Ordentliche Ausmaße hat das Wespennest auf dem Dachboden bei Familie Steinbach. Fast wirkt es wie ein modernes Kunstwerk. Foto: Danner

Ganzer Wespenstaat gefunden. Über 10.000 Tiere. Anwohner teils attackiert.

Oberndorf/Epfendorf - Auf dem Dachboden von Annemarie Steinbach hat sich ein Wespenstaat häuslich niedergelassen. Die Epfendorferin wusste sich keinen Rat mehr und beauftragte eine Fachfirma. Deren Mitarbeiter besprühte das schwer zugängliche Nest, um die Tiere zu töten.

Als sich im Wohnhaus im Pfannenstiel immer mehr Wespen zeigten und die Anwohner sogar attackierten, machten sich Annemarie Steinbach und ihr Schwiegersohn auf die Suche nach der Ursache. Auf dem Dachboden wurden sie fündig. Das Nest hatte bereits enorme Ausmaße angenommen. Selbst dem Mitarbeiter der deutschlandweit tätigen Fachfirma sei so ein Exemplar selten untergekommen, berichtet Steinbach.

Der Schwarzwälder Bote hat ein Foto des Wespennests an Nils Reiser geschickt. Er ist beim Landratsamt unter anderem für den Naturschutz zuständig. Seiner Meinung nach handelt es sich um ein Nest der "Deutschen Wespe". In einer "Behausung" dieser Dimension könnten bis zu 10 000 Tiere leben, meint er. In diesem Jahr häuften sich die Meldungen von Wespennestern bei der unteren Naturschutzbehörde, und die ehrenamtlich tätigen Fachberater bestätigten, dass sie heuer recht viel zu tun hätten, so Reiser. Das anhaltende gute Wetter und das Ausbleiben von Kälteperioden könnten Gründe für das "gute Wespenjahr" 2018 sein. Auch aus dem Bereich Oberndorf habe es schon einige Meldungen gegeben.

Wespen in Deutschland

"In Deutschland gibt es mehr als 100 verschiedene Wespenarten. Davon können in der Regel nur zwei Arten – die Deutsche und die Gemeine Wespe – prinzipiell problematisch werden," erklärt er. Alle anderen Arten seien friedfertige Nützlinge, die in der Regel nur stechen, wenn man das Nest direkt störe. Grundsätzlich sollte also immer erst mal versucht werden, ein Nest an dessen ursprünglichen Standort zu belassen. Für "Problemfälle" sei die untere Naturschutzbehörde erster Ansprechpartner.

Für die "gewöhnlichen" Wespen gelte laut Bundesnaturschutzgesetz, dass es verboten sei, wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten sowie Lebensstätten wild lebender Tiere und Pflanzen ohne vernünftigen Grund zu beeinträchtigen oder zu zerstören. Ein vernünftiger Grund zum Abtöten eines Nestes läge beispielsweise vor, wenn sich im Haushalt ein Wespengiftallergiker befinde und das Nest an einem ungünstigen Standort liege – beispielsweise am Hauseingang.

Bienen, Hummeln und Hornissen hingegen gehörten in Deutschland zu den besonders geschützten Arten. Nester dieser Arten dürfen grundsätzlich nicht zerstört werden. In Ausnahmefällen könne eine Befreiung von dem Verbot durch die unteren Naturschutzbehörde erteilt werden.

Fall für die Profis

Für Fälle, in denen eine Vernichtung unausweichlich sei, sollte vorab immer geprüft werden, ob eventuell eine Umsiedlung des Nestes möglich ist. Für die untere Naturschutzbehörde sind im Landkreis Rottweil hierfür mehrere ehrenamtliche Wespen- und Hornissenberater tätig, die diesbezüglich gerne weiterhelfen, so Reiser. Von einer eigenständigen Vernichtung eines Nestes rate man aus mehreren Gründen dringend ab.

Ohne eine entsprechende Ausrüstung sei die Vernichtung eines Wespennestes sehr gefährlich. Zum einen könne davon ausgegangen werden, dass man ziemlich sicher gestochen werde. Zum anderen bestehe bei einem nicht fachgerechten Einsatz von frei verkäuflichen "Insektensprays" die Gefahr einer Gesundheitsschädigung. In Notfällen übernehme in einigen Kommunen auch die Feuerwehr das Entfernen.

Der Naturschutzbund (NABU) Baden-Württemberg rät:

Wenn man doch einmal von einer Wespe gestochen wird, sollte man Ruhe bewahren. Wespenstiche führen bei gesunden Menschen – vom Kleinkind bis zum Greis – zu einer etwa zwei Tage lang druckempfindlichen Hautschwellung an der Einstichstelle und einem anfangs ziehenden Schmerz, bedeuteten aber keine weiteren Gesundheitsschäden. Die Beschwerden lassen sich lindern, indem man unmittelbar nach dem Stich Salmiakgeist auf die Stichstelle einmassiert. Auch Zitronensaft oder eine halbe Zwiebel wirken lindernd. Mit Coolpacks lassen sich die Beschwerden weiter verringern.

Ein Sonderfall sind allerdings Menschen mit allergischen Reaktionen auf Wespenstiche. Diese Allergie, die aber nur drei bis fünf Prozent der Bevölkerung betrifft, äußert sich in Reaktionen, die weit über eine lokale Schwellung hinausgehen. Bei Symptomen wie Ohnmacht, Schwindel, Übelkeit oder bei Stichen im Mund sollte so schnell wie möglich ärztliche Hilfe geholt werden. Wespenallergiker erhalten Erste-Hilfe-Ausrüstungen und Medikamente von ihrem Arzt, die sie im Sommer bei sich führen sollten.