Der Griff zum Alkohol gehört für den 20-jährigen Angeklagten zum Alltag. Foto: © alexlukin – stock.adobe.com Foto: Schwarzwälder Bote

Prozess: Angeklagter nicht zum ersten Mal vorm Oberndorfer Amtsgericht / Trauriger Lebenslauf

Oberndorf. Der 20-jährige Angeklagte war für den Oberndorfer Amtsgerichtsdirektor Wolfgang Heuer kein Unbekannter. Bereits im Sommer vergangenen Jahres hatte er den jungen Mann direkt aus dem Gerichtssaal zum Alkoholentzug in die Klinik geschickt (wir berichteten). Damals war er mit einem Restalkoholgehalt von 0,9 Promille zur Verhandlung erschienen.

Einbruch nicht nachzuweisen

Am Mittwoch kam der Angeklagte zwar nüchtern zu seinem Prozess, sein Alkoholproblem scheint er allerdings nicht in den Griff bekommen zu haben. Diesmal wurde ihm der Einbruch in die Oberndorfer Realschule vorgeworfen. Dort war es bereits im Juni 2017 zu einem unschönen Vorfall gekommen, bei dem der oder die Täter im Innern der Schule ordentlich gewütet hatten. Computerbildschirme und Boxen wurden kaputt geschlagen und Schmierereien hinterlassen. Inzwischen hat die Spurensicherung der Kripo die Fingerabdrücke ausgewertet. Dabei kam es zu einer Übereinstimmung mit dem 20-jährigen Angeklagten.

Dieser Beweis war für Richter Heuer nach der Anhörung der ermittelten Polizei- und Kriminalbeamten allerdings nicht aussagekräftig genug, um den Vorwurf aufrecht zu erhalten. Zum einen handelte es sich lediglich um einen einzigen Fingerabdruck. Zum anderen war er an einer Stelle abgenommen worden, an der womöglich nicht sehr häufig geputzt wird – an der Scheibe zum Sekretariat, die zudem noch beklebt war. Der Angeklagte hatte die Realschule selbst bis 2016 besucht und dort seinen Abschluss gemacht. Es sei also nicht auszuschließen, dass der Abdruck aus dieser Zeit stammt. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft teilte Heuers Einschätzung, dass es hier keinerlei Verurteilungsgrundlage gebe.

Der junge Mann erklärte zudem, er habe bei seiner Vernehmung bei der Polizei Namen von möglichen Tätern genannt. Nun ist sind die Beamten am Zug. Sie müssen weiter ermitteln.

Ein weiteres Vergehen, weswegen der Angeklagte vor Gericht erscheinen musste, war Diebstahl. Er hatte in einem Einkaufsmarkt auf dem Lindenhof zwei Flaschen hochprozentigen Alkohol und ein Päckchen Tabak gestohlen. Dies gab er auch zu.

Ein Sachverständiger zeichnete ein trauriges Bild des jungen Mannes. Bereits im Kindergarten sei er durch Diebstähle aufgefallen, seinen ersten Vollrausch hat er mit acht Jahren gehabt. Später konsumierte er bis zu anderthalb Flaschen Schnaps am Tag – oft bis zur Besinnungslosigkeit. Dazu kamen Drogen wie Cannabis, Speed, Extasy und Koks.

Auf Heuers Intervention im vergangen Sommer ließ sich der Angeklagte von seiner Mutter ins Vinzenz-von-Paul-Hospital nach Rottweil fahren, wie er nun vor Gericht erzählte. Dort habe man ihn jedoch wieder weggeschickt und ihm erklärt, er solle zu seinem bereits vereinbarten Termin ein paar Wochen später erscheinen.

Kein ungewöhnliches Vorgehen, wie der Sachverständige auf Heuers Verständnislosigkeit hin erläuterte. Die Betroffenen sollten eigenmotiviert zur Therapie erscheinen. Doch zu dieser Therapie ist es nie gekommen. Denn "eine Frau" habe ihn im Krankenhaus vor der Aufnahme verunsichert. Da sei er wieder nach Hause gegangen, berichtete der 20-Jährige. Jetzt bekam er die Auflage, sechs suchttherapeuthische Termine wahrzunehmen. Ansonsten ließ er Richter Heuer ratlos zurück. "Was soll ich denn mit so einem Menschen machen?" Mit einem väterlichen Appell an den jungen Mann endete die Sitzung: "Machen Sie doch noch was aus ihrem Leben. Sie sind doch noch jung."