Bis zum 26. Juli muss im internen Streit bei Heckler & Koch eine Einigung her. Foto: Heckler & Koch

Stellvertretender Betriebsratsvorsitzender fristlos entlassen. Interner Krach wird vor Gericht ausgetragen.

Oberndorf - Gerüchte über eine drohende Pleite und nun ein großer interner Krach, der vor Gericht ausgetragen wird. Zwischen der Geschäftsleitung des Waffenhersteller Heckler & Koch und dem Betriebsrat gibt es Knatsch.

Streitpunkt ist die fristlose Kündigung des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Martin Stussak. Weil der Betriebsrat dieser nicht zustimmte, wurde von der Geschäftsführung des Waffenhersteller eine Zustimmungsersetzung beantragt, so schildert es Oliver Schmitt, Sprecher und Richter am Arbeitsgericht in Villingen-Schwenningen.

Generell können Betriebsratsmitglieder laut Kündigungsschutzgesetz nur außerordentlich gekündigt werden und auch nur mit Zustimmung des Betriebsrates. Der besondere Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder gilt für die Dauer ihrer Amtszeit und für ein weiteres Jahr nach Ausscheiden aus dem Betriebsrat.

Jetzt hatten sich die Parteien dort zu einem Erörterungstermin getroffen. Ausgangspunkt des Konfliktes zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung sei ein anderes laufendes Verfahren gewesen, das der Betriebsrat angestrengt hatte. "Dabei ging es um Auskünfte, die der Betriebsrat vom Arbeitgeber gefordert hatte", berichtet Schmitt.

Offenbar durch einen Fehler bei der Poststelle war die entsprechende Gerichtspost an die Geschäftsleitung auf dem Schreibtisch des freigestellten Betriebsrats Stussak gelandet. Dieser habe sie geöffnet und den Inhalt abgeheftet – seiner Aussage nach, ohne zu erkennen, dass das Schreiben nicht an ihn gerichtet war – so der Mediensprecher weiter.

Kurz vor dem Gerichtstermin habe dann wohl ein Treffen von Betriebsrat und Geschäftsführung stattgefunden, in dem es um ein anderes Thema ging. Eine sinngemäße Aussage wie "Wir sehen uns ja dann in zwei Tagen vor Gericht" von Stussak habe schließlich zum Konflikt geführt, so Gerichtssprecher Schmitt.

So werfe Heckler & Koch dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden bewusste Zurückhaltung des Briefs vor, während dieser von einem Versehen spricht. Nun sollen beide Parteien eine Einigung erzielen. Wenn diese nicht bis zum 26. Juli erfolgt, kommt es um 10.30 Uhr zu einem weiteren Termin vor dem Villinger Arbeitsgericht.

Vom Heckler & Koch-Pressesprecher Florian Bokermann gibt es nur die Aussage: "Zu den laufenden Verfahren werden wir keine Stellung beziehen". Aus dem gleichen Grund möchte sich auch der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Martin Stussak aktuell nicht äußern.

IG Metall sieht Kündigung äußerst kritisch

Der Betriebsratsvorsitzende des Unternehmes, Rudolf Ragamentu, der auch beim Gerichtsverfahren anwesend war, wollte ebenfalls kein Statement herausgeben, das nicht mit dem Gesamtbetriebsrat abgestimmt ist. Zu einem Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten ist es aus terminlichen Gründen auf Seiten des Betriebsratsvorsitzenden bislang nicht gekommen.

Die IG Metall war beim öffentlichen Erörterungstermin in Villingen anwesend und beäugt den ganzen Sachverhalt kritisch. "Uns gefällt natürlich nicht, dass ein Kollege aus dem Betriebsrat mit der Kündigung bedroht wird", sagt Georg Faigle, Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall Freudenstadt und dort Betriebsbetreuer von Heckler & Koch. Mit Sicherheit werde bei diesem Konflikt auch das eine oder andere aufgebauscht.

Das Gerücht, dass sich Martin Stussak und die IG Metall seit der Heckler & Koch-Lohnverzicht-Debatte nicht mehr grün sein sollen, dementiert Faigle. "Jedes Mitglied der IG Metall hat das Recht, über den Tarifvertrag abzustimmen. Dass manche diesen Weg, bei Heckler & Koch aus der Misere zu kommen, kritisch sehen, ist da selbstverständlich und zulässig." Das Verhältnis zu Stussak, der sich wohl gegen den Tarifvertrag ausgesprochen hatte, sei ein ganz normales. "Wir sind nicht mit ihm über kreuz", betont Faigle.

Ob eine Einigung zwischen Stussak und der HK-Geschäftsleitung zustande kommen kann, und wie sich der Streit entwickelt, das vermag der IG-Metall-Betriebsbetreuer nicht zu prognostizieren.