Für den Fall, dass er auf der Straße erkannt wird, hat er immer eine Autogrammkarte parat: Gerhard Knapp, der Bartweltmeister aus Pforzheim. Foto: Schwarzwälder-Bote

Gerhard Knapp trägt seinen Vollbart seit 60 Jahren. Jedes Strähnchen muss genau sitzen.

Pforzheim - Gut und gerne eine halbe Stunde braucht Gerhard Knapp morgens im Bad. Und das nur für den "Alltagslook".

Denn "jedes Härle muss sitzen". Seinen Bart hegt und pflegt der 77-Jährige seit 60 Jahren. "Als 17-Jähriger hatte ich einen Motorradunfall, und seither habe ich eine Narbe über der Lippe", sagt der mehrfache Bartweltmeister. Um diese zu kaschieren, habe er sich einen Bart wachsen lassen.

Mit 28 Jahren reichte er ihm bis ans Knie. Später begann er, seinen Bart in immer neue haarige Kunstwerke zu verwandeln. "Jetzt im Alter merke ich aber schon, dass er nicht mehr so schön wächst wie früher."

Und trotzdem holt Knapp immer noch Titel nach Deutschland. Bei der Bartweltmeisterschaft im vergangenen Jahr in Trondheim wurde er Vizeweltmeister in der "Königsklasse" Vollbart-Freistil. Ausgestochen hatte ihn ein Schwarzwälder aus Brigachtal. Der drehte sich einen Elch ins Haar und überzeugte so die Jury. "Ich halte davon nichts. Einen Bart muss man auch im Alltag tragen können", sagt Knapp. Meist seien diese Kreationen zwar ein Hingucker, lenkten aber von dem eigentlichen Kriterium ab: einem kräftig gewachsenen, sauberen Bart.

Insgesamt seien die Deutschen eine starke Bart-Nation im internationalen Vergleich. Der Club "Pforzemer Schnäuz" ist einer der kleinsten Bartclubs und doch einer der erfolgreichsten. Deshalb findet die nächste internationale Bartmeisterschaft in Pforzheim statt. Knapp rechnet im April des kommenden Jahres mit vielen Teilnehmern aus den USA: "Die haben einen starken Nachwuchs."

Auch die Deutschen seien "bartbegeistert" und sprächen ihn oft auf der Straße an. Für die Meisterschaft plant der ausrichtende Club einen Umzug durch die Innenstadt für die Schaulustigen. Countrymusik soll für Stimmung sorgen. Ein dreitägiges Programm ist geplant, an dem bereits TV-Sender aus aller Welt Interesse zeigten.

Um den heimischen Nachwuchs zu motivieren, gibt es neuerdings neben den Wettbewerbskategorien Voll-, Kinn- und Oberlippenbart die Kategorie "Junge Mode". "Das ist dann so ein Stil à la Kevin Kuranyi, bei dem auch mal anrasiert wird", sagt der amtierende Weltmeister.

Der gelernte Friseurmeister weiß, wovon er spricht. Für unterschiedliche Haarpflegehersteller tourte er um die ganze Welt. Auch gegenwärtig führt sein Weg oft raus aus der Goldstadt. Gottschalk, Fliege, Schmidt und Jauch: Alle hat er sie schon getroffen. Kein Wunder, denn er sprüht vor Ideen. Er darf sich nicht nur Weltmeister im Bartgewichtheben nennen, sondern war auch Teil der längsten Bartkette der Welt. So hat er es sogar ins Guinnessbuch der Rekorde geschafft.

Um seine eigenen Styling-Ideen umzusetzen, kehrt er stets ins heimische "Bart-Zimmer" zurück. In seinem Allerheiligsten kann er vor den Wettbewerben bis zu fünf Stunden verbringen.