Vorsicht, Wildwechsel: Solche Warnschilder an bestimmten Straßenabschnitten weisen auf die Gefahren einer Begegnung des Autofahrers mit Wildtieren hin. Foto: Gräff

SchwaBo-Mitarbeiterin Christine Störr erlebt Zusammenstoß mit Wildtier. 740 Verkehrsunfälle in der Ortenau.

Ortenau - Es passiert im Herbst des vergangenen Jahres. SchwaBo-Mitarbeiterin Christine Störr fährt zu einem Termin nach Haslach. Es ist bereits dunkel. Kurz nach  Hofstetten, in Höhe des Rückhaltebeckens, endet ihre Fahrt jedoch abrupt. "Es ging alles so schnell", erinnert sich Christine Störr an den Moment: "Plötzlich schießt das Reh aus einem Gebüsch, rennt vor mein Auto, und dann hat es schon geknallt."

Das Tier war bereits tot, als Störr, noch  unter Schock stehend, aus ihrem Auto steigt. "740 Mal hat es 2013 in der Ortenau Verkehrsunfälle mit Wildtieren gegeben", sagt dazu Hans Peter Huber vom Polizeipräsidium Offenburg. Eine Zahl, die erschreckt, aber laut Huber nur etwa zehn Prozent der gesamten Verkehrsunfälle im Kreis ausmachen. Zwölf Autofahrer sind bei Wildunfällen leicht und sechs schwer verletzt worden. Für die Tiere endet der Kontakt mit dem Auto meistens tödlich. "Das ist sicher auch besser so", schätzt Kreisjägermeister Hans-Jürgen Schneider aus Gutach. Denn sind die Tiere nur verletzt, flüchten sie in die schützende Dunkelheit des Waldes. "Und je nach Schwere der Verwundungen verenden  sie dann qualvoll", so Kreisjägermeister Schneider.

Wann ist die Gefahr eines Wildunfalls für Autofahrer denn besonders groß? Da gehen Statistik und Erfahrungen auseinander. "Die Polizeistatistik sagt, dass die meisten Schadensereignisse im Januar sind", so Hans Peter Huber.

"Das entspricht nicht unbedingt der Erfahrung von uns Jägern, da im Januar die Aktivität des Rehwilds, aber auch anderer Schalenwildarten mit Ausnahme des Schwarzwilds, auf Grund der ›Energieeinsparung‹ deutlich zurückgefahren wird", sagt dagegen Hans-Jürgen Schneider. Erst mit Beginn der Vegetationszeit im März werde das Rehwild wieder aktiver. Eine Ausnahme bilden da laut Schneider die  Füchse.  "Die haben im Dezember und Januar Paarungszeit." Andere Wildarten wie  der Hase sind meist nachts unterwegs und Jahreszeitlich bedingt ist diese im Januar sehr lang. "Hasen wechseln dann gerne vom Wald auf die angrenzenden Wiesen, um dort in vom Schnee freigewehten Flächen Grashalme zu äsen", so Schneider.

Mit Wildtier-Kontakten muss der Autofahrer eigentlich immer rechnen. Aber es gibt laut Schneider drei Schwerpunkte: "Das ist im Frühjahr, wenn die Tiere aus dem Wald auf die Wiese ziehen, im Sommer während der Brunftzeit und dann wieder im Herbst." Und da ist vor allem die Zeitumstellung ein großes Thema. "Die bringt Autofahrer und Wildtiere häufiger zusammen", warnt Ulrich Baade vom Landesjagdverband Baden-Württemberg. Reh, Wildschwein und andere Wildtiere machen sich im vermeintlichen Schutz der Dämmerung  am häufigsten von ihren Tagesverstecken zur Futtersuche auf. "Und die fällt nach der Umstellung auf Winterzeit wieder mit dem Feierabendverkehr zusammen", so Baade. Besonders gefährlich sind  demnach die Übergangsbereiche zwischen Wald und Feld sowie die Nähe von Obstwiesen.

Was soll der Autofahrer also tun? "Erhöhte Vorsicht walten lassen", rät Baade. Ein Ausweichmanöver sollte demnach unbedingt vermieden werden, sie enden meist folgenschwerer als ein Zusammenstoß. "Abblenden, hupen und – wenn es der nachfolgende Verkehr zulässt  – bremsen", sagt Baade.Auch Hans-Jürgen Schneider gibt ein paar Tipps: "Verletzten Tiere sich niemals nähern, sie würden in Panik versuchen, zu fliehen."  Bei einem Unfall, egal ob mit Reh, Wildschwein, Fuchs oder Hase –  sollte auf jeden Fall – schon aus versicherungstechnischen Gründen – die Polizei informiert werden, diese verständigt dann auch den zuständigen Jäger.

Um Tier und Mensch so gut wie möglich zu schützen, haben Jäger  an über 4000 wildunfallgefährdeten Straßenkilometern in Baden-Württemberg auf eigene Kosten die Leitpfosten mit blauen Warnreflektoren bestückt. "Die reflektieren das Licht des Autoscheinwerfers in den Wald und hindern beispielsweise das Reh daran, auf die Straße zu laufen", sagt Hans-Jürgen Schneider. Die Farbe Blau habe sich nach verschiedenen Versuchen übrigens als die Effektivste herausgestellt: "Die ist für das Wild am deutlichsten zu erkennen." Christine Störr jedenfalls wird ihren  Wildunfall wohl nicht vergessen. "Es war ein hässliches Geräusch, als das Reh auf mein Auto prallte,  wochenlang ging mir der Knall nicht aus dem Kopf", sagt sie rückblickend. Sie hat aus ihrem Wildunfall gelernt: "Seitdem fahre ich noch vorsichtiger", so ihr Fazit.