Die Stadt Reutlingen will den Landkreis Reutlingen verlassen. Foto: Schwarzwälder Bote

Kommune reicht Verfassungsbeschwerde ein. Landtag lehnte Antrag auf Gründung eines Stadtkreises ab.

Reutlingen - Die Stadt Reutlingen hat Verfassungsbeschwerde eingereicht, weil der Landtag ihren Antrag auf Gründung eines Stadtkreises abgelehnt hat. Nach Angaben eines Sprechers des Stuttgarter Verfassungsgerichtshof vom Mittwoch ging die Beschwerde am Vortag ein. Sie sei sehr umfangreich und der Zeitrahmen des Verfahrensverlaufs derzeit noch nicht absehbar.

Im Dezember hatten die grün-schwarze Regierung und die FDP im Landtag dem Wunsch der 116.000-Einwohner-Stadt Reutlingen, den gleichnamigen Landkreis zu verlassen, eine Absage erteilt. Noch am selben Abend beschloss der Reutlinger Gemeinderat, Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung einzureichen. Die Kommune erhofft sich als kreisfreie Stadt mehr Souveränität und finanzielle Vorteile. Nach Berechnungen der Kommune – beispielhaft für das Jahr 2017 – könnte sie bei einer Stadtkreisgründung über bis zu zwölf Millionen Euro mehr im städtischen Haushalt verfügen.

Der SPD-Fraktionsvizevorsitzende im Landtag, Sascha Binder, befürwortete den Gang der Kommune vor den Verfassungsgerichtshof: "CDU und Grüne haben sich ihrer Verantwortung entzogen, weil sie sich nicht einigen konnten." Obwohl die Regierung Handlungsbedarf sehe, sei die Frage nach einer tragfähigen Lösung bis heute unbeantwortet. "Das ist ganz schlechter Stil, und es ist gut, dass die Stadt Reutlingen sich das nicht gefallen lässt."

Der kommunalpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Ulli Hockenberger, nannte Binders Bewertung "fadenscheinig und heuchlerisch". Die SPD hätte nach seinen Worten auch einen eigenen Gesetzentwurf in die Diskussion einbringen können – "aber das hätte vorausgesetzt, sich intensiv mit den Folgen einer Auskreisung auch im Detail auseinanderzusetzen", sagte Hockenberger.

Neue Aufgabenverteilung

Reutlingen hat den Antrag auf Auskreisung bereits im Jahr 2015 gestellt. Der Landtag hatte im Zuge seiner Entscheidung vorgeschlagen, dass Kommune und Kreis eine neue Aufgabenverteilung diskutieren. Die Stadt signalisierte Bereitschaft dazu – trotz der Verfassungsbeschwerde. "Ziel dieser Gespräche muss es sein, die kommunale Selbstverwaltung zu stärken, Subsidiarität herzustellen und zu einer der Sondersituation der Stadt angemessenen Finanzausstattung zu kommen", heißt es in einem Schreiben von Oberbürgermeisterin Barbara Bosch (parteilos).