Das Team der Beratungsstelle des Caritasverbandes in Pforzheim blicken auf das Jahr 2018 zurück. Foto: Helbig Foto: Schwarzwälder Bote

Erziehung: Beratungsstelle des Caritasverbandes und der evangelischen Kirche Pforzheim legt Zahlen vor

Seit 2005 gibt es die Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und deren Familien im Pestalozzihaus in Pforzheim. Träger der Einrichtung sind der Caritasverband und die evangelische Kirche Pforzheim.

Pforzheim. Der Leiter der Beratungsstelle, Tom Handtmann, stellte zusammen mit den Kolleginnen Claudia Theilmann-Braun und Regine Reinold den Tätigkeitsbericht für das Jahr 2018 vor. "2018 war zahlenmäßig ein Rekordjahr. Noch nie haben so viele Menschen Hilfe und Unterstützung gesucht", sagte Handtmann. 624 Kinder und Jugendliche sowie 752 "mitberatene" Bezugspersonen, in der Regel Eltern, haben Beratung in Anspruch genommen. Sieben bis acht Beratungsstunden in einem Zeitraum von einem halben Jahr sind im Schnitt notwendig. Bei 54 Kindern wurde eine Risikoeinschätzung wegen Verdacht auf Kindeswohlgefährdung durchgeführt, desgleichen auch bei 49 externen Fällen in Schulen. 411 Fälle konnten im Berichtsjahr abgeschlossen werden. Es gab 422 Neuanmeldungen.

Seit 2010 gibt es eine Online-Beratung, die 47 Personen in Anspruch nahmen. Handtmann berichtete, dass zunehmend jüngere Kinder schon seelisch erkranken würden. Rund ein Fünftel der Hilfesuchenden sind im Vorschulalter. Dafür nennt Handtmann verschiedene Gründe. So änderten sich die Familienstrukturen. Die Kinder seien allgemein hohen Anforderungen ausgesetzt. Auch gebe es eine Verunsicherung bei den Eltern darüber, wie man sein Kind richtig erziehe. Und obendrein führten die vielen medialen Einflüsse zu einer "Werteverwirrung". Es sei weniger klar, was richtig und was falsch sei.

In Pforzheim fehlen Psychiater

Theilmann-Braun ergänzte, dass auch die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergehe. Es spiele für Kinder durchaus eine Rolle, wenn sie nicht die Teilhabe bekommen könnten, die sie bräuchten, um sich gesund zu fühlen. Leider sei Pforzheim nicht gut versorgt mit Kinderpsychiatern. So überbrücke die Beratungsstelle auch oft die Zeit bis zur stationären Aufnahme oder Behandlung bei niedergelassenen Kollegen. Die größte Herausforderung seien die Elternkonsensgespräche bei Trennungen. Ziel sei es, den Trennungsprozess so zu beeinflussen, dass es den Kindern weiterhin gut gehe. Großer Beratungsbedarf zeige sich auch bei den Gruppen mit Migrationshintergrund. Die Beratungsstelle fördere die Integration durch Gruppenangebote für Menschen nach der Flucht. Die Zahl für Kinder, die aus Afghanistan, dem Irak, Iran, aus Syrien oder afrikanischen Staaten nach Pforzheim geflüchtet und an einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden, sei auf 30 angestiegen.

Betroffene auch aktiv ansprechen

Mehrere Projekte markieren auch einen Paradigmenwechsel von der "Komm-Struktur" zur "Geh-Struktur". Bisher kamen die Hilfesuchenden in die Einrichtung. "Neuerdings gehen wir auch hinaus, um bestimmte Gruppen zu erreichen", erläuterte Handtmann. Beispielsweise bietet das Projekt "Erziehungsberatung vor Ort", ein Angebot für Eltern und Erzieherinnen, Sprechstunden in Kitas an, die gut angenommen werden.

Das Team der Beratungsstelle besteht aus einer Verwaltungskraft und acht Psychologen und Sozialpädagoginnen. "Personell sind wir mehr als an der Grenze", klagt Handtmann. "Es wäre für uns wichtig, wenigstens eine halbe Stelle mehr zu bekommen, weil wir immer mehr und immer aufwendigere Fälle bekommen", wünscht er sich, und bekräftigt, "die Erziehungsberatung ist die kostensparendste Variante, sie erspart der Stadt hohe Nachfolgekosten durch stationäre Behandlung oder Heimunterbringung".