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Geldstrafe für uneinsichtigen Angeklagten. Vorwurf von Amtsmissbrauch gegenüber Richter.

Oberndorf - Die Straftat war überschaubar. Weil bei einem 47-Jährigen etwas Heroin gefunden worden war, musste er sich vorm Oberndorfer Amtsgericht verantworten. Der Angeklagte zeigte sich uneinsichtig, warf dem Richter gar vor, er werde wegen seines italienischen Namens strenger behandelt.

Für Amtsgerichtsdirektor Wolfgang Heuer war der Angeklagte kein Unbekannter. Zu einer vorhergehenden Verhandlung war der Mann alkoholisiert erschienen und hatte im Sitzungssaal "herumgepöbelt". Dafür war er bereits mit einem Ordnungsgeld belegt worden. Diesmal erschien der 47-Jährige zwar nüchtern, einsichtig zeigte er sich aber keineswegs. Im November 2018 war bei einer Kontrolle durch die Polizei im Zug bei Sulz unter anderem Heroinbase bei dem arbeitslosen Heizungsbauer gefunden worden. Dafür gab es einen Strafbefehl. 50 Tagessätze à 40 Euro sollte er bezahlen.

Einen Anwalt kann er sich nicht leisten

Der Angeklagte legte Einspruch ein. Also traf man sich zur Verhandlung vorm Amtsgericht. Er war ohne Anwalt erschienen. Den könne er sich nicht leisten, erklärte der Mann. Und einen Pflichtverteidiger habe er nicht gestellt bekommen.

Zwar gab er zu, dass die kleine Menge Rauschgift, eingepackt in Alufolie, ihm gehört hatte. Jedoch seien dies nur noch die Reste einer Ration gewesen, die er konsumiert habe. Und Konsum sei schließlich nicht strafbar.

Das sahen Staatsanwalt und Richter ganz anders. Denn bei dem Vorstrafenregister des Angeklagten – 15 Verurteilungen, darunter auch zu Haftstrafen, finden sich in dessen Akten – hätte er wissen müssen, dass er nicht einmal die geringste Menge an Rauschgift mit sich führen dürfe. Ein klarer Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz also.

Heuer versuchte dem Drogensüchtigen eine goldene Brücke zu bauen. Er schlug ihm vor, nicht gegen den Strafbefehl an sich, sondern lediglich gegen die Höhe der Tagessätze Einspruch einzulegen. Er versäumte nicht, mehrfach zu betonen, dass ein Richter bei seiner Urteilsfindung nicht an einen Strafbefehl gebunden sei. Sprich – es könnte sogar teurer werden.

"Eine Unverschämtheit"

Der Angeklagte hingegen zeigte keinerlei Unrechtsbewusstsein. Stattdessen warf er dem Richter vor, ihn ungerecht zu behandeln. "Säße jemand mit einem anderen Nachnamen hier, würde es für ihn besser ausgehen", sagte er in Anspielung auf seine italienische Herkunft. Dabei habe er immer gedacht, Deutschland sei eine Demokratie.

Da geriet er bei Wolfgang Heuer gerade an den Richtigen. "Sie werfen mir hier also Amtsmissbrauch und Rechtsbeugung vor? Das ist eine Unverschämtheit, was Sie da sagen", wurde der Richter wütend. Ihm sei völlig egal, ob ein Meier, Müller, Huber oder Romano (Name von der Redaktion geändert) vor ihm sitze. Für alle gelte das gleiche Recht. Wenn er allerdings einen Angeklagten mit 15 Vorstrafen wegen ähnlicher Vergehen vor sich habe, so sei dies schon von Belang.

100 Tagessätze à 30 Euro lautete schließlich das Urteil. Damit ging Heuer noch über die von der Staatsanwaltschaft geforderten 70 Tagessätze à 20 Euro. Unterm Strich muss der Angeklagte jetzt also 3000 Euro berappen, plus die Verfahrenskosten. Hätte er den Strafbefehl angenommen, wäre er mit 2000 Euro günstiger weggekommen.

Mit den Worten "Es wäre schön, wenn wir uns hier nie wieder sehen", verabschiedete Heuer den Verurteilten.