Die Schiltacher Naturfreunde posieren im Gründungsjahr 1924 während eines Ausflugs für ein Gruppenfoto. Foto:  

Die Naturfreunde Schiltach feiern ihren 100. Geburtstag. Stadtarchivar Andreas Morgenstern hat anlässlich dessen Archivalien zum Verein ausgewertet und Interessantes zu den Anfangsjahren des Vereins herausgefunden, der bis 2015 bestand.

Es ist der 13. April 1924: Im Gasthaus „Löwen“ in Halbmeil gründet sich ein örtlicher Ableger der sozialistischen Naturfreunde-Bewegung. Wie schon andernorts soll den Arbeiterfamilien ein Angebot zu kostengünstigen Ausflügen gemacht werden.

Damit verbindet sich der Anspruch an die Mitglieder, „daß jeder als denkender Mensch erzogen werden soll“, wie es der bis 1929 führende erste Obmann Franz Harter formuliert. Die Mitglieder sprechen sich als „Genossen“ an und der Naturfreunde-Ruf lautet: „Berg frei“.

1928 wird erstmals eine Frau Vereinsmitglied. Von der bürgerlichen Konkurrenz, dem Schwarzwaldverein, halten sich die Naturfreunde fern. Beendet wird 1925 die erste Generalversammlung vom alten Proletarierlied „Wer schafft das Gold zu Tage“.

Von Beginn an engagieren sich auch Lehengerichter Genossen in dem Verein. Darunter Gustav Dieterle, später Gesicht der Lehengerichter KPD und von den Nationalsozialisten im KZ inhaftiert, und Anton Harter, der als Strafe für seine Mitgliedschaft 1933 aus dem Lehengerichter Bürgerausschuss geworfen wird.

Wald statt Wirtshaus

Einfach ist der Start nicht. Erste Wanderungen werden bereits 1920 angeboten. Franz Harter will lieber „sonntags durch Wald und Feld“ statt ins Wirtshaus. 1921 gibt es die erste Pfingstwanderung über Schapbach und Alexanderschanze nach Achern.

Die traditionelle Pfingstwanderung zum Naturfreundehaus Badener Höhe im Nordschwarzwald im Jahr 1930 ist hier zu sehen. Foto: Stadtarchiv Schiltach

Von unschätzbarem Wert ist der Bahnanschluss. Vor allem die Jugend wird angesprochen. Familien- und Kinderwanderungen sind wertvolle, bezahlbare Freizeitangebote. 1930 erhält dafür jedes Kind einen Teller Suppe. Ab 1929 feiert man auch voller Kreativität einen Familienabend. Fahrradtouren und Skiausflüge ergänzen das breite Angebot. Nicht vergessen werden dürfen auch die Lichtbildvorträge – mit modernen Medien holt man die Welt nach Hause. Sogar eine kleine Bibliothek entsteht.

Ausschluss von Mitgliedern

1930 ist die Weimarer Republik in ihrer Existenzkrise angekommen. Die Auseinandersetzungen innerhalb der Linken erreichen auch die „Naturfreunde“ – verschiedene Kommunisten werden ausgeschlossen, weil sie den Eindruck in der Bevölkerung erzeugen würden, versteckt für die KPD zu agitieren. Einige Mitglieder fürchten da in der Wirtschaftsnot um ihre Arbeitsplätze.

Zwei der Anlässe für den internen Streit sind aufkommende Proteste gegen die Kooperation der Gewerkschaften mit dem Jugendherbergswerk und die wohl von den Kommunisten verhinderte Teilnahme an der Reichsbannerweihe 1929 in Schiltach.

1933 wird der Verein von den Nationalsozialisten als „marxistisch“ zwangsaufgelöst und enteignet. Da ist aber nicht das Ende. Mit 17 alten und neuen Mitgliedern geht es am 13. August 1948 weiter. Die „Naturfreunde“ ziehen von Halbmeil nach Schiltach. Kamen aus der Industriestadt die meisten neuen Mitglieder?

Eine Wanderung durch Hinterlehengericht bereitete den Mitgliedern des Vereins 1966 viel Freude. Foto: Stadtarchiv Schiltach

Geführt wird der Verein dann bis 1965 von dem einstigen Mitgründer Anton Harter. Die Zeiten haben sich aber geändert. Gerade in der Frühzeit ist die Nähe zur Sozialdemokratie zwar zu sehen und auch der „Berg heil“-Ruf bleibt, doch spricht man sich schon bald als „Wanderfreund“ statt „Genosse“ an.

Auflösung im Jahr 2015

Zum 40. Geburtstag 1964 zeigt sich auch die Freundschaft mit dem Schwarzwaldverein. Die Ausflüge führen in den Wirtschaftswunderjahren weiter in die Ferne, inzwischen hat der Verband aber auch ein engmaschiges Netz an Naturfreundehäusern. 1968 zählt man bereits 187 Mitglieder.

Gepflegt wird auch die Skiabteilung, die zunehmend größer wird. 1995 scheidet die als eigenständiger Verein aus.

Wie viele andere Verein leidet der Verein unter fehlendem Nachwuchs. Trotz großen Engagements und vor allem zahlreichen tollen Erlebnissen über viele Jahre finden die Naturfreunde Schiltach 2015 ihr Vereinsende – kein Grund, nicht ihres 100. Geburtstags zu gedenken!