In WhatsApp Gruppen bekam der Angeklagte Kinderpornografie zugeschickt – ob unwissentlich oder nicht, ist nicht geklärt. (Symbolfoto) Foto: © MQ-Illustrations-stock.adobe.com

Wurde ihm ein kurzes Video zum Verhängnis? Diese Frage konnte vor dem Landgericht Rottweil nicht abschließend geklärt werden. Nach eingeleitetem Berufungsverfahren könnte einem 36-Jährigen anstelle einer Geldstrafe eine Freiheitsstrafe drohen.

Freudenstadt/Rottweil - WhatsApp ist eigentlich ein Nachrichtendienst, mit dem man seine Freunde, Familie und andere Bekannte bequem und flexibel erreichen kann. Dass sich über diesen auch Bilder und Videos empfangen, teilen und weiterleiten lassen, ist normal – genau das wurde einem 36-Jährigen aus einer Gemeinde im Kreis Freudenstadt im vergangenen Jahr aber wohl zum Verhängnis.

In etlichen WhatsApp-Gruppen mit bis zu 257 Mitgliedern aus der ganzen Welt, soll der Beschuldigte hunderttausende pornografische Bilder und Videos empfangen, konsumiert und geteilt haben – schätzungsweise 5550 Dateien landeten via Download auf seinen Smartphones, unter diesen bis zu 43 Bilder und Videos mit Aufnahmen von Kindern und Jugendlichen, wie sich nach einem Hinweis aus den USA herausstellte. Die Videos, darunter die mit illegalen Inhalten, soll der Angeklagte weitergeleitet und somit weiterverbreitet haben – weshalb er in der Erstinstanz wegen Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu jeweils 30 Euro verurteilt wurde.

Eine zu hohe Strafe?

4500 Euro – zu viel für den Angeklagten, der mit Arbeitslosen- und Kindergeld sein Leben bestreiten und zudem noch seine Ehefrau und drei gemeinsame Kinder unterhalten muss. Deshalb legte er im Mai Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts in Freudenstadt ein. Ebenso legt die Staatsanwaltschaft Berufung ein, jedoch zuungunsten des Angeklagten. Das Strafmaß sei zu gering gewesen, angesichts der Tatsache, dass die Kinder auf den Videos erst um die fünf bis sechs Jahre alt gewesen seien.

Welche Rolle spielt der Nachrichtendienst selbst?

Er selbst habe die Videos nie gesehen, er habe nur legale Inhalte konsumiert und weitergeschickt, verteidigte sich der Beschuldigte vor Gericht. Und tatsächlich war das auch der Knackpunkt: Hat der Angeklagte wissentlich Videos von Minderjährigen, an denen sexuelle Handlungen durchgeführt werden, heruntergeladen und weiterverbreitet, oder ging das in der ganzen Masse der unzähligen Dateien unter? Und welche Rolle spielt eine Voreinstellung der Nachrichten-Anwendung, die Videos und Bilder automatisch auf dem Endgerät abspeichert?

"Es gibt keine Funktion auf WhatsApp, die Videos herunterlädt, ohne sie zumindest angeklickt zu haben", so die Haltung der aussagenden Zeugin, einer im Fall ermittelnden Polizeihauptkommissarin. Doch darüber herrschte weitgehend Uneinigkeit im Gerichtssaal, weshalb die Sachlage auf den betroffenen Telefonen des Angeklagten erneut untersucht werden muss.

Für eine Urteilsverkündung seien demnach aus ihrer Sicht zu viele technische Details offen, so die Richterin. Ein vom Verteidiger des Angeklagten gefordertes milderes Strafmaß mit 90 Tagessätzen zu nur 15 Euro, stehe jedoch für den weiteren Verlauf des Prozesses außer Frage: "In den Videos sieht man kleine Mädchen, das ist etwas ganz, ganz schreckliches", so die Richterin. Deshalb sei das jetzige Strafmaß das "absolute, unterste, vertretbare Mindestmaß". Die Berufung wurde seitens des Angeklagten nicht zurückgezogen.

Wird aus der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe?

Doch die Konsequenzen könnten verheerend sein: Sollte sich in weiteren Ermittlungen herausstellen, dass es sich zumindest um einen bedingten Vorsatz handelt, die Videos also bewusst heruntergeladen oder gar angeschaut wurden, droht dem Angeklagten eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Ein hohes Risiko – zumal er in der Erstinstanz vom Besitz von kinderpornografischen Inhalten freigesprochen wurde.

Wann die Verhandlung fortgesetzt wird, ist noch unklar.