sehr ehrgeizig“. Zum anderen gibt es in der Berchtesgadener Gruppe zwar viel Spaß – man nennt sie auch Trainingsgruppe Sonnenschein –, „lässt aber einer ein wenig nach“, sagte Norbert Loch, „ziehen ihn die anderen gleich wieder mit“. Die Spaß- ist also auch eine Leistungskultur. „Die schaukeln sich gegenseitig hoch“, versicherte Loch. Dass durch dieses Gruppengefühl auch Rivalitäten innerhalb des deutschen Verbands entstehen können, ist zwar nicht ungefährlich, wie der Konflikt um Tatjana Hüfner in Sotschi zeigte. Andreas Trautvetter, der Präsident des Deutschen Bob- und Schlittenverbands, hält dieses Konkurrenzdenken allerdings für „leistungsfördernd“.

Mit Blick auf die bisherige Bilanz der Rodler – dreimal Gold und einmal Silber – kann man ihm da kaum widersprechen.