Patienten mit Bagatellerkrankungen blockieren oft die Abläufe in Notaufnahmen. Foto: Zinken Foto: Schwarzwälder Bote

Umfrage: 38 Prozent würden das Krankenhaus trotz geöffneter Arztpraxen wählen

Pforzheim. Überlaufene Notaufnahmen, überlastete Ärzte, Patienten in der Warteschleife: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will die Notfallversorgung umkrempeln, damit genau das nicht mehr passiert. Ziel ist eine stärkere Steuerung der Patienten über neue gebündelte Leitstellen und zentrale Anlaufstellen in Kliniken, die beide jeweils über die Behandlung entscheiden sollen.

Immer häufiger blockieren Patienten mit Bagatellerkrankungen die Abläufe in Notaufnahmen – auch zu den Öffnungszeiten der ambulanten Arztpraxen. Eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Kaufmännische Krankenkasse (KKH) Pforzheim bestätigt dies: Von allen rund 1000 Befragten würde mehr als jeder Dritte das Krankenhaus trotz geöffneter Praxen ansteuern – auch wenn er bei nicht lebensbedrohlichen Beschwerden Hilfe benötigt.

40 Prozent fühlen sich in Klinik besser versorgt

Von denjenigen Befragten, die in den vergangenen fünf Jahren mindestens einmal in der Notaufnahme waren, ging fast jeder Dritte innerhalb der Öffnungszeiten von Arztpraxen ins Krankenhaus. Unter den 18- bis 29-Jährigen hätte alternativ sogar fast jeder Zweite einen Haus- oder Facharzt kontaktieren können. Als Grund gaben mehr als 40 Prozent der Notaufnahme-Nutzer an, dass sie sich im Krankenhaus medizinisch besser versorgt fühlen als in der Arztpraxis. Ein Viertel der Befragten wurde nach eigener Aussage vom Haus- oder Facharzt an die Notaufnahme verwiesen. Ebenfalls knapp ein Viertel führte als Grund an, dass Patienten dort ohne einen Termin Hilfe erhalten. 13 Prozent sagten, dass sie so kurzfristig keinen Termin in der Arztpraxis bekommen und deshalb die Notaufnahme aufgesucht hätten. Nur zwölf Prozent gaben an, dass ihre Beschwerden in der Arztpraxis nicht behandelt werden (etwa Berufsunfälle, schwere Unfälle, Fälle für Notoperationen).

"Bei gesundheitlichen Beschwerden will natürlich jeder rasche und umfassende medizinische Hilfe erhalten. Diese gibt es aber an Werktagen tagsüber nicht nur in der Notaufnahme, sondern auch in Arztpraxen", erläutert Siegfried Maier vom KKH-Serviceteam in Pforzheim. "Nur bei gravierenden und lebensbedrohlichen Beschwerden ist die Notaufnahme eines Krankenhauses tagsüber die richtige Adresse."

Geht es darum, außerhalb der Öffnungszeiten von Arztpraxen bei nicht lebensbedrohlichen Beschwerden Hilfe zu erhalten, würde etwa je ein Drittel aller Befragten den Bereitschaftsdienst anrufen oder in die Notaufnahme gehen. Rund jeder Fünfte würde eine ambulante Notfallpraxis aufsuchen. Unter denjenigen, die die Notaufnahme bevorzugen, kennen immerhin fast 40 Prozent den ärztlichen Bereitschaftsdienst, würden aber dennoch zuerst ins Krankenhaus gehen, als dort anzurufen. Acht Prozent würden den Rettungsdienst unter der Nummer 112 alarmieren.