Trugen zu einem guten Gelingen des Festakts bei (von links): Carlo Carosi, Yannick Bury, Pfarrer Christian Meyer, Gemeindereferentin Petra Steiner, Bürgermeister Nicolai Bischler, Gunter Demnig, Heinrich Schwendemann und Günter Fischer. Foto: Kleinberger

Steinach gibt Opfern der NS-Gewaltherrschaft ihr Gesicht zurück und macht das Gedenken so auch in der Gemeinde greifbar: Am Mittwoch sind fünf Stolpersteine verlegt und eine Stele mit Namen der Opfer enthüllt worden.

Steinach - Die Feier war mit an die 60 Personen gut besucht. Besonders freute sich Bürgermeister Nicolai Bischler darüber, dass zwei Klassen des SBBZ dazu gekommen waren: "Schön, dass das Gedenken hier über Generationen hinweg einen Platz hat."

Die Aktion in Steinach geht auf eine Initiative von Günter Fischer zurück, der sich intensiv mit der Geschichte des Dritten Reichs beschäftigt hat. Ihm dankte Bischler ausdrücklich. Während die Feier vom Klezmer-Duo "Fason" musikalisch umrahmt wurde und Künstler Günther Demnig die Steine verlegte, ging es in den Ansprachen um die Aktualität des Gedenkens und die Biografien der Opfer.

Heinrich Schwendemann, Vorsitzender des Historischen Vereins Steinach, sorgte für den historischen Kontext. Bei den Personen, an die in Steinach mit Stolpersteinen erinnert wird, handelt es sich um Menschen mit Behinderung. Bereits 1933 erließen die Nationalsozialisten ein Gesetz, nach dem "erbkranker Nachwuchs" verhindert werden sollte – die Grundlage zur Zwangssterilisation, die Hunderttausende Menschen in Deutschland über sich ergehen lassen mussten, weil sie als "behindert" oder "geisteskrank" galten. Bald entstand eine offene Diskussion über die Euthanasie solcher Menschen, die schließlich in der "Aktion T4" gipfelte: Sie wurden aus Pflegeheimen abgeholt und mit Gas getötet. "Zur Einsparung von Nahrungs- und Finanzmitteln und zur Freisetzung des medizinischen Personals", so Schwendemann. Diese Ressourcen sollten nach dem Willen des NS-Regimes nicht an diese Menschen verschwendet werden. Die Tötungen waren außerdem ein perfider Testlauf für die späteren Vernichtungslager.

Es war eine erschütternde Zusammenfassung dessen, was Steinacher über sich ergehen lassen mussten. Der Bundestagsabgeordnete Yannick Bury (CDU) erinnerte an Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes und befand, die Stolpersteine würden nicht nur daran erinnern, sondern auch an Mitmenschlichkeit. Das Gedenken sei heutzutage wichtiger denn je und müsse so zentral bleiben, wie die Verlegung in der Ortsmitte Steinachs es zeige. "Wir müssen alle wachsam bleiben, damit sich die Unmenschlichkeit nicht wiederholt", sagte Bury. Das beginne beim Umgang miteinander, denn auch in der NS-Zeit habe alles mit Worten angefangen.

Günter Fischer blickte auf den Beginn seiner Recherchen vor 13 Jahren zurück. "Damals hätte ich nicht gedacht, dass in Steinach solche Gemeinheiten zutage kommen", sagte er. Dann ging er kurz auf die Menschen ein, deren Leiden in Steinach nun gedacht wird. Zahlreiche Angehörige der Opfer waren bei der Feier dabei, was Fischer sichtlich rührte. Barbara Dorner, Wilhelm Halter, Maria-Anna Heitzmann, Josef Neumaier und Maria-Anna Schwörer sind Opfer der Zwangssterilisierung beziehungsweise der Euthanasie.

Euthanasie-Opfer und Zwangsarbeiter

Er habe festgestellt, dass es sich oft um Ledige gehandelt habe, die weggeschafft wurden, so Fischer. Und in Steinach sei die Aussage umgegangen: "Wer sein Brot nicht verdient, der stirbt".

Es gehe darum, den Opfern ihr Gesicht zurückzugeben, so Fischer. Bürgermeister Bischler betonte abschließend, mit der Feier sei ein Auftakt geschaffen worden, um die Geschichte in Steinach weiter wach zu halten.

Die Stele

Die Stele beim Steinacher Rathaus erinnert an Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene, die im Ort ihr Leben ließen. Sie erinnert an Dmitri Karatschun (russischer Kriegsgefangener), der mit gerade einmal 14 Jahren sein Leben ließ, weil er bei Arbeiten auf einem Hof einen Stromschlag erlitt. Fernand Brossamain war ein französischer Kriegsgefangener, der bei Bohrarbeiten im Steinbruch umkam. Nikolaus Klein, ein jüdischer KZ-Häftling, der auf einem im Einet versteckten SS-Bauzug arbeitete, wurde eines Tages tot zum Rathaus geschleift und am Friedhof verscharrt. Ebenso erging es einem unbekannten russischen Kriegsgefangenen, über den er nicht mehr viel habe herausfinden können, so Günter Fischer.