Es gibt viele gute Gründe, auf dem Weg zur Arbeit das Fahrrad zu nehmen – vorausgesetzt, der Weg ist nicht allzu weit. Foto: Drobot Dean – Adobe Stock

Noch gilt ein Firmenwagen als Statussymbol – doch immer mehr Firmen satteln um und bieten ihren Mitarbeitern Räder an.

Stuttgart - Vor sechs Jahren trat ein SAP-Mitarbeiter aus Indien, für ein halbes Jahr in die Konzernzentrale im badischen Walldorf beordert, mit einem ungewöhnlichen Wunsch an den Softwarekonzern heran: Ob er statt des Dienstwagens, der ihm laut Arbeitsvertrag zustand, nicht auch ein Dienstfahrrad haben könne – schließlich habe er es ja nicht so weit von der Wohnung bis zum Arbeitsplatz. Dagegen hatte niemand etwas einzuwenden – und so bekam er ein Fahrrad zur freien Verfügung. Es war das erste Betriebsfahrrad, das auf dem Gelände von SAP rollte.

Heute, sechs Jahre später, ist ein solcher Wunsch eines SAP-Mitarbeiters eine alltägliche Sache. Nachdem die baden-württembergische Softwareschmiede vor zwei Jahren die Initiative „FahrRad“ ins Leben gerufen hatte, verfügen mittlerweile rund 2000 der 17 000 Mitarbeiter hierzulande über ein Dienstfahrrad. „Mobilität ist uns sehr wichtig. Deshalb möchten wir unseren Mitarbeitern viele unterschiedliche Mobilitätsalternativen anbieten, wie sie ihren Arbeitsplatz erreichen können“, so Marcus Wagner, Projektleiter Nachhaltigkeit bei SAP. „Das Fahrrad-Leasing-Programm eröffnet noch einmal neue Wege. Viele nutzen das Rad nicht nur zum Pendeln, sondern auch in ihrer Freizeit.“

SAP arbeitet dafür mit dem Freiburger Leasing-Anbieter Jobrad zusammen. Die Mitarbeiter können ein Dienstrad – auf Wunsch auch ein zweites für die Familie – über das Unternehmen leasen und so Steuervorteile nutzen, die die Anschaffung eines Fahrrads oder Pedelecs im Vergleich zum Privatkauf vergünstigen. Die Hürde für Mitarbeiter, in ein gutes Rad zu investieren, ist somit niedriger. Die Auswahl des Rads ist den Mitarbeitern dabei selbst überlassen – ein 10 000 Euro teures Pedelec ist ebenso möglich wie ein sportliches Rennrad oder ein gemütliches Stadtrad. Am Ende des Leasingvertrags besteht die Möglichkeit, das Fahrrad zu einem kalkulierten Restwert zu übernehmen. Sie können so zwischen 20 und 40 Prozent im Vergleich zum Preis bei einem Barkauf des Rads sparen.

Auch für ein Dienstrad entsteht ein geldwerter Vorteil, der versteuert werden muss

Viele Firmen – von der GLS-Bank über den Naturkosmetik-Anbieter Weleda bis hin zur LBS Baden-Württemberg – bieten ihren Mitarbeitern mittlerweile diese Möglichkeit. „Dass so viele Menschen ihre Wege mit einem Dienstrad zurücklegen und wir damit einen großen Beitrag dazu leisten, die Lebensqualität in Deutschland ein Stück weit zu verbessern, ist mehr als ich mir jemals ausgemalt hatte“, sagt Jobrad-Gründer und Geschäftsführer Ulrich Prediger.

Auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) findet die Entwicklung ermutigend. „Man wird mit einem Dienstfahrrad aus einem Hardcore-Autofahrer keinen Hardcore-Radfahrer machen“, sagt ADFC-Sprecherin Stephanie Krone. Wenn aber etwa über Firmenprogramme mehr Menschen die Vorzüge des Radelns für sich entdecken und ihre Erfahrungen auch an andere weitergeben, sei schon viel gewonnen.

Neben den verstärkten Bemühungen von Städten und Kommunen, die Radverkehrsinfrastruktur zu verbessern, hat vor allem die Ausweitung des Dienstwagenprivilegs auf Fahrräder und E-Bikes im Jahr 2012 die Unternehmen dazu bewogen, ihren Mitarbeitern Dienstfahrräder anzubieten. Seither gilt wie beim Dienstwagen: „Wollen Arbeitnehmer das Dienstfahrrad auch privat nutzen, müssen sie den geldwerten Vorteil nach der Ein-Prozent-Regelung versteuern“, erläutert Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler. Demnach wird ein Prozent des Brutto-Listenpreises erfasst.

Kostet ein hochwertiges Fahrrad beispielsweise rund 3000 Euro, müssen Arbeitnehmer 30 Euro pro Monat nach ihrem individuellen Steuersatz versteuern. Pro Jahr wären das hier 126 Euro bei einem Steuersatz von 35 Prozent. Den Arbeitsweg muss der Arbeitnehmer, anders als beim Dienstauto, nicht beim Fiskus angeben.

Haftungsfragen vorab klären

Wer mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, hält sich fit. Das ist ein gutes Argument, wenn man den Chef von einem Dienstfahrrad überzeugen will – schließlich kann dieser auf weniger krankheitsbedingte Fehltage hoffen. Bei jenen Firmen, die ihren Mitarbeitern Diensträder anbieten, kommt meist das Modell einer sogenannten Gehaltsumwandlung zum Tragen. Hierbei wird ein bestimmter Betrag vom Gehalt abgezogen, womit die vereinbarten Leasingraten für das Fahrrad gezahlt werden. Der Vorteil für den Arbeitnehmer: Er kann dadurch Steuern und Sozialabgaben sparen.

„Diesen Schritt sollte man gut durchrechnen“, rät Finanzexpertin Klocke. Ob sich das Ganze lohnt, sei eine Abwägungssache und in erster Linie für Personen geeignet, die sich sowieso ein hochwertiges Fahrrad kaufen wollen. Wichtig: Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen die Gehaltsumwandlung vorab vereinbaren. Das sei Grundvoraussetzung, damit das Finanzamt sie später anerkennt, sagt Klocke.

Daneben sollten Arbeitnehmer mit ihrem Chef auch Haftungsfragen klären, rät Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Wer muss zahlen, wenn das Dienstrad gestohlen oder beschädigt wird? Wenn das Unternehmen das Fahrrad für den Mitarbeiter kauft oder least, haftet der Arbeitgeber in der Regel allein. Ausnahme: Der Angestellte handelt mit Vorsatz oder grob fahrlässig – etwa wenn er ein hochwertiges Fahrrad unabgeschlossen abstellt und es wegkommt. Dann muss er womöglich die Kosten ganz oder teilweise übernehmen.

Damit es keinen Ärger gibt, sollte der Arbeitgeber das Fahrrad gegen Diebstahl versichern. Dabei sollte geklärt werden, ob auch der private Gebrauch abgedeckt ist, betont Verbraucherschützerin Weidenbach. Denn je nach Nutzungsart – privat oder beruflich – kann der Versicherungsschutz unterschiedlich ausfallen.

Service: Fahrrad beim Fiskus geltend machen

Wer das Fahrrad selbst bezahlt hat, kann den Fiskus in der Regel nicht an den Anschaffungskosten beteiligen, sagt Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler. Es sei denn, er braucht es zur Ausübung seines Berufs, etwa als Fahrradkurier. Ansonsten gilt: Unter bestimmten Voraussetzungen kann man Reparaturkosten beim Finanzamt angeben.

Möglich ist dies, wenn man einen mobilen Fahrraddienst beauftragt. Dieser muss das Fahrrad direkt beim Besitzer zu Hause reparieren – in diesem Fall kann die Reparatur nämlich als haushaltsnahe Dienstleistung geltend gemacht werden. Bis zu 20 Prozent der Arbeitsleistung können Steuerzahler angeben – höchstens 4000 Euro. Dafür müssen in der Rechnung die Arbeitsleistung und die Materialkosten getrennt stehen. Außerdem sollte der Dienstleister bescheinigen, dass er das Rad vor Ort repariert hat. Den Nachweis können Steuerzahler beim Finanzamt einreichen.