Am Landgericht Offenburg wird derzeit der Prozess gegen einen 47-Jährigen verhandelt, der seine Tochter sexuell missbraucht haben soll. Foto: Goltz (Archivbild)

Auf der Anklagebank des Landgerichts Offenburg sitzt am Donnerstag ein 47-jähriger Mann aus Hornberg. Vorgeworfen wird ihm "sexueller Missbrauch von Kindern". Einige Taten räumt er ein, die Tochter habe aber "provoziert".

Offenburg/Hornberg - Der 47-Jährige aus Hornberg soll, so wirft es ihm die Staatsanwaltschaft Offenburg vor, in insgesamt 44 Fällen seine im Jahr 2001 geborene Tochter zu verschiedenen sexuellen Handlungen gezwungen haben. Die Tochter soll, so die Staatsanwaltschaft, vom Vater dazu gebracht worden sein, diesen sowohl oral als auch manuell zu befriedigen. Der Angeklagte habe außerdem auch sexuelle Handlungen an seiner Tochter vorgenommen – sei unter anderem mit den Fingern in sie eingedrungen. Auch soll er, nachdem seine Tochter ihn berührt habe, sich in ihrer Anwesenheit selbstbefriedigt haben. Als seine Tochter zwischen elf und 13 Jahre alt war – der genaue Zeitpunkt lasse sich nicht feststellen –, soll es, so wird es dem 47-Jährigen zur Last gelegt, zum Versuch des Geschlechtsverkehrs gekommen sein. Nachdem die Tochter allerdings Schmerzen geäußert habe, habe der Vater von ihr abgelassen. Den Zeitraum der Misshandlungen legte die Offenburger Staatsanwaltschaft auf Ende 2010 bis Mitte 2014 fest.

Nach und nach habe er den "Provokationen" nachgegeben

Von schwierigen Zeiten spricht der Vater, der neben der Tochter noch zwei Söhne hat. Seine heutige Ex-Frau, von der er sich 2015 trennte, sei schwer psychisch erkrankt und auch er leide zum einen an einer Alkoholabhängigkeit und zum anderen an Depressionen. Derzeit sei er deshalb auch in einer Psychiatrie untergebracht. Er fühle sich nicht männlich, bereits in seiner Kindheit habe er etliche Operationen an seinem Glied über sich ergehen lassen müssen, da dieses missgebildet sei. Hinzu komme eine Lungenerkrankung, die ihm eine 50-prozentigen Behinderungsgrad bescheinige – "allzu lange habe ich nicht mehr", sagt er bei seiner Vernehmung. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Stephan Hofsäß, was sich der 47-Jährige denn für die Zukunft vorstelle, antwortet dieser, dass er nach dem Psychiatrieaufenthalt gerne in eine Lungenfachklinik gehen wolle. Außerdem würde er, der aktuell Hartz IV bezieht, gerne beruflich umschulen.

"Alles angefangen hat mit einem Pornofilm, den die Kinder aus Versehen zu sehen bekamen", steigt der Angeklagte in seine Erklärung zu den Tatvorwürfen ein. Danach sei seine Tochter neugierig geworden und habe immer wieder versucht, ihn zu "rammeln". Sie sei unnormal anhänglich geworden und habe immer wieder sexuelle Handlungen "provoziert". Dagegen habe er zu Beginn noch vehement angekämpft, dann habe er nach und nach – auch aufgrund des Alkoholproblems, sagt er – den "Bedürfnissen" seiner Tochter nachgegeben.

Mann und Tochter schmissen gemeinsam den Haushalt

Nichts, betont er, sei gezwungen gewesen, alles habe die Tochter gewollt. "Eingedrungen in sie bin ich nie", betont er immer wieder, und meint damit mit seinem Glied. Finger seien, so schildert er es im späteren Verlauf, im Spiel gewesen. "Ich bereue das alles zutiefst, ich habe dadurch meine Tochter verloren, die ich liebe", sagt er und erklärt, er sei nicht in der Lage gewesen, eine andere Frau zu suchen. Für ihn habe – aufgrund seiner Missbildung – Sexualität auch "wahnsinnig viel" mit Vertrauen zu tun. "Wir waren wie ein Pärchen, es war wie ein Ehefrau-Ersatz", sagt der 47-Jährige. Sie hätten gemeinsam den Haushalt geschmissen, den Sohn beziehungsweise Bruder erzogen, während die Mutter immer wieder stationär in Behandlung gewesen sei. "Es war wie in einem Film, ich war darin gefangen und zu labil."

Komplett von der Tochter aus sei es aber nicht gegangen – vor Gericht räumt er ein, auch "aktiver Part" gewesen zu sein und ab und an "gebettelt" zu haben – beispielsweise, wenn es ums "Eincremen" ging, woraufhin er sich meist selbstbefriedigt habe. Nach einem Urlaub in Bulgarien – dort war die Tochter zwölf Jahre alt –, seien die sexuellen Handlungen abgeflacht, mit 18 sei die Tochter dann ausgezogen.

Lange wurde während des ersten Prozesstags darüber diskutiert, ob es nötig sei, das vermeintliche Opfer zu hören. Immer wieder wies Richter Hofsäß auf die erhebliche Belastung bei einer Vernehmung hin. Staatsanwaltschaft wie Nebenklägerverteidigung waren sich jedoch einig, dass es wichtig sei, das vermeintliche Opfer zu hören – auch für die Höhe des Strafmaßes, über das entschieden werden muss. Über die Mittagspause wurde die Nebenklägerin kontaktiert, "sie will unbedingt aussagen, auch, damit sie psychisch abschließen kann", so ihre Verteidigerin. So wird die Tochter beim kommenden Prozesstermin ihre Schilderungen vortragen.

Tochter schreibt in "Büchlein" über ihre Kindheit

Der Freund der Tochter nahm bereits am Donnerstag platz im Zeugenstand. Durch ihn ist es zum Verfahren gekommen. Seine Freundin habe nachts immer wieder unter Panik-Attacken gelitten – die bis heute anhalten. "Zunächst konnte sie mit mir nicht darüber reden", sagt er. Dann habe ihm seine Freundin ein "Büchlein" mit dem Titel "Meine schreckliche Kindheit" gegeben. Ein einziges Mal habe er die Seiten gelesen, es dann der Mutter der Freundin vorgelegt und an sie appelliert, etwas zu unternehmen. Doch diese habe nur wenig Glauben an all das schenken können, was darin niedergeschrieben worden war. Der Freund habe das vermeintliche Opfer dann überzeugen können, die mutmaßlichen Taten anzuzeigen. "Wir können heute noch kein normales Sexleben führen", so der Zeuge. Sie sei aber auf dem Weg der Besserung, ihr neuer Job lenke sie enorm ab und helfe ihr. In Therapie befinde sie sich nicht.

Zwei weitere Termine sind für die Verhandlung angesetzt: Mittwoch, 19. Oktober, ab 9 Uhr, sowie Donnerstag, 27. Oktober. Auch wurde beim Prozessauftakt ein psychiatrisches Gutachten des Angeklagten in die Wege geleitet.