Hand in Hand schultern (von links) Sozialdezernent Norbert Weiser, Oberreichenbachs Bürgermeister Karlheinz Kistner sowie Andreas Reichstein, Leiter der Erlacher Höhe, die Unterbringung von minderjährigen Flüchtlingen, die alleine im Kreis Calw angekommen sind. Foto: Stocker

Erlacher Höhe beschreitet neue Wege und steigt in Betreuung ein. Oberreichenbach zieht bei Projekt voll mit.

Kreis Calw/Oberreichenbach-Würzbach - Unter den Flüchtlingen, die den Kreis erreichen, sind so manche, die alleine kommen und dazu noch minderjährig sind. Bei deren Unterbringung bekommt der Landkreis nun Hilfe von neuer Seite. Die Erlacher Höhe beschreitet neue Wege und steigt auch in die Betreuung ein.

Die Obdachlosenhilfe stellt nämlich nicht nur das gepachtete Gäste- und Tagungshotel Talblick in Würzbach zur Verfügung. Vielmehr stemmt die Erlacher Höhe auch die sozialpädagogischen Anforderungen. "Wir freuen uns, dass die Gemeinde das Vorhaben mitträgt", sagt deren Leiter Andreas Reichstein, zumal die Unterbringung der Jugendlichen in dem Oberreichenbacher Ortsteil innerhalb von nur wenigen Tagen realisiert wird. Der Landkreis unternimmt aber auch in diesem Bereich nichts ohne die Gemeinde.

"Der Gemeinderat akzeptiert das Vorhaben und ist froh, einen so kompetenten Träger dafür im Boot zu wissen", berichtet Oberreichenbachs Bürgermeister Karlheinz Kistner. Man sei sich bewusst, dass zurzeit alle an einem Strang ziehen müssten. "Wir haben mit dieser Intensität des Bedarfs nicht gerechnet", räumt denn auch Norbert Weiser, Sozialdezernent des Landkreises im Pressegespräch ein. "Allerdings muss die Unterbringung den Grundlagen der Jugendhilfe entsprechen und rund um die Uhr betreut sein", erläutert Weiser. Bisher gibt es in Ebhausen eine kleinere Einrichtung für acht Jugendliche sowie eine Tagesgruppe für weitere zehn Minderjährige.

Die jetzt geänderte Verteilung von jugendlichen Flüchtlingen schafft darüber hinaus auch eine gewisse Form von Zeitdruck. Demnach sind für den Kreis Calw bis Ende dieser Woche 24 junge Menschen angekündigt. "Sie kommen aus München, und wir müssten trotzdem die Kosten tragen, falls wir keine Unterbringung ermöglichen können – und außerdem einen Aufschlag in gleicher Höhe zahlen", fasst der Sozialdezernent zusammen.

Umso mehr freue er sich, dass die Erlacher Höhe neue Wege einschlage und auf dem Gebiet einsteige, sei sie doch kein ausgewiesener Träger der Jugendhilfe. "Die Bereitschaft zu dieser Entwicklung, die ein Konzept und vor allem personellen Einsatz fordert, ist vorbildlich", unterstreicht Weiser. Bürgermeister Kistners Hinweis, dass die Jugendlichen vor allem Perspektiven bräuchten, begegnet Reichstein mit konkreten Planungen für die Sprachförderung. "Die können wir selber ermöglichen und bringen damit eine Tagesstruktur in die Gruppe", sagt er und verweist auf den eigentlichen Sprach-Unterricht in Calw.

Weitere Klassen in den Berufsschulen

"Durch Begegnung werden Ängste abgebaut", stellt Reichstein zudem verschiedene Möglichkeiten des Kennenlernens zwischen Jugendlichen und Bevölkerung in Aussicht. Mit Zuversicht und Stolz auf die aufgeschlossene Bevölkerung des Landkreises stellt der Sozialdezernent fest, dass in den bisherigen 25 Jahren der Asylbewerberhilfe noch nie etwas Nennenswertes passiert sei.

"Bis Ende Januar sind uns weitere 40 Jugendliche angekündigt, und wir sind auf der Suche nach Unterbringung", blickt Weiser nach vorne und wirbt um Nachahmer, auch solche ohne Jugendhilfe-Hintergrund, um Hand in Hand den jungen Leuten ein Dach über dem Kopf zu ermöglichen. Gleichzeitig stellt er in den Berufsschulen weitere Klassen in Aussicht, um Sprachhürden zu minimieren und erste berufliche Informationen zu vermitteln.