Foto: Schwarzwälder Bote

Generationendialog: Gemeinde Oberwolfach gibt Startschuss für Projekt / Bürger am Prozess beteiligen

"Wie wollen wir in Zukunft miteinander leben?" Diese Frage hat am Donnerstagabend bei der Auftaktveranstaltung des Generationendialogs Oberwolfach im Mittelpunkt gestanden. Und viele Bürger ließen sich auf das ungewöhnliche Projekt ein.

Oberwolfach. Nachdem Bürgermeister Matthias Bauernfeind und Projektbegleiterin Lena Hummel den Generationendialog noch einmal vorstellt hatten, startete Hummel ein Experiment. Von den Oberwolfachern wollte sie wissen: "Wie lange leben Sie schon hier?" Einfach die Hand zu heben wäre zu leicht: Die Besucher ordneten sich in eine der vier Ecken der Festhalle. Entweder zu der Gruppe "Frischer Blick", die seit weniger als fünf Jahren in der Gemeinde leben, zu den "Liebhabern" (fünf bis 15 Jahre), den "Kennern" (mehr als 15 Jahre) oder zu den "Originalen". Dabei zeigte sich: Selbst wer noch nicht lange in Oberwolfach wohnt, lernt den Ort schnell zu schätzen. "Ich hoffe, dass Sie die Geschichten und Anekdoten ins Morgen übertragen", richtete Hummel an die größte Gruppe der "Originale".

Auf einer Postkarte sollten alle anschließend in Kleingruppen ihre Zukunftsvision von Oberwolfach zu Papier bringen. Auch das ging nicht einfach so vonstatten: "Stellen Sie sich vor, Sie schreiben in fünf Jahren einem Bekannten, der länger nicht hier war", forderte Hummel auf. Bereitwillig ließen sich die Besucher auf die ungewöhnliche Aufgabe ein.

Künstlerin zeichnet zu Zukunftsvisionen

Diese Visionen setzte die Künstlerin Lisa Moll aus Stuttgart sogleich kreativ um: Während des anschließenden Vortrags von Hans-Gottfried Haas zeichnete sie passende Motive zu jeder Karte. Zwölf Stück fertigte sie mit flinken Strichen an.

Haas entführte die Besucher währenddessen in das Heute und Gestern: In seinem kurzweiligen Fotovortrag stellte er alte Fotos aus Oberwolfach neuen gegenüber, montierte alte Aufnahmen teilweise in die aktuellen hinein. Dabei schwelgte das Publikum in Erinnerungen. "Den kenne ich doch" oder "Das ist doch unser Haus" war häufig zu hören. Teilweise wurden vereint Namen oder Orte zugeordnet. Besonders bei den alten Schulfotos erkannten sich viele selbst wieder.

Anschließend folgten mehrere kurze Filme: Zum einen ein Imagefilm, den Schüler der Wolftalschule 2016 von Oberwolfach und dem Wolftal erstellt hatten, zum anderen einen Film der Gemeinde mit Luftbildern des Orts. Der dritte Film – "Oberwolfachs sagenhafte Schatzsuche", in dem die Kinder des Kindergartens St. Josef ihren großen Auftritt hatten – holte die Besucher wieder in die Zukunft. "Wie wollen wir die Zukunft für nachfolgende Generationen gestalten?", fragte Bauernfeind.

Hummel hatte inzwischen einen Stapel mit Zeichnungen, die sie dem Publikum auf der großen Leinwand zeigte, während sie dazu die Postkarten vorlas. Und was stellen sich die Oberwolfacher das Leben in fünf Jahren nun vor? Einerseits halten die Bürger generationenübergreifend zusammen. Da hilft Luis, acht Jahre, seiner Nachbarin Gerda, 85 Jahre, beim Rasenmähen, während sich sein Bruder und sein Opa von einem Konzert in der Wolfsklause erholen. Per WhatsApp verabreden sich die Bewohner im Generationencafé und der Radweg ist mittlerweile fertiggestellt. Ein Teilnehmer hat sich das Roboter-Mähgerät der Gemeinde ausgeliehen und kann sich zurücklehnen. "Der schafft die 15 Hektar ohne mich – die Landwirtschaft hat sich grundlegend verändert", ist zu lesen.

Fotoausstellung am Nachmittag gut besucht

Und die Mitfahrbänkle werden mittlerweile von einem selbstfahrenden Bus bedient. Überhaupt war der Öffentliche Nahverkehr ein wiederkehrendes Thema der Zukunftsvisionen.

Bereits am Nachmittag sei die Fotoausstellung gut besucht gewesen, resümierte Bürgermeister Bauernfeind im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Zu Besuch waren auch der Kindergarten und Schule, die ebenfalls ihre Zukunftsvisionen vorstellten. In der Festhalle waren zudem Bilder ausgestellt, die Oberwolfach in der Vergangenheit zeigen – und direkt daneben aktuelle Bilder aus dem selben Blickwinkel. Zur Verfügung gestellt hatten sie Haas und Levin Dieterle. Darüber kamen Jung und Alt schnell ins Gespräch – nicht zuletzt sorgten die Fotobox und die ausliegende Chronik der Narrenvereinigung für regen Austausch.

Der Generationendialog geht weiter: Geplant sind beispielsweise eine Veranstaltung mit Billy Sum-Hermnann zum Thema Sagen und Geschichten – ausdrücklich zum Mitmachen, wie Bürgermeister Matthias Bauernfeind betont. Zudem ist eine Vereinskonferenz im Herbst vorgesehen, bei der es um die Vereinsarbeit gehen soll. Für die "Generationen-Tandems" werden laut Lena Hummel noch "Schlummernde Talente" gesucht. "Zum Beispiel jemand, der Cego spielen kann und jemand, der es lernen möchte", erklärte sie die Idee. Auch weitere Talente sind denkbar: Fasnetsküchle backen, alte Gerichte kochen, neue Medien erklären – die Palette ist breit gefächert. Wer Interesse hat oder sein Talent zur Verfügung stellen möchte, kann sich persönlich im Rathaus oder bei Petra Neef unter Telefon 07834/83 83 15 oder per E-Mail an pneef@oberwolfach.de melden. Auch für weitere Ideen sind die Initiatoren offen.

Es ist ein wirklich spannendes Projekt, für das die Gemeinde Oberwolfach am Donnerstagabend den Startschuss gegeben hat. "Wie wollen wir in Zukunft miteinander leben?" Mit dieser Frage setzt sich die Gemeinde aktiv auseinander – und holt dafür die Bürger mit ins Boot. Und daran tut sie gut. Denn: Die Oberwolfacher können diese Frage am besten selbst beantworten – und das auf sehr kreative Art und Weise. Diese Ideen gilt es abzuschöpfen, denn darin schlummert viel Potenzial. Und dabei zeigt sich, dass in der Gemeinde auch in Zeiten des demografischen Wandels vieles richtig läuft. Ein Besucher ordnete sich zum Beispiel den "Liebhabern" zu. "Und mein Sohn steht bei den Originalen", sagte er. Das macht deutlich: Die Gemeinde ist eine starke Gemeinschaft mit vielen guten Ideen. Weiter so, liebe Oberwolfacher. Bleibt dran und macht euren Wohnort noch lebens- und liebenswerter für künftige Generationen.